Karriere im Alter 13.08.2024, 07:30 Uhr

Karriere der Generation 50 plus – alles ist möglich

Viele bezweifeln noch immer, dass man Karriere mit 50 Plus machen kann. Doch die Generation 50 plus im Berufsleben denkt noch lange nicht ans Aufhören.

Arbeiten mit 50 Plus

Auch mit 50 Plus hat man gute Chancen, neue Stelle zu finden.

Foto: PantherMedia / YuriArcurs (YAYMicro)

Mehr als die Hälfte der 50+ Beschäftigten plant, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten

Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer der Generation 50+ könnte sich vorstellen, auch nach Erreichen des Rentenalters weiterhin zu arbeiten. Laut einer Umfrage im Auftrag des Karrierenetzwerks Xing, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, gaben 53 % der Befragten dies an. Als Beweggründe nannten sie unter anderem finanzielle Aspekte, den Kontakt zu anderen Menschen sowie das Streben nach persönlicher Erfüllung.
Etwa 62 % der Befragten erklärten, dass sie grundsätzlich in der Lage wären, in diesem Alter noch zu arbeiten. Von diesen könnten sich 34 % eine wöchentliche Arbeitszeit von 11 bis 20 Stunden vorstellen, während 25 % eher 6 bis 10 Stunden pro Woche bevorzugen würden. Etwa 17 % würden eine Arbeitszeit von 21 bis 30 Stunden bevorzugen. Nur rund 12 % könnten sich eine Vollzeitstelle vorstellen.

Da deutlich mehr Menschen in den Ruhestand gehen als neue Arbeitskräfte nachrücken, werde der deutsche Arbeitsmarkt bis 2035 täglich um mindestens 1.000 Beschäftigte schrumpfen, heißt es in der Mitteilung. Dies wird viele Unternehmen, Branchen und die Volkswirtschaft insgesamt vor erhebliche Herausforderungen stellen. „In Zeiten von Fachkräftemangel können wir es uns nicht leisten, dieses Potenzial nicht zu nutzen“, kommentiert XING-Arbeitsmarktexperte Julian Stahl. Gerade in Bereichen, wo es Engpässe gibt, sei die Erfahrung der älteren Mitarbeiter besonders wichtig, sagte Stahl.

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Die Befragten nannten verschiedene Gründe, warum sie über das Rentenalter hinaus arbeiten möchten. 63 % gaben finanzielle Gründe an, 56 % möchten den Kontakt zu anderen Menschen aufrechterhalten. Rund 33 % suchen nach Selbstverwirklichung, und rund 24 % würden sogar einen neuen Job, freiberufliche oder ehrenamtliche Tätigkeiten in Betracht ziehen.
Für die Umfrage hat das Marktforschungsinstitut Appinio Anfang März 1.000 Menschen in Deutschland ab 50 Jahren online befragt.

Neuanfang mit 50 Plus

Ein Jobwechsel ist immer mit Stress verbunden, denn es handelt sich schließlich um eine große Umstellung, ist aufwändig und nervenaufreibend. Nicht jeder hat die Energie immer wieder Bewerbungen abzusenden, auf Rückmeldungen zu warten und bei zahlreichen Vorstellungsgesprächen auf die meistens gleichen Fragen möglichst klug zu antworten. Es kostet viel Zeit, Nerven und ist stets mit Risiken verbunden.

Wenn man mit 50 Plus an einen Jobwechsel denkt, also einen Neuanfang anstrebt, ist dieses Unterfangen noch stressiger. Denn hinzu kommen altbekannte Vorurteile und nachvollziehbare Bedenken, von einem sicheren Arbeitsplatz in das Haifischbecken Arbeitsmarkt zu springen und danach gar arbeitslos zu werden.

Studie „Karriere 50 plus“ analysiert die Karrierepläne erfahrener Arbeitnehmer*innen

Laut der aktuellen Arbeitsmarktstudie „Karriere 50 plus“ der KÖNIGSTEINER GRUPPE sind die Beschäftigten im Alter von 50 bis 65 Jahren noch immer sehr ambitioniert im Berufsleben. In der Studie, bei der 2.974 Personen befragt wurden, ergab sich überraschenderweise, dass 40,3 % der Teilnehmenden einen Jobwechsel im Jahr 2023 oder 2024 in Betracht ziehen. Von diesen planen 9,5 % aktiv, selbst auf Jobsuche zu gehen, während 30,8 % passiv sind und offen für neue berufliche Möglichkeiten wären, wenn sie von einem Arbeitgeber angesprochen würden. Ein Faktor, der zur Vitalität der Silver Generation auf dem Arbeitsmarkt beiträgt, ist der allgemeine Personalmangel. Genau die Hälfte der Befragten (50 %) erkennt ein gesteigertes Interesse an ihrer Arbeitskraft aufgrund dieser Situation. Besonders Menschen im Alter zwischen 50 und 54 Jahren haben ihren gesteigerten Marktwert erkannt (52 %).

Für diese Studie befragte das Kölner Marktforschungsunternehmen bilendi im Auftrag der KÖNIGSTEINER Gruppe im Februar 2023 bundesweit 2.974 berufstätige Arbeitnehmer*innen im Alter von 50 bis 65 Jahren (Durchschnittsalter: 56,3 Jahre).

Ab 50 Jahre produktiver denn je

Die wechselbereite Silver Generation fühlt sich in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit bereit für neue Herausforderungen und befindet sich auf dem Höhepunkt ihrer beruflichen Laufbahn. Laut der Umfrage sind genau zwei Drittel der Befragten davon überzeugt, heute genauso (37 %) oder sogar produktiver (29 %) zu sein als in ihren 20ern. Diese Einschätzung ist vergleichbar mit ihrer Leistungsfähigkeit in ihren 30ern (21 % bzw. 54 %). Aus diesem Grund interessieren sich 88 % der Befragten für eine berufliche Weiterbildung.

„Arbeitgeber sollten ihren Blick für Kandidat*innen jenseits der jungen Generation schärfen und gezielt Menschen der Gen 50 plus in ihre Recruitingstrategie einbeziehen. Zu oft wird diese vorschnell dem alten Eisen zugeschrieben, während man der Gen Z ein erstaunliches Anspruchsdenken inklusive bisweilen geringer Belastbarkeit fast beiläufig verzeiht“, erklärt Nils Wagener, Geschäftsführer der KÖNIGSTEINER GRUPPE zu den Ergebnissen der Studie.

Obwohl die Generation 50 plus eine wertvolle Chance für Arbeitgeber darstellt, versäumen es leider viele, erfahrene Kandidatinnen anzusprechen und ihr Personalproblem zu lösen. Im vergangenen Jahr (2022) wurden lediglich 23% der wechselbereiten Kandidatinnen im Alter zwischen 50 und 65 Jahren direkt von Arbeitgebern angesprochen.

„Hier lassen Arbeitgeber ein großes Kandidaten-Potenzial links liegen. Das ist vor allem deswegen so fahrlässig, weil gerade ältere Beschäftigte einen profunden Erfahrungsschatz, hohe Belastbarkeit sowie eine ausgeprägte Leistungsbereitschaft einbringen. Darauf zu verzichten kann sich vor dem Hintergrund des so drängenden Fachkräftemangels eigentlich kein Arbeitgeber leisten“, sagt Nils Wagener.

Lohnt es sich mit 50 Plus noch, den Arbeitsplatz zu wechseln?

2022 gilt als ein Jahr, das von vielen Krisen geprägt ist: die andauernde Corona-Pandemie, der Ukrainekrieg, immer steigende Energiepreise – all das trägt dazu bei, dass sich viele Beschäftigte Gedanken über ihre Zukunft machen. Ist ihr Job noch sicher? Soll man aktiv nach neuen Möglichkeiten suchen oder diese Entscheidung verschieben?

Bei diesen Überlegungen ist zu berücksichtigen, dass sich gerade auch der Arbeitsmarkt wandelt und der Fachkräftemangel sich weiter zuspitzt. Denn: man kann nicht einerseits vom Fachkräftemangel sprechen und andererseits gleichzeitig den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen über 50 keine Chance mehr geben. Jetzt kämpfen die Arbeitgeber um die Fachkräfte. Wer das als Arbeitgeber nicht begreift, verliert den Kampf um die Fachkräfte.

Was zeichnet ältere Mitarbeiter gegenüber Jüngeren aus?

Es gibt zahlreiche Jobbörsen und Jobportale, die darauf spezialisiert sind, Jobs für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der Generation-50-Plus anzubieten. Das zeigt, dass es nicht stimmt, dass viele Unternehmen ausschließlich nur noch nach jungem Personal für „ein junges Team“ suchen. Es gibt viele Firmen, die gezielt erfahrenes Personal suchen, also nach Fachkräften, die sofort und ohne große Einarbeitung in die Arbeitsprozesse integriert werden können. Sie bringen nicht nur eine langjährige Erfahrung mit, sondern kennzeichnen sich durch Fähigkeiten wie Souveränität, Seniorität und nicht zuletzt die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen. Und genau danach wird gesucht.

Wann ist man zu alt für den Arbeitsmarkt?

Klar, auf diese Frage kann man keine eindeutige Antwort geben. Es hängt von dem Beruf, von den Fähigkeiten und nicht zuletzt von der persönlichen Einstellung und einer gewissen Entschlossenheit ab. Man muss sehr klare Vorstellungen haben, was man genau möchte und was man bei einem neuen Arbeitgeber erreichen möchte. Manchmal ist da eine mentale Barriere, die einem selbst den Weg versperrt, auf Karrierechancen zu verzichten. Denn: viele Menschen befinden sich gerade in diesem Alter auf dem Höhepunkt ihrer Fähigkeiten. Und mit einer langjährigen Berufserfahrung, guten Qualifikationen und Weiterbildungen in der Tasche, stehen einem viele Türe offen. Denn: Nicht nur der Arbeitsmarkt an sich verändert sich, sondern auch die Arbeitsmodelle, neue Alternativen und die Veränderungsfreude der Menschen.

Gründe für einen Jobwechsel

Es gibt viele Gründe, die Menschen dazu bewegen, ihre Arbeitsstelle zu wechseln, auch im Alter 50 Plus.

  • Reibungen innerhalb des Teams
  • Toxische Führung
  • Keine Entwicklung
  • Keine Förderung
  • Keine Gehaltserhöhung
  • Fehlende Work-Life-Balance
  • Burnout und Stress
  • Keine Fortbildungen
  • Drohende Entlassungen
  • Langeweile

Die Liste kann man weiter fortsetzen, denn die Beweggründe sind so unterschiedlich, wie die Menschen selbst. Zugrunde liegen immer einzelne Situationen und Schicksale.

Zum Umdenken hat viele Menschen wohl auch die Corona-Pandemie bewogen. Nicht wenige haben durch die Pandemie ihre Arbeit verloren, viele fühlen sich unsicher und können deswegen nichts mehr planen. Doch andere haben Chancen erkannt, sich selbst und ihre Zweifel überwunden und ihren Traumjob gefunden.

Doch bevor man auf die Suche geht und eine passende Arbeitsstelle findet, muss man altbekannte Vorurteile überwinden. Vor allem ältere Bewerber haben in der Arbeitswelt nach wie vor mit Vorurteilen zu kämpfen.

Vorurteile seitens der Arbeitgeber

Es gibt immer noch Vorurteile, die einige Arbeitgeber gegenüber älteren Mitarbeitenden hegen. Zu nennen sind solche Kriterien wie, körperliche Belastbarkeit oder Lernbereitschaft. Man geht davon aus, dass Bewerber in diesem Alter häufiger krank werden, geistig nicht mehr fit sind und keine innovative Kraft mitbringen. Sie seien nicht kreativ und sitzen ihre Zeit bis zur Rente nur noch ab.

Dabei wird häufig vergessen, dass im Mittelpunkt immer ein einzelner Mensch steht und man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Denn: auch jüngere Bewerber können ähnliche Einstellungen und Nachteile haben, abgesehen davon, dass sie kaum Lebens- und Berufserfahrung nachweisen können. Die Älteren hingegen bringen eine gewisse Seniorität, aber auch Stabilität und Gelassenheit mit, und können mit verschiedenen Situationen oder Unsicherheiten viel besser umgehen. Schließlich haben sie in ihrem Berufsleben den einen oder anderen Fehler gemacht und daraus gelernt.

Mit anderen Worten: es ist alles individuell und man muss jeden Einzelnen einzeln sehen und beurteilen.

Vorurteile seitens der Arbeitnehmer

Aber auch die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen 50 Plus haben eigene Vorurteile, die ihnen selbst den Weg in die Zukunft verbauen. Klar, wer in diesem Alter arbeitslos wird, hat es besonders schwer, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Aber auch in jüngeren Jahren kann man nicht sofort eine gewünschte Stelle bekommen, weil immer Fachkräfte „mit Berufserfahrung“ gesucht werden.
„Mit 50 plus landet die Bewerbung doch sowieso auf dem Absagestapel“, auch hier können jüngere Mitbewerber ohne Berufserfahrung im gleichen Absagestapel landen. Schließlich verliert man mehr, wenn man sich gar nicht bewirbt.

Altersdiversität gegen Fachkräftemangel

Steht man kurz vor dem Vertragsabschluss und hat trotzdem noch Zweifel, kann man die Bewertungsportale über den potenziellen Arbeitgeber lesen und gezielt nach Kriterien wie „Umgang mit älteren Kollegen“ bzw. „Gleichberechtigung“ suchen.

Schließlich gewinnt das Thema Diversität in unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Und zu der Diversität gehört auch Altersdiversität. Erst wenn man auf Synergie aus Erfahrung und Talent setzt, kann man den Kampf um die besten Arbeitskräfte für sich entscheiden und das Alter spielt dabei keine Rolle mehr.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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