Milliardenschaden durch innere Kündigung: Arbeitsmoral am Boden?
Die Studie fällt ein klares Urteil zur Arbeitsmoral in Deutschland: Immer mehr Mitarbeitende leisten nur noch das Nötigste und distanzieren sich emotional von ihrem Arbeitgeber. Dieser Zustand der „inneren Kündigung“ ist längst kein Einzelfall mehr und kostet Unternehmen jährlich Milliarden.

Milliardenschaden durch innere Kündigung: So sinkt die Arbeitsmoral in deutschen Unternehmen.
Foto: PantherMedia / artursz
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„Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr. Ich mache nur das Nötigste und dann Feierabend…“ Keine Motivation, Enttäuschung, vielleicht sogar Burnout – es gibt viele Gründe, warum sich Mitarbeitende so fühlen. In vielen Fällen haben sie sich bereits innerlich vom Arbeitgeber verabschiedet und „gekündigt“. Zwar nicht offiziell, aber in Gedanken. Das Problem der „inneren Kündigung“ kann jedoch teuer werden, sowohl für den Einzelnen als auch für das Unternehmen.
„Dienst nach Vorschrift“ nimmt zu
Laut einer Studie ist der sogenannte „Dienst nach Vorschrift“, bei dem Mitarbeitende nur das Nötigste in ihrem Job tun, in Deutschland im letzten Jahr deutlich gestiegen. Gleichzeitig sind emotionale Bindung, Loyalität und Vertrauen in die finanzielle Zukunft des Arbeitgebers stark gesunken, so das Institut Gallup im Gallup Engagement Index 2024.
Der Anteil der Mitarbeitenden, die stark emotional an ihrem Arbeitgeber gebunden sind, ist auf ein Rekordtief von 9 % gesunken – 2023 waren es noch 14 %. Nur noch die Hälfte der Mitarbeitenden möchte mehr als ein Jahr beim aktuellen Arbeitgeber bleiben, und nur etwas mehr als ein Drittel plant, länger als drei Jahre zu bleiben. Laut der Studie machen inzwischen 78 % der Mitarbeitenden „Dienst nach Vorschrift“, 2023 waren es noch 67 %.
Innere Kündigung kostet Milliarden
„Das heißt, dass fast zwei Millionen weniger Arbeitnehmende als im Vorjahr mit Hand, Herz und Verstand bei der Sache waren“, zitiert die dpa aus der Studie. Die Experten schätzen, dass die volkswirtschaftlichen Kosten durch „innere Kündigungen“ in Form von Produktivitätseinbußen zwischen 113 Milliarden und 135 Milliarden Euro liegen – etwas weniger als im Vorjahr.
„Die vorherrschende schwach ausgeprägte emotionale Bindung trägt zur Wechselwilligkeit bei, während sich die Einschätzung des Arbeitsmarktes zunehmend von der wirtschaftlichen Lage entkoppelt“, kommentierte Marco Nink, einer der Autoren der Studie. „Trotz der zahlreichen schlechten Nachrichten der letzten Monate scheinen die Beschäftigten in Deutschland ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt weiterhin positiv einzuschätzen, was sicherlich auch damit zu tun hat, dass der Arbeits- und Fachkräftemangel täglich zu spüren ist.“
Was ist die „innere Kündigung“?
Unter „innerer Kündigung“ versteht man den Zustand, in dem Mitarbeitende zwar weiterhin ihren Job ausführen, sich jedoch emotional von ihrem Arbeitgeber oder ihrer Arbeit distanzieren. Sie bringen weniger Engagement, Motivation und Begeisterung für ihre Aufgaben auf, tun oft nur das Nötigste und zeigen wenig Interesse an den Zielen des Unternehmens. Eine „innere Kündigung“ kann zu einer sinkenden Produktivität und schlechteren Arbeitsatmosphäre führen, auch wenn die Mitarbeitenden formal weiterhin beschäftigt sind.
Unternehmen haben es zwar geschafft, „innere Kündigungen“ durch gezielte Maßnahmen zu verringern, aber sie haben es noch nicht geschafft, die Motivation zu steigern. Das Ziel sollte sein, durch eine motivierende Führungskultur eine starke emotionale Bindung zu schaffen und so die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.
Skepsis und ein Gefühl der Entfremdung
Der aktuelle Trend zeigt jedoch eine klare negative Entwicklung: Nur noch 21 % der Mitarbeitenden vertrauen ihrer Führungskraft, was einen Rückgang von 20 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. 2019 lag dieser Wert noch bei 49 %. Die Daten weisen auf eine weit verbreitete Skepsis und ein Gefühl der Entfremdung unter vielen Mitarbeitenden hin.
Gallup erstellt den Engagement Index seit 2001 jedes Jahr. Für die aktuelle Studie wurden vom 18. November bis 20. Dezember 1.700 zufällig ausgewählte Beschäftigte ab 18 Jahren telefonisch befragt. Laut Gallup sind die Ergebnisse repräsentativ für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland ab 18 Jahren.
„Innere Kündigung“ von Mitarbeitenden erkennen
Als Führungskraft kann man die „innere Kündigung“ von Mitarbeitenden an verschiedenen Anzeichen erkennen. Hier sind einige typische Hinweise:
- Geringe Motivation und Engagement: Mitarbeitende zeigen wenig Eigeninitiative, erledigen ihre Aufgaben nur noch nach Vorschrift und sind nicht mehr bereit, sich über das Minimum hinaus zu engagieren.
- Sinkende Leistungsbereitschaft: Die Qualität und Quantität der Arbeit lassen nach, Fristen werden nicht mehr eingehalten, und es gibt häufig Fehler oder Nachlässigkeiten.
- Desinteresse an Weiterentwicklung: Mitarbeitende zeigen kein Interesse an Fortbildungen oder Karrierechancen und sind nicht an neuen Herausforderungen oder Aufgaben interessiert.
- Fehlende Begeisterung oder positive Stimmung: Mitarbeitende wirken häufig demotiviert, unzufrieden oder sogar frustriert. Es gibt wenig Begeisterung für Projekte oder das Unternehmen im Allgemeinen.
- Kritik oder negative Haltung: Sie äußern öfter negative Meinungen über das Unternehmen, die Führungskraft oder die Arbeitsbedingungen. Sie sind oft skeptisch gegenüber Veränderungen oder neuen Ideen.
- Geringe Kommunikation: Mitarbeitende sind weniger aktiv im Austausch mit Kolleg*innen oder der Führungskraft. Sie vermeiden Gespräche und halten sich zunehmend zurück.
- Fehlende Bereitschaft zur Zusammenarbeit: Das Teamwork leidet, Mitarbeitende arbeiten eher isoliert und zeigen wenig Interesse daran, sich mit anderen auszutauschen oder zusammenzuarbeiten.
- Erhöhte Fehlzeiten: Häufige Krankmeldungen, Verspätungen oder das Verlassen des Büros früher als nötig können ebenfalls ein Hinweis auf eine innere Kündigung sein.
Sozial- und Organisationspsychologe Prof. Dr. Dieter Frey, Leiter des Center for Leadership and People Management, gibt in einem Interview Tipps, wie man dies vermeiden kann.
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