Flexible Arbeitszeiten: Die wichtigsten Arten im Überblick
Gerade hoch qualifizierte Mitarbeiter wie Ingenieure und Informatiker erwarten heutzutage flexible Arbeitszeiten, die auf ihre Aufgabenbereiche abgestimmt sind und die Work-Life-Balance unterstützen.
- Arbeitszeitmodelle in der Praxis
- Gleitzeit
- Versetzte Arbeitszeit
- Vertrauensarbeitszeit
- Teilzeit
- Home Office
- Arbeitszeitkonto
Flexible Arbeitszeiten werden für Unternehmen immer wichtiger. Denn auf dem umkämpften Markt für Fachkräfte müssen sie Mitarbeitern ein möglichst attraktives Umfeld bieten. Qualifizierte Spezialisten sind in vielen Branchen gefragt und achten daher auf mehr als nur das Gehalt. Sie suchen Herausforderungen, wollen sich weiterbilden und Aufstiegschancen bekommen. Gleichzeitig soll das Berufsleben mit dem Privatleben gut vereinbar sein. Dieser Wunsch nach einer ausgeglichenen Work-Life-Balance ist unter den Ingenieuren in der Generation der Berufseinsteiger noch ausgeprägter als bei ihren älteren Kollegen. Sie sind sich ihres Marktwertes bewusst und haben entsprechend hohe Ansprüche. Das zeigen viele Praxisbeispiele.
Ein weiteres Argument für neue Arbeitszeitmodelle ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Nach wie vor sind es mehrheitlich die Frauen, die sich um die Kinder kümmern. Doch auch sie drängen zurück in den Beruf – und werden dort dringend benötigt. Mit flexiblen Arbeitszeiten ist für sie ein früherer Wiedereinstieg möglich. Es gibt weitere Vorteile: Fehlzeiten junger Eltern sowie in Anspruch genommene Fehltage für die Betreuung eines kranken Kindes nehmen nachweislich ab, wenn flexible Arbeitszeiten möglich sind, unabhängig vom gewählten Arbeitszeitmodell.
Studien haben zudem gezeigt, dass flexible Arbeitszeiten grundsätzlich zu einer höheren Zufriedenheit unter den Mitarbeitern führen. Das betrifft nicht nur die persönliche Work-Life-Balance. Auch die Verbundenheit zum Unternehmen wächst, die Leistungsbereitschaft steigt, und das Arbeitsergebnis verbessert sich. Die diversen Arbeitszeitmodelle tragen also indirekt zu mehr Wirtschaftlichkeit bei. Dieser Effekt wird verstärkt, wenn Unternehmen flexible Arbeitszeiten dazu nutzen, um die Mitarbeiter nach Bedarf einzusetzen. Es gibt also viele Vorteile für beide Seiten.
Lassen sich verschiedene Arbeitszeitmodelle kombinieren?
Es gibt diverse Arbeitszeitmodelle, die für verschiedene Lebenssituationen beziehungsweise Aufgabenbereiche im Unternehmen passend sein können. Grundsätzlich ist daher eine Kombination von Arbeitszeitmodellen sinnvoll und in den meisten Betrieben auch die Regel. Dabei werden beispielsweise Teilzeit-Regelungen oder Jobsharing oftmals gar nicht als flexible Arbeitszeiten wahrgenommen. Per Definition sind sie es jedoch – es gibt zudem viele Praxisbeispiele, in denen die geleisteten Stunden variabel verteilt werden.
Dennoch ist nicht jedes Arbeitszeitmodell für jedes Unternehmen geeignet. Auch die Mitarbeiter sollten sich einen Überblick verschaffen und testen, welches Angebot sich mit ihrer Arbeitsweise gut vereinbaren lässt und gleichzeitig die Work-Life-Balance verbessert. Zudem kann der organisatorische Aufwand in der Verwaltung bei einer zu großen Zahl an Arbeitszeitmodellen außergewöhnlich steigen. In welcher Form flexible Arbeitszeiten genutzt werden dürfen, sollte also festgelegt werden.
Geregelt werden die Grundlagen für flexible Arbeitszeiten über die sogenannte Betriebsvereinbarung. Dieser Vertrag wird zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat geschlossen. In ihm sind Rechte und Pflichten des Arbeitgebers, der Beschäftigen und des Personalrates festgelegt. Die Möglichkeit zu flexiblen Arbeitszeiten sollten in ihm aufgenommen werden. Im Idealfall verständigen sich die Parteien bereits über geeignete Modelle. Die Betriebsvereinbarung (Dienstvereinbarung im öffentlichen Dienst) schafft aber lediglich die Voraussetzung für flexible Arbeitszeiten im Unternehmen. Im Anschluss müssen individuelle Vereinbarungen getroffen werden. Denn selbst Modelle, die für einen Großteil der Mitarbeiter gelten, etwa Gleitzeit, sind nicht für jeden Posten geeignet – in Produktionsbetrieben muss die Schicht natürlich pünktlich beginnen.
Gleitzeit – Ein Arbeitszeitmodell mit klaren Regeln
Gleitzeit gehört unter den flexiblen Arbeitszeiten zu den Modellen, die von Arbeitgebern besonders gerne genutzt werden. Sie sorgt für mehr Zufriedenheit unter den Mitarbeitern und erhöht die Work-Life-Balance, die Stundenzahl ist aber weiterhin kontrollierbar. Per Definition gibt es bei flexiblen Arbeitszeiten in Gleitzeit keinen festgelegten Beginn und kein gemeinsames Ende der Arbeitszeit mehr. Stattdessen wird in der Regel eine sogenannte Kernarbeitszeit bestimmt, in der alle anwesend sein müssen. Wann die Angestellten tatsächlich kommen und gehen, wird auf einem Gleitzeitkonto erfasst. Darauf können sie Plusstunden sammeln oder auch ins Minus geraten. Für das Gleitzeitkonto sind Stundengrenzen festgelegt.
Praxisbeispiel Gleitzeit: Die Mitarbeiter haben eine Kernarbeitszeit von 10 bis 15 Uhr. Einige Frühaufsteher nutzen diese flexiblen Arbeitszeiten, um bereits vor 7 Uhr zu kommen und um 15 Uhr zu gehen. Andere verschieben ihren Arbeitstag nach hinten. Gleitzeit hat viele Vorteile, beispielsweise ist die Erreichbarkeit aller Abteilungen durch die Kernarbeitszeit geregelt. Zeitdruck wegen eines Verkehrsstaus und Ähnlichem fällt weg. Für private Termine wie einen Behördengang müssen keine Urlaubstage geopfert werden. Bis zu einem gewissen Rahmen lässt sich die flexible Arbeitszeit an die persönlichen Bedürfnisse anpassen.
Es gibt auch Gleitzeit-Regelungen ohne Kernarbeitszeit, bei denen quasi nur die Öffnungszeit des Betriebes festgelegt ist. Eine andere Variante dieses Modells der flexiblen Arbeitszeiten ist die Gleitzeit mit Funktionszeit. Hier müssen bestimmte Funktionen wie Erreichbarkeit für Kunden gewährleistet sein. Die einzelnen Kollegen können sich dafür untereinander abstimmen.
Versetzte Arbeitszeit als Wahlarbeitszeit – ein klarer Rahmen
Versetzte Arbeitszeit kommt zum Einsatz, wenn das Arbeitsvolumen in einem Unternehmen abhängig von der Uhrzeit variiert, also jeweils eine unterschiedliche Anzahl an Mitarbeitern benötigt wird. Per Definition sind bei der versetzten Arbeitszeit die grundsätzlichen Zeiten vorgegeben. Als Praxisbeispiel beginnt ein Teil der Schicht bereits um acht Uhr, um neun Uhr kommen weitere Kräfte hinzu, die auch früher wieder gehen. Für die Mitarbeiter ist dieses Arbeitszeitmodell vor allem dann attraktiv, wenn sie flexible Arbeitszeiten haben, also nicht immer zur gleichen Zeit eingesetzt sind. Das bietet die Variante der Wahlarbeitszeit. Hier stimmen sich die Angestellten pro Abteilung untereinander ab, wer welche Schichtzeit besetzt. Das erfordert allerdings eine hohe soziale Kompetenz.
Vorteile der versetzten Arbeitszeit: Für Mitarbeiter, die sich bei hoher Flexibilität schlecht selbst organisieren können, ist diese Modell ideal, da sie sich innerhalb eines festen Rahmens bewegen und einen klaren Überblick über die flexiblen Arbeitszeiten haben.
Vertrauensarbeitszeit – flexible Arbeitszeiten ohne Kontrolle
Die Vertrauensarbeitszeit ist vor allem unter höher qualifizierten Arbeitnehmern wie etwa Ingenieuren gefragt, die ergebnisorientiert arbeiten und sich flexible Arbeitszeiten gut selbstständig einteilen können. Der Arbeitgeber hat hier weiterhin die Aufzeichnungspflicht, was die geleisteten Arbeitsstunden betrifft. So soll sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter ihre Ruhezeiten einhalten und nicht länger arbeiten als maximal erlaubt, also acht Stunden pro Tag, vorübergehend zehn Stunden. Allerdings delegiert er sie beim Arbeitszeitmodell Vertrauensarbeitszeit in der Praxis an seine Mitarbeiter und kontrolliert die geleisteten Stunden nicht mehr. Die Angestellten orientieren sich an festgelegten Aufgaben und Zielvereinbarungen.
Damit eventuelle Überstunden vergütet werden können und der Arbeitgeber einen Überblick über die Kapazitäten hat, müssen die Ingenieure bei diesen flexiblen Arbeitszeiten dennoch ihre Stunden nachhalten. Bei vielen Praxisbeispielen ist die Vertrauensarbeitszeit mit der Möglichkeit zu einem Arbeitsplatz im Home Office verbunden. Vorteile der Vertrauensarbeitszeit sind maximale Flexibilität und Selbstständigkeit. Das bedeutet jedoch auch, dass die Mitarbeiter lernen müssen, klare Grenzen zwischen Freizeit und Job zu ziehen. Sonst leidet die Work-Life-Balance.
Mehr zur Vertrauensarbeitszeit
Teilzeitverträge – attraktiv in Kombination mit flexiblen Arbeitszeiten
Weit mehr als die Hälfte der berufstätigen Frauen und immerhin jeder fünfte Mann arbeiten in Teilzeit. Der häufigste Grund ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Per Definition legt ein Teilzeitvertrag zunächst einmal nur die wöchentliche Arbeitszeit fest, die unter dem Standard von acht Stunden pro Tag liegt. Das kann durchaus unflexibel sein, also mit verkürzten und dennoch festen Arbeitszeiten.
Verschiedene Varianten statten dieses Arbeitszeitmodell mit einer größeren Flexibilität aus, etwa die variable Teilzeit. Dabei werden die Wochenstunden unterschiedlich verteilt. Außerdem ist eine Kombination mit weiteren Modellen möglich, wie Vertrauensarbeitszeit oder Home Office (mehr dazu am Ende des Textes). Nicht nur Familien ziehen Vorteile aus der Teilzeit. Die Work-Life-Balance ist besser, da der Freizeitanteil höher ist. Ideal ist sie auch für die Neuorientierung. Ein Praxisbeispiel: Ingenieure können einen Teilzeitvertrag als Sicherheit nutzen, wenn sie sich einen Überblick über ihre Chancen in der Selbstständigkeit verschaffen wollen.
Ein weiteres Praxisbeispiel für die Attraktivität von Teilzeitverträgen ist das Jobsharing. Gleich zwei Angestellte ziehen daraus Vorteile. Per Definition teilen sie sich eine Stelle und stimmen untereinander ab, wann sie jeweils arbeiten – wie flexibel ihre Arbeitszeiten sind, legen sie selbst fest. Für den Arbeitgeber ist das ein sehr interessantes Arbeitszeitmodell, weil zwei Mitarbeiter Überblick über die Aufgaben haben und sich daher gegenseitig vertreten können.
Home Office – den Arbeitsplatz variieren
Grundsätzlich beschreibt das Arbeitszeitmodell Home Office per Definition nicht die Arbeitszeit, sondern den Arbeitsort. Da sich die geleisteten Stunden im eigenen Zuhause vom Arbeitgeber jedoch schwer kontrollieren lassen, ist es häufig mit flexiblen Arbeitszeiten verbunden. Home Office bedeutet, dass der Arbeitnehmer einen Teil seiner Arbeit im eigenen Zuhause verrichten darf. Dafür wird ihm entweder ein Arbeitsgerät – meistens ein Laptop – gestellt oder er benutzt ein privates Gerät.
Ist eine ständige Leitung zum Unternehmen notwendig, erfolgt sie in der Regel über einen sicheren Datentunnel, damit der Datenschutz gewährleistet ist. In vielen Fällen nutzen die Mitarbeiter das Home Office nach Absprache, etwa an bestimmten Tagen, gegebenenfalls sogar mit Rufumleitung fürs Telefon. Eine weitere Variante ermöglicht die Arbeit im Home Office nach Bedarf für eine bessere Work-Life-Balance. Ein Praxisbeispiel wäre die plötzliche Erkrankung des Kindes. In Führungspositionen ist es durchaus üblich, dass leitende Angestellte absolut flexible Arbeitszeiten haben und selbst entscheiden, wann sie von zu Hause arbeiten und wann im Betrieb.
Die Vorteile des Home Office sind offensichtlich: Die Mitarbeiter sparen Arbeitszeit, können sich für schwierige Aufgaben auch mal aus dem laufenden Betrieb „ausklinken“ oder Zuhause sein, wenn ihre Anwesenheit erforderlich ist – etwa für Kinder oder Besuche von Handwerkern. Dafür müssen sie jedoch in der Lage sein, sich selbst einen Überblick über anstehende Aufgaben zu verschaffen, sich zu organisieren und Freizeit und Job nicht zu vermischen.
Mehr zu den Vor- und Nachteilen des Home Office
Wie Sie erfolgreich von Zuhause arbeiten
Service für Arbeitgeber: Rechte und Pflichten im Home Office
Arbeitszeitkonto – Werkzeug für flexible Arbeitszeiten
Beim Arbeitszeitkonto handelt es sich nicht um ein Arbeitszeitmodell im engeren Sinn. Es ist vielmehr ein Werkzeug, das bei flexiblen Arbeitszeiten angewandt wird, um einen Überblick über die geleisteten Stunden zu gewinnen. Etwa 60% der Beschäftigten in Deutschland können inzwischen auf ein Arbeitszeitkonto zugreifen. Arbeitszeitkonto bedeutet übrigens: Die Stunden werden wie bei einem Sparbuch auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben. Das passiert automatisch über eine Zeiterfassung oder über Eingaben der Mitarbeiter, etwa im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit. Stehen mehr Stunden auf dem Konto als vertraglich vereinbart, können sie für Freizeit entnommen werden. Ist das Konto im Minus, muss das Pensum erhöht werden. Ein Praxisbeispiel ist der Überblick der geleisteten Stunden bei Gleitzeitregelungen.
Vorteile des Arbeitszeitkontos: Die Angestellten sind je nach festgelegter Stundengrenze des Arbeitszeitkontos deutlich flexibler – laut Arbeitszeitgesetz müssen Zeiten über acht Stunden an Werktagen innerhalb von sechs Monaten (vorher oder nachher) ausgeglichen werden. Außerdem kann der Arbeitgeber über Arbeitszeitkonten auch gute oder schlechte Auftragslagen sowie saisonale Schwankungen ausgleichen. Das schränkt allerdings die freie Entscheidung der Mitarbeiter ein und muss abgestimmt erfolgen, damit die Work-Life-Balance nicht leidet.
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