Toleranz 05.06.2024, 08:00 Uhr

Religion am Arbeitsplatz: Neutralität wahren und Ausdrucksfreiheit respektieren

Religion spielt eine zentrale Rolle im Leben vieler Menschen und beeinflusst ihre Werte sowie täglichen Gewohnheiten. Am Arbeitsplatz kann sie sowohl eine Quelle der Inspiration und Gemeinschaft sein, aber auch zu Herausforderungen und Konflikten führen.

REligion am Arbeitsplatz

Ein respektvoller Umgang mit religiöser Vielfalt fördert das Zusammenarbeiten.

Religion ist ein zentraler Bestandteil des Lebens vieler Menschen und spielt eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung ihrer Werte, Überzeugungen und täglichen Gewohnheiten. Am Arbeitsplatz kann Religion eine Quelle der Inspiration und Gemeinschaft sein, aber auch Herausforderungen mit sich bringen.

In unserer Gesellschaft gibt es mehr Toleranz gegenüber Musliminnen, als wir oft wahrnehmen, erklären die Mannheimer Sozialforscher Marc Helbling und Richard Traunmüller. Zusammen mit internationalen Kolleginnen zeigen sie in zwei Studien, wie dieses Potenzial ausgeschöpft werden kann.

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Herausforderungen und Konfliktpotenzial

Trotz der positiven Aspekte kann Religion am Arbeitsplatz auch zu Konflikten führen. Unterschiedliche religiöse Überzeugungen und Praktiken können Spannungen verursachen, insbesondere wenn sie im Widerspruch zu den Unternehmensrichtlinien oder den Überzeugungen anderer Mitarbeiter stehen. Zu den häufigsten Konfliktpunkten gehören:

  1. Gebetszeiten und religiöse Rituale: Mitarbeiter, die bestimmte Gebetszeiten oder Rituale einhalten müssen, könnten Schwierigkeiten haben, dies mit ihren Arbeitszeiten in Einklang zu bringen.
  2. Kleidungsvorschriften: Religiöse Kleidung oder Symbole können zu Diskussionen führen, insbesondere wenn sie nicht den Unternehmensrichtlinien entsprechen oder von anderen als störend empfunden werden.
  3. Feiertage: Religiöse Feiertage können zu Abwesenheiten führen, die den Arbeitsablauf stören, insbesondere wenn diese Feiertage nicht im offiziellen Urlaubskalender des Unternehmens berücksichtigt werden.

Religion am Arbeitsplatz kann zu Konflikten führen, wenn unterschiedliche Glaubensüberzeugungen und Praktiken aufeinandertreffen. Situationen, die Spannungen erzeugen könnten, umfassen zum Beispiel das Tragen religiöser Symbole oder Kleidung, wie Kopftücher oder Kruzifixe, die bei manchen Kollegen auf Unverständnis oder Ablehnung stoßen können. Auch das Bedürfnis nach Gebetszeiten während der Arbeitszeit kann zu Konflikten führen, insbesondere wenn diese nicht in den Arbeitsalltag integriert werden können. Feiertage und religiöse Fastenzeiten, wie Ramadan, können ebenfalls problematisch sein, wenn sie mit wichtigen geschäftlichen Terminen kollidieren. Um solche Konflikte zu vermeiden, ist es wichtig, eine inklusive und respektvolle Arbeitsumgebung zu schaffen, in der unterschiedliche religiöse Bedürfnisse anerkannt und berücksichtigt werden.

Schutz der Religionsfreiheit am Arbeitsplatz

In vielen Ländern gibt es gesetzliche Regelungen, die den Schutz der Religionsfreiheit am Arbeitsplatz gewährleisten. In Deutschland beispielsweise ist die Religionsfreiheit durch das Grundgesetz geschützt. Arbeitgeber sind verpflichtet, die religiösen Überzeugungen ihrer Mitarbeiter zu respektieren und angemessene Vorkehrungen zu treffen, um Diskriminierung zu vermeiden. Dies umfasst auch die Berücksichtigung religiöser Bedürfnisse, sofern diese nicht unverhältnismäßige Belastungen für das Unternehmen darstellen.

Das religiöse Verhalten von Musliminnen und die Freiheiten islamischer Glaubensgemeinschaften stoßen in Deutschland bei vielen Menschen auf Vorbehalte. So wird es beispielsweise häufig als unvereinbar mit liberalen und demokratischen Werten angesehen, wenn gläubige Musliminnen aus religiösen Gründen Menschen anderen Geschlechts nicht die Hand schütteln möchten. Auch Vorschläge für mehr Halal-Gerichte, also für religiöse Musliminnen geeignete Lebensmittel im Alltag, oder Pläne für einen gesetzlichen islamischen Feiertag werden oft kritisch betrachtet. Allerdings sind diese Vorbehalte nicht immer gleich stark ausgeprägt, wie Professor Marc Helbling und Professor Richard Traunmüller in einem Forschungsprojekt am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) festgestellt haben: Menschen, die das Verhalten und die Gruppenrechte religiöser Musliminnen besser einordnen können, sind tendenziell toleranter.

Händeschütteln im Vorstellungsgespräch

In einer experimentellen Befragung untersuchten Marc Helbling und Richard Traunmüller gemeinsam mit Elisabeth Ivarsflaten von der Universität Bergen (Norwegen) und Paul M. Sniderman von der Universität Stanford (USA) die übliche Begrüßungspraxis. Erwartet man beispielsweise im Vorstellungsgespräch, die Hand gereicht zu bekommen? Die große Mehrheit der 2.600 Befragten, einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe, bejahte dies zunächst. Doch wie bewerten wir die Situation, wenn Muslim*innen aus Respekt die Hand auf ihr Herz legen, anstatt die Hand zu schütteln?

„Die Mehrheit ist bereit, diese Respektbekundung anstelle des Händereichens zu akzeptieren. Das zeigt, dass wir zwar auf Respekt bestehen, aber nicht unbedingt, dass er auf eine bestimmte Art und Weise ausgedrückt werden muss“, erklärt Marc Helbling in einer Pressemitteilung. „Die Option, die Hand auf das Herz zu legen, haben viele Nicht-Muslim*innen nicht automatisch auf dem Schirm. Doch sie kann beiden Seiten helfen, eine Situation konfliktfrei in gegenseitigem Respekt zu lösen“, sagt Traunmüller hinzu.

Angebot an Halal-Gerichten in deutschen Kantinen

In einer weiteren Studie wollte das Forschungsteam herausfinden, wie ein größeres Angebot an Halal-Gerichten in deutschen Kantinen wahrgenommen wird. Die Wissenschaftler stellten fest, dass Halal-Gerichte auf deutlich weniger Ablehnung stoßen, wenn betont wird, dass diese Angebote nicht Schweinefleischprodukte ersetzen, sondern lediglich die Palette erweitern. Diese Logik funktioniere der Studie zufolge auch in anderen Bereichen: So könnten sich deutlich mehr Menschen einen muslimischen gesetzlichen Feiertag vorstellen, wenn dieser nicht einen christlichen Feiertag ersetzen, sondern die bestehenden Feiertage ergänzen würde.

„Generell können gesellschaftliche Konflikte entschärft werden, wenn wir deutlich machen, dass muslimische Rechte nicht in Konkurrenz mit den eigenen Gepflogenheiten stehen müssen“, resümiert Traunmüller.

Kopftuch am Arbeitsplatz

Das Thema des Kopftuchs am Arbeitsplatz ist ein Beispiel für eine Situation, die potenziell zu Konflikten führen kann. Einige Arbeitgeber könnten Bedenken hinsichtlich des Tragens von religiösen Symbolen wie dem Kopftuch haben, sei es aus Sicherheitsgründen, aus Sorge um das Unternehmensimage oder wegen potenzieller Kundenreaktionen. Auf der anderen Seite betrachten viele Mitarbeiter das Kopftuch als einen Ausdruck ihrer religiösen Identität und fühlen sich dadurch verbunden und selbstbewusst.

In den letzten Jahren haben sich vermehrt Diskussionen und Gerichtsverhandlungen um das sichtbare Tragen religiöser Symbole am Arbeitsplatz entwickelt. Insbesondere in Deutschland und auf europäischer Ebene stand das Kopftuch muslimischer Frauen im Fokus dieser Debatten.

Besonders muslimische Frauen, die das Kopftuch tragen, sind überdurchschnittlich häufig Diskriminierungserfahrungen am Arbeitsplatz ausgesetzt. Unterschiedliche Studien sowie Beratungsstellen wie die Antidiskriminierungsstelle zeigen auf: Es kommt immer wieder vor, dass Arbeitgeber Frauen auffordern, ihr Kopftuch abzulegen, oder dass sie erst gar nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden.
Solche Benachteiligungen werden oft mit dem Wunsch nach Neutralität oder den Vorlieben der Kunden gerechtfertigt. Denn

Doch müssen Verbote von Kopftüchern und anderen religiösen Symbolen im Arbeitsleben gut begründet sein, da sie die Grundrechte der betroffenen Personen beeinträchtigen.

Auf juristischer Ebene geht es hauptsächlich darum, abzuwägen, welche Rechte im Zweifelsfall schwerer wiegen: Das Grundrecht auf Religionsfreiheit und das Verbot der Diskriminierung oder das Recht und möglicherweise die Pflicht der Arbeitgeber, in der Öffentlichkeit religiös neutral aufzutreten.

Kulturelle Sensibilität stärken und Schulungen anbieten

Als Arbeitgeber gibt es verschiedene Maßnahmen, die ergriffen werden können, um eine inklusive und respektvolle Arbeitsumgebung zu schaffen und Konflikte aufgrund religiöser Unterschiede zu minimieren:

  1. Es sollten flexible Arbeitszeiten angeboten werden, damit Mitarbeiter ihre religiösen Pflichten, wie Gebetszeiten oder Feiertage, besser erfüllen können.
  2. Es ist wichtig, geeignete Räume zur Verfügung zu stellen, in denen Mitarbeiter ihre religiösen Rituale und Praktiken ausüben können.
  3. Eine inklusive Kommunikationskultur sollte gefördert werden, um offene Gespräche über religiöse Überzeugungen und Bedürfnisse zu ermöglichen.
  4. Aktive Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung am Arbeitsplatz sollten ergriffen werden, um ein Umfeld frei von Vorurteilen und Benachteiligungen zu gewährleisten.
  5. Die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter sollten berücksichtigt werden, beispielsweise in Bezug auf Kleidungsvorschriften oder die Planung von Arbeitszeiten.
  6. Es ist wichtig, die rechtlichen Vorgaben zur Religionsfreiheit und Antidiskriminierung einzuhalten, um die Rechte der Mitarbeiter zu schützen.
  7. Die Sensibilität für verschiedene religiöse Praktiken und kulturelle Traditionen sollte gestärkt werden, um ein respektvolles Miteinander zu fördern.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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