Die Auszeit vom Beruf
Was früher nur nach dem Abitur oder Studium gesellschaftlich akzeptiert war, ist längst in der Berufswelt angekommen: die Auszeit. Das Sabbatical, auch Sabbatjahr genannt, bietet die Möglichkeit, sich dem beruflichen Trubel für eine Zeit zu entziehen. Bis zu einem Jahr Auszeit sind möglich, wenn der Arbeitgeber mitmacht.
Inhalt des Artikels:
- Gründe für eine Auszeit
- Modelle für das Sabbatical
- So ist die Rechtslage für Auszeiten
- Planung und Finanzierung
Was ist eigentlich ein Sabbatical? Das Wort „Sabbat“ stammt aus dem Hebräischen und bedeutet „innehalten“. Ursprünglich bezeichnete das Sabbatjahr ein göttliches Gebot im jüdischen Glauben. Neuzeitlich gesehen ist das Sabbatical eine meist drei- bis zwölfmonatige Auszeit vom Job. Die Bedingungen dafür müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber individuell aushandeln.
Ein Anspruch auf ein Sabbatjahr besteht nicht, immer mehr Unternehmen sind jedoch offen für diese Form eines Arbeitszeitmodells. Es gibt verschiedene Gründe für eine solche Auszeit und auch verschiedene Möglichkeiten, sie zu gestalten. Es ist zum Beispiel möglich, sich sozial zu engagieren (sogenanntes Volunteering), sich weiterzubilden oder ganz einfach einmal auszuspannen.
Gründe für die Auszeit vom Job
Warum sich Ingenieure oder Informatiker eine Auszeit vom beruflichen Alltag nehmen wollen, kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Mögliche Argumente für ein Sabbatjahr sind:
- Entschleunigung: Der wohl häufigste Grund für die Auszeit. Berufstätige wollen ihre Energiereserven wieder auffüllen, durch Reisen ihren Horizont erweitern oder neue Lösungsstrategien für Probleme im Alltag finden. Mögliche Umsetzungsideen für diese Form des Sabbatjahrs sind ein Aufenthalt im Kloster oder eine Wanderung auf dem Jakobsweg.
- Gesundheit: Auch gesundheitliche Gründe können Anlass für eine Auszeit sein. Eventuell gilt es sogar ganz gezielt, einem Burnout zu vorzubeugen. Auch dann gilt es, den Akku wieder aufzuladen, gegebenenfalls Therapien zu machen und sich eine andere Lebensweise anzueignen.
- Persönliche Projekte: Viele wollen nicht mehr bis zum Ruhestand warten, um eigene Ideen für ihr Leben umzusetzen. Ob Weltreise oder Hausbau, das Verfassen einer Doktorarbeit oder eines Romans – persönliche Projekte können vielfältig sein und eine Auszeit vom Job nötig machen.
- Volunteering: Neben dem klassischen Ehrenamt, das in den Alltag integriert wird, besteht die Möglichkeit sich längerfristig bei verschiedenen Hilfsprojekten zu engagieren. Diese Form der Auszeit nennt man Volunteering. Verschiedene Volunteering-Portale im Netz vermitteln die Freiwilligen an entsprechende Hilfsprojekte im In- und Ausland.
- Weiterbildung: Eine Auszeit lässt sich auch für das berufliche Vorankommen nutzen. Wer sich als Berufstätiger regelmäßig weiterbildet, hat gute Chancen die nächste Stufe der Karriereleiter zu erreichen. Sprachkurse, ein Bildungsurlaub oder Seminare für bestimmte Zusatzqualifikationen, die im Beruf einen Bonus bringen, sind eine Möglichkeit.
- Elternzeit: Wem die gesetzliche Elternzeit nicht ausreicht, kann diese durch eine angehängte Auszeit verlängern. Dies kann zum Beispiel auch in bestimmten Teilzeitmodellen geschehen.
- Pflege eines Angehörigen: Um einen Angehörigen pflegen zu können, muss ein Arbeitnehmer nicht unbedingt ein Sabbatjahr beantragen. Es bestehen gesetzliche Regelungen. So können Arbeitnehmer die sogenannte Pflegezeit für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten in Anspruch nehmen. Alles was darüber hinausgeht, kann auch in Form eines Sabbatjahrs beantragt werden.
Modelle für ein Sabbatical – Teilzeit, Zeitwertkonto, Urlaub
Je nachdem, welchen Grund man hat, sich eine Auszeit vom Job zu nehmen, kommen unterschiedliche Modelle für das Sabbatical in Betracht. Dabei geht es insbesondere darum, wie die Auszeit finanziert wird und wie man die Zeit dafür erarbeitet. Am weitesten verbreitet ist das Teilzeitmodell: Der Arbeitnehmer einigt sich mit dem Unternehmen auf einen Teilzeitvertrag. Der Mitarbeiter arbeitet für ein entsprechend niedrigeres Teilzeitgehalt in Vollzeit weiter. Der in dieser Ansparphase einbehaltene Lohn wird später in der Freistellungsphase ausgezahlt. Angestellte erhalten also auch im Sabbatical das reduzierte Gehalt. Der Vorteil dieses Modells: Zwar müssen Auszeitwillige eine Zeit lang mit reduziertem Gehalt auskommen, haben aber auch während des Sabbatjahrs eine finanzielle Absicherung, da auch alle arbeitgeberseitig bezahlten Versicherungen weiterlaufen.
Ein ähnliches Modell für das Sabbatical ist das Ansparen von Überstunden auf einem Zeitwertkonto. Die eigentliche Arbeitszeit bleibt dabei unverändert, der Arbeitnehmer macht jedoch freiwillige Mehrarbeit. Diese Überstunden werden auf einem Zeitwertkonto gutgeschrieben. Dabei ist jedoch immer das geltende Arbeitszeitgesetz zu beachten. Diese Art des Ansparens von Freizeit dauert deutlich länger als beim Teilzeitmodell. Um die Sache zu beschleunigen, besteht deshalb die Möglichkeit, das Gehalt etwas zu reduzieren oder auf Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld zu verzichten. Das Geld wird dem Zeitwertkonto gutgeschrieben und in Stunden umgewandelt, sobald der Mitarbeiter Zeit von seinem Guthaben „abhebt“ (mehr dazu im Artikel . Auch wenn das Ansparen mehr Zeit benötigt, so hat dieses Sabbatical-Modell doch deutliche Vorteile gegenüber der Teilzeitvariante: Der finanzielle Verzicht in der Ansparphase ist geringer, und die finanzielle Absicherung während der Auszeit ist besser, da auch in dieser Zeit das volle Gehalt gezahlt wird.
Die dritte Möglichkeit ist zwar die einfachste, man sollte sie jedoch nur nach gründlicher Abwägung wählen: unbezahlter Urlaub. Wer sich dennoch dafür entscheidet, sollte sich über einige Punkte im Klaren sein. Wer privat krankenversichert ist, verliert wahrscheinlich den gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitgeberzuschuss. Auch gesetzlich Versicherten drohen Abstriche. Wer länger als einen Monat unbezahlten Urlaub nimmt, erhält vom Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeiträge mehr. Eine Kranken- und Pflegeversicherung ist jedoch auch für freigestellte Arbeitnehmer Pflicht. Von der Arbeitslosen- und Rentenversicherung können sie sich hingegen freistellen lassen. Eine freiwillige Rentenversicherung kann sinnvoll sein, um möglichst keine Ansprüche zu verlieren. Generell ist das unbezahlte Sabbatjahr vertraglich einfacher zu vereinbaren, kann aber relativ teuer werden.
Steht mir die Auszeit rechtlich zu?
Grundsätzlich kann jeder Berufstätige in Deutschland ein Sabbatjahr beantragen, auch Ingenieure und Informatiker. Für Beamte, Lehrer und Angestellte im öffentlichen Dienst gibt es dafür spezielle Gesetze, die es ihnen einfach machen, eine Auszeit zu nehmen, da die meisten Modalitäten entsprechend geregelt sind. Für andere Berufstätige, etwa Selbstständige sowie Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft, ist es ungleich schwieriger, eine Auszeit zu nehmen. Einen gesetzlichen Anspruch darauf gibt es nämlich nicht. Und gerade für selbstständige Ingenieure und Informatiker sind längere Auszeiten eher unrealistisch, da immer die Frage der Finanzierung sowie ein möglicher Kundenverlust im Raum stehen.
Angestellte in der freien Wirtschaft sind dagegen vom Wohlwollen ihres Arbeitgebers abhängig. Größere Unternehmen tun sich oft leichter mit Modellen wie dem Sabbatical. Entscheiden sich Mitarbeiter für das sogenannte Volunteering, also soziale Arbeit, dürfte die Zustimmung schneller kommen als für rein private Auszeiten. Einige Unternehmen knüpfen ihre Zustimmung zu einer Auszeit auch explizit an das soziale Engagement ihrer Mitarbeiter in dieser Zeit. Denn die Unterstützung von Volunteering kann ein Unternehmen für die Imagepflege nutzen.
Auch wenn es keinen gesetzlichen Anspruch auf das Sabbatjahr gibt, so gibt es doch gesetzliche Regelungen, die eine befristete Auszeit ermöglichen. Zum Beispiel das Gesetz zur Teilzeitarbeit, dass es Arbeitnehmern rechtlich erlaubt, die individuell vereinbarte Arbeitszeit zu verringern oder zu verlängern. Gewährt das Unternehmen seinen Mitarbeiter die Auszeit, so gelten alle Regelungen des dafür extra abgeschlossenen Vertrages. Es kann zum Beispiel eines der oben genannten Sabbatical-Modelle vereinbart werden, aber auch individuelle Absprachen sind möglich.
Wer während seiner Auszeit anderweitig Geld verdienen möchte, etwa beim Work & Travel, einer speziellen Form der Auszeit, bei der man sich die Reisen durch Arbeiten vor Ort finanziert, sollte auch das im Vertrag verankern lassen. Volunteering ist zwar üblicherweise unbezahlt, aber auch hier sollte man sich vertraglich zusichern lassen, dass man gegebenenfalls Aufwendungen für Kost und Logis annehmen darf.
Planung und Finanzierung der beruflichen Auszeit
Wer eine Auszeit einlegen möchte, sollte diese gründlich planen. Vor allem gilt es, den Zeitpunkt richtig zu wählen. Grundsätzlich ist etwa ein Sabbatjahr ohne Kinder einfacher zu bewerkstelligen. Denn längere Reisen mit schulpflichtigen Kindern lassen sich nur schwer umsetzen und auch die Lebenshaltungskosten steigen durch den Nachwuchs nicht unerheblich. Über die Auszeit sollten Ingenieure und Informatiker deshalb eher früh in der beruflichen Laufbahn nachdenken. Zudem sind gerade auf der finanziellen Ebene noch weitere Dinge zu beachten: Können laufende Kredite, zum Beispiel für Eigenheim, Auto oder auch BAföG-Rückzahlungen weiterhin bedient werden? Reicht ein durch das Teilzeitmodell verringertes Gehalt für die laufenden Kosten während einer längeren Abwesenheit aus? Kann eine größere Reise (Flugkosten, Unterkunft, Transport und Ausflüge) finanziert werden?
Es ist sicher sinnvoll, sich vor der Auszeit ein finanzielles Polster zuzulegen. Das kann beispielsweise durch den Verzicht auf Urlaubsreisen in den Jahren davor geschehen. Auch Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld sowie Steuerrückzahlungen können für das Sabbatjahr zurückgelegt werden. Über eine Work & Travel-Auszeit kann auf Reisen auch während des Sabbaticals Geld verdient werden. Beim Volunteering geht dies üblicherweise nicht, da die Arbeit auf freiwilliger und ehrenamtlicher Basis beruht. Wer während seiner Auszeit richtig arbeiten will, etwa im Ausland, um sich dabei weiterzubilden, sollte bedenken, dass solche Anstellungen genehmigungspflichtig sind und die Einnahmen besteuert werden müssen.
Auszeit-Planung mit Checkliste und grobem Zeitplan
Bevor überhaupt mit der finanziellen Planung für die Auszeit begonnen wird, sollte man sich über die inhaltliche Ausrichtung des Sabbatjahrs Gedanken machen. Erst, wer eine Checkliste und einen groben Zeitplan hat, kann sich Gedanken über die Finanzierung und mögliche Sabbatical-Modelle machen. Und erst wenn diese Planung steht, sollte der Arbeitgeber informiert werden. Denn wer gut vorbereitet in das Gespräch mit dem Chef geht, hat bessere Chancen, die Auszeit genehmigt zu bekommen.
Es ist daher sinnvoll, genau darlegen zu können, was die Motivation für das Sabbatjahr ist und welche Vorteile daraus auch für das Unternehmen resultieren. Wer darüber hinaus aufzeigen kann, dass er sich bereits Gedanken über die Finanzen und einen sinnvollen Zeitrahmen gemacht hat, sollte seinen Vorgesetzten schnell überzeugen können. Sicherheitshalber sollte man immer auch eine Kompromisslösung parat haben.
Zu guter Letzt: Vergessen Sie nicht, ihren Wiedereinstieg in den Beruf schon vorher zu regeln. Sichern Sie sich im Auszeitvertrag gegen betriebsbedingte Kündigungen ab und vereinbaren Sie einen Rückkehranspruch in ihre alte Position. Auch eine insolvenzrechtliche Absicherung sollte bedacht werden, damit das Guthaben aus Teilzeitmodellen im Fall des Falles nicht verfällt. Dann steht einem erfolgreichen Sabbatjahr nichts im Wege.
Weiterführende Artikel:
Bremst eine Auszeit die Karriere aus?
Flexible Arbeitszeitmodelle in der Übersicht
Ein Beitrag von: