Sind Master oder Bachelor für Professionals wichtig?
Will man den Pressemitteilungen Glauben schenken, wollen immer mehr Berufspraktiker an einer Hochschule zu studieren. Ziel ist es den Master oder Bachelor zu erlangen. Zu den Interessenten gehören auch viele Ingenieure, die sich in Sachen Management und Betriebswirtschaft fortbilden wollen, um sich somit für eine Führungsfunktion zu empfehlen. Bevor voreilig ins Studium eingestiegen wird, sollten einige Grundsatzüberlegungen angestellt werden.
Für erfahrene Praktiker bringt das Auslandsstudium sicherlich etwas, wenn es zum Personalentwicklungspaket des eigenen Arbeitgebers gehört. Jeder wäre dumm, die Chance auf Master oder Bachelor abzulehnen. Meist wird zwar erwartet, dass sich der Arbeitnehmer quasi als Dankeschön längerfristig an das Unternehmen bindet, aber „So what!“. Etwas Besseres kann einem Mitarbeiter in der augenblicklichen konjunkturellen Situation kaum widerfahren.
Damit die Unternehmensentscheider in letzter Konsequenz die Investition rechtfertigen können, winkt on top der Karrierefahrstuhl nach dem Master. Um die Zusatzausbildung nicht unendlich lange zu dehnen, favorisieren die Unternehmen das Studium in Präsenz- oder Teilpräsenzform. In einem bis eineinhalb Jahren steht der Mitarbeiter dem Unternehmen wieder mit voller Einsatzkraft zur Verfügung. Doch die zuvor geschilderten paradiesischen Zustände, wo Arbeitgeber Kosten und Ausfalltage des Mitarbeiters für das Studium übernehmen, sind nur selten anzutreffen.
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Jobausstieg für den Master oder Bachelor
Stellt sich die Frage, ob es sich empfiehlt, das Studium im Ausland auf eigene Faust anzugehen, um z.B. auf lange Sicht wettbewerbsfähig zu bleiben. Der komplette Ausstieg aus der Arbeitswelt in ein Präsenzstudium ist sehr riskant, setzt im Regelfall die Kündigung voraus und wird nicht unbedingt am deutschen Arbeitsmarkt belohnt. Wer im Ausland mit der Vorstellung studiert, etwa mit einem Master oder Bachelor Ansprüche auf ein höheres Gehalt oder eine Führungsposition anzumelden, sieht sich später schnell enttäuscht. Deutsche Arbeitgeber honorieren im Bewerbungsgeschäft oder bei der Beförderung ausländische Abschlüsse wenig, versehen sie allenfalls mit einem kleinen Pluspunkt als „ice to have“
Sinnvoll scheint das zeitlich überschaubare Präsenzstudium für arbeitslose Führungskräfte bis Ende 30, die mit dem goldenen Parachute ihr Unternehmen verlassen haben. Sie können geschickt die Zeit der Arbeitslosigkeit mit dem Studium zum Master überbrücken oder sich durch diese Tatsache für den Arbeitsmarkt zumindest attraktiv halten. Trotz des hohen Ausstiegsrisikos ist das Master- oder Bachelor-Studium für den Personenkreis interessant, der seinen höchsten Bildungsabschluss entscheidend aufwerten und mit dem neuen Bildungsabschluss erst in ein höherwertiges Arbeitsmarktsegment aufsteigen kann. Für den Techniker macht sicherlich der Bachelor-Abschluss einen Sinn, für den FH-Absolventen möglicherweise der Master-Abschluss.
In Teilpräsenz den Master absolvieren
Um das Risiko zu minimieren, bleibt das Studium in Teilpräsenzform, bei dem lediglich in Blöcken, etwa an bestimmten Wochenenden oder in bestimmten Kalenderwochen, die Präsenz an der Hochschule erforderlich ist. Der Mitarbeiter kann weiterhin seiner Beschäftigung nachgehen, steht aber vor dem Problem, das Studium für dem Master möglicherweise mit seinem Arbeitgeber abstimmen zu müssen. Vielfach sind Arbeitgeber nicht gerade begeistert, wenn Belegschaftsmitglieder auf diese Weise ihre Energie splitten. Schnell kommen Fragen auf, ob der Kandidat die notwendige Energie besitzt, weiterhin in Schlüsselprojekten mitzuarbeiten, ob er höhere Positionen anstrebt, die im eigenen Unternehmen nicht vorhanden sind usw.
Und welche Reaktionen werden ausgelöst, wenn das Studium ohne Master oder Bachelor an den Nagel gehängt wird? Aus den genannten Gründen gilt: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Konkret heißt das, es muss ein Studium gewählt werden, bei dem in der normalen Frei- und Urlaubszeit die Präsenzblöcke abzuleisten sind. Zuvor kann zwar mit aller Vorsicht und viel Fingerspitzengefühl ausgelotet werden, ob der Arbeitgeber die Weiterbildung duldet, möglicherweise sogar die eine oder andere zusätzliche Ausfallzeit in Kauf nimmt. Allerdings bleibt das Ganze ein zweischneidiges Schwert.
Den Master im Fernstudium machen?
Eine weitere Alternative, im stillen Kämmerlein zu studieren, ist das Fernstudium. Heute ist es kein Problem, z.B. Seminare der National University of Singapore oder der amerikanischen UC Berkeley direkt auf das Display des heimischen PCs zu bekommen. Die Weiterbildung ist sicherlich gehaltvoller als der Blick ins seichte Fernsehprogramm. Ob das Fernstudium jedoch aus Karrieresicht die Mühen und Kosten wert ist, darf bezweifelt werden. Nicht ohne Grund wurde der amerikanische Zweig der britischen Open University mangels Masse geschlossen. Da ein Fernstudium für den Master meist sehr lange dauert, ist es für die meisten Starter ohnehin fraglich, ob sie das Ziel je erreichen.
Bevor sich jemand auf das Energie zehrende und kostenintensive Studium für Master oder Bachelor neben dem Job einlässt, sollte er nochmals genau die Notwendigkeit überdenken. Um Defizite auszugleichen, bestimmte Kenntnisse oder Interessen nachzuweisen, sich das neueste Vokabular auf bestimmten Gebieten anzueignen, reichen in den meisten Fällen gezielte Seminare und Trainings. Ihre Finanzierung wird möglicherweise sogar vom Arbeitgeber im Rahmen der normalen Personalentwicklungsmaßnahmen übernommen. Im Übrigen bieten einige Veranstalter von Masterprogrammen auch Kurzformen oder Auszüge des Programms an.
Allerdings wird hierfür lediglich die Teilnahme bescheinigt und kein klangvoller Titel wie Master oder Bachelor vergeben. Im Grunde macht es ohnehin z.B. für den promovierten Ingenieur wenig Sinn, zusätzlich einen Mastertitel anzustreben und vor lauter Lernen die berufliche Praxis und deren Gesetze zu übersehen, zu vergessen, Zeit in das viel wichtigere Networking zu investieren und sich im Unternehmen in die richtige Position zu manövrieren. Letztlich entscheidet nicht die Anzahl der Titel und noch weniger der Umfang des theoretischen Wissens über die berufliche Karriere. Individuelle „Hausgesetze“ des jeweiligen Unternehmen legen fest, wer was darf und bis wohin er aufsteigen kann.
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