So werden Sie zum Experten für 3D-Druck
Neue Technologien bringen Unternehmen wenig, bis sie auch die Experten haben, die sie beherrschen. Aktuell sind vor allem Spezialisten für 3D-Druck gefragt.
Immer wieder entstehen Innovationen, die Prozesse in der Produktion noch effizienter machen. Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, diese neuen Technologien zu entdecken, zu bewerten und gegebenenfalls in ihre Produktionsstrategie zu integrieren. Ein Tummelfeld für Ingenieure, die sich selbstständig Wissen aneignen und als Early Adopter profilieren.
Potenzial des 3D-Drucks blieb lange ungenutzt
Ein Beispiel für solch eine neue Technologie ist die additive Fertigung. Sie könnte die Produktion von Bauteilen nachhaltig verändern. 3D-Drucker generieren ein fertiges Bauteil computergesteuert Schicht für Schicht aus einem Kunst- oder Metallpulver oder mehreren flüssigen oder festen Werkstoffen. Das Besondere an der Technik: „Dieses werkzeuglose Herstellungsverfahren verändert die Art der Konstruktion radikal und eröffnet vollkommen neue Gestaltungsfreiräume“, sagt Rainer Gebhardt, Experte für den 3D-Druck beim VDMA-Fachverband Druck- und Papiertechnik. Zudem ist mit dem 3D-Verfahren schon heute eine ganz neue Art der Lagerhaltung möglich.
Statt ein breites Sortiment an Ersatzteilen vorzuhalten, braucht man nur noch die Computerdaten aus der Konstruktion. Per „Printing-on-Demand“ wird das Teil erst bei Bedarf gedruckt. Das heißt: Der Zeitpunkt und die Stückzahl sind punktgenau steuerbar.
Die Technik an sich ist schon seit über 20 Jahren bekannt. Entwickler in der Automobilindustrie oder Luft- und Raumfahrt konnten mit Hilfe des sogenannten Rapid Prototyping erstmals in kurzer Zeit auf Basis von Konstruktionsdaten, die sie am Computer erstellt hatten, Prototypen fertigen, ihren Kunden zeigen und anhand der Modelle über mögliche Änderungen diskutieren.
Die Maschinen und Anlagen zur Herstellung der Bauteile waren jedoch lange Zeit so teuer, dass sie zunächst nur von Großunternehmen genutzt wurden. Erst nachdem erste Patente auf 3D-Drucker zur Herstellung von Teilen aus Kunststoffen vor wenigen Jahren ausgelaufen waren, ist der Preis für die Geräte so drastisch gefallen, dass sich die Technik nun auch für andere Unternehmen rechnet.
Experten für die additive Fertigung werden nun gesucht
Die inzwischen industriell eingesetzten additiven Fertigungsverfahren unterscheiden sich hinsichtlich des angewandten Wirkprinzips oder der zu verarbeitenden Werkstoffe erheblich voneinander. Bei der additiven Fertigung wird Pulver über einen Schmelz- oder Wärmeprozess in Form gebracht und gleichzeitig werden die Eigenschaften des Werkstoffs generiert. „Man kann mit dem Verfahren Schichten mit unterschiedlichen Eigenschaften oder Hohlräume herstellen. Das muss der Konstrukteur jedoch bereits bei seinem Entwurf berücksichtigen“, sagt Gerd Witt, Leiter des Instituts für Produkt Engineering an der Uni Duisburg-Essen.
Die Integration der additiven Fertigung in die Produktion fordere eine übergreifende Zusammenarbeit zwischen Werkstofftechnikern, Konstrukteuren und Produktionsplanern. „Für jedes Anwendungsszenario gilt es, die geeignete Technologie beziehungsweise Prozesskette auszuwählen und in einen effizienten Produktionsprozess umzusetzen, oder auch verschiedene Verfahren miteinander zu kombinieren“, so Witt. Zudem seien Kenntnisse über die unterschiedlichen Verfahren und die Vielfalt der nutzbaren Werkstoffe notwendig sowie Know-how in der Konstruktion von additiven Bauteilen.
„Um aber den 3D-Druck in der Produktion effektiv nutzen zu können, benötigen die Unternehmen Know-how und Fachkräfte“, sagt Erik Marquardt, Referent im VDI-Fachausschuss Additive Manufacturing. Doch noch sind die Experten für 3D-Druck rar.
Hochschulen haben ihre Lehrpläne noch nicht angepasst
Die Ausbildung von Fachkräften hinkt der Nachfrage hinterher. Zwar würden schon länger Grundlagen des neuen Verfahrens in Maschinenbauvorlesungen vermittelt, doch weitergehendes Know-how müssten sich Ingenieure und Konstrukteure in den Unternehmen selbst aneignen, so Marquardt.
Dabei sei das Wissen rund um den 3-D-Druck inzwischen so umfangreich, „dass die Einrichtung eines speziellen Master-Studiengangs durchaus gerechtfertigt wäre“, sagt der Wissenschaftler Witt. Man diskutiere in den Hochschulen immerhin darüber und erste Lehrstühle zum Thema gebe es schon, beispielsweise in Freiberg. Allerdings würde die Umsetzung noch dauern.
Berufsbegleitende Weiterbildungsangebote für Ingenieure
Die Hochschule Schmalkalden geht andere Wege. Um die Nachfrage nach einer Ausbildung von Experten für die additive Fertigung bereits heute zu bedienen, hat sich die Thüringer Hochschule mit dem VDI-Wissensforum zusammengetan und eigene berufsbegleitende Weiterbildungsangebote entwickelt. Bei der Ausbildung in Schmalkalden handelt es sich um ein zweisemestriges Fernstudium mit einem Zertifikat als „Anwendungstechniker für additive Verfahren“ und mit dem erfolgreichen Abschluss des zweijährigen VDI-Lehrgangs können sich die Teilnehmer zum „Fachingenieur additive Fertigung“ qualifizieren.
Ziel beider Studienangebote ist es, insbesondere technischen Fachkräften und Ingenieuren Kompetenzen für die Nutzung von additiven Fertigungsverfahren zu vermitteln und sie in die Lage zu versetzen, diese zielführend und gewinnbringend in die betrieblichen Prozesse einzubinden. Studieninhalte sind fachliche Kenntnisse über technologische Aspekte, Werkstoffe und Konstruktionsweisen.
Darüber hinaus sollen die Teilnehmer die Kompetenz erwerben, Chancen und Risiken im Bereich der Rapid-Technologien zu analysieren und zu bewerten sowie Projekte eigenständig und unter Berücksichtigung von Kosten- und Qualitätsaspekten zielorientiert umzusetzen.
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