Vaterschaftsurlaub 2024 – Was ist der Stand der Dinge?
Die Mutterschaft im Berufsleben ist in Deutschland durch das Mutterschutzgesetz geregelt. Aber wie steht es eigentlich um werdende Väter oder gleichgestellte zweite Elternteile? Es wird viel vom Vaterschaftsurlaub gesprochen – aber was ist da drin? Und wann kommt er?
Ab dem 1. Dezember 2024 sollte eigentlich ein Gesetz für einen Vaterschaftsurlaub in Kraft treten, und Organisationen wie die Caritas sollen bis zu 2.000 Euro für die Erstausstattung eines Kindes bereitstellen. Doch ein solches Gesetz zum Vaterschaftsurlaub gibt es aktuell noch nicht – es handelt sich lediglich um einen Entwurf. Auch eine allgemeine finanzielle Unterstützung für die Erstausstattung durch Organisationen wie die Caritas ist nicht bestätigt. Doch das Gesetz wird und sogar muss kommen, das ist sicher. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um den Vaterschaftsurlaub.
Inhaltsverzeichnis
- EU-Vereinbarkeitsrichtlinie
- Was ist Vaterschaftsurlaub?
- Finanzielle Absicherung der freigestellten Person
- Zeugnis über die Entbindung des Kindes
- Was können Väter heute machen?
- Vaterschaftsurlaub ist nicht gleich Elternzeit
- „Vaterzeit“ als Elternzeit
- Wie sieht es bei unseren Nachbarn aus?
- Gesellschaftliche Relevanz: Warum ist Vaterschaftsurlaub wichtig?
- Vaterschaftsurlaub und seine Vorteile
Väter sollen nach der Geburt eines Kindes zwei Wochen bezahlten Urlaub nehmen können, um bei ihrer Familie zu sein. Ursprünglich war geplant, den sogenannten Vaterschaftsurlaub wie bereits erwähnt, noch 2024 gesetzlich einzuführen.
EU-Vereinbarkeitsrichtlinie
Die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie verpflichtet alle Mitgliedstaaten, einen zehntägigen Sonderurlaub einzuführen, den Väter oder der gleichgestellte zweite Elternteil nach der Geburt eines Kindes in Anspruch nehmen können. Dieser Urlaub soll gesetzlich geregelt und bezahlt sein.
In Deutschland haben Väter derzeit jedoch nur die Möglichkeit, regulären Urlaub zu nehmen oder Elternzeit zu beantragen, um nach der Geburt zu Hause zu bleiben. Ein gesetzlicher Anspruch auf einen speziellen Sonderurlaub existiert bislang nicht.
Die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie soll es Vätern erleichtern, direkt nach der Geburt eines Kindes eine Auszeit für die Familie zu nehmen. Obwohl die Bundesregierung dies im Koalitionsvertrag zugesagt hat, wurde bislang nichts umgesetzt. Die dreijährige Frist zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht ist bereits abgelaufen, und Deutschland sieht sich nun einem Vertragsverletzungsverfahren der EU gegenüber.
Der Druck, den Vaterschaftsurlaub endlich einzuführen, ist dadurch gestiegen, und es bestand Hoffnung, dass das Gesetz 2024 Realität wird. Doch mit dem Scheitern der Ampelkoalition und den bevorstehenden Neuwahlen 2025 ist das Thema wohl vertagt – eine Entscheidung in diesem Jahr scheint ausgeschlossen.
Was ist Vaterschaftsurlaub?
Vaterschaftsurlaub bezeichnet eine spezielle Freistellung vom Beruf, die Vätern nach der Geburt ihres Kindes gewährt wird. Ziel ist es, dem Vater Zeit zu geben, sich aktiv um das Neugeborene zu kümmern, die Partnerin zu unterstützen und eine enge Bindung zum Kind aufzubauen. In Deutschland ist der Vaterschaftsurlaub rechtlich oft in Form der Elternzeit geregelt, die sowohl Müttern als auch Vätern zusteht. In anderen Ländern gibt es explizite, gesetzlich geregelte Freistellungen nur für Väter.
Der Vaterschaftsurlaub 2024, auch bekannt als Familienstartzeitgesetz, soll in Deutschland eine bezahlte Freistellung für Partner einführen. Zwei Wochen mit vollem Lohnausgleich für frisch gebackene Väter und Partner wären ein bedeutender Schritt hin zu mehr Familienfreundlichkeit.
Besonders interessant ist dabei die Flexibilität des geplanten Gesetzes: Neben dem zweiten Elternteil kann auch eine von der Mutter benannte Person – wie eine enge Freundin oder eine Vertrauensperson – von dieser Freistellung profitieren. Diese Regelung ist besonders wertvoll für Alleinerziehende, da sie sicherstellt, dass auch in schwierigen Familienkonstellationen Unterstützung verfügbar ist.
Ein weiteres bemerkenswertes Merkmal der Familienstartzeit ist das Fehlen jeglicher Hürden für die Inanspruchnahme. Das heißt: Es spielt keine Rolle, wie lange jemand im Unternehmen beschäftigt ist – der Anspruch auf diese Freistellung besteht unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Somit will man Mitarbeitende unterstützen, unabhängig von der beruflichen Erfahrung oder dem Dienstalter.
Finanzielle Absicherung der freigestellten Person
Das geplante Familienstartzeitgesetz sieht vor, dass Partner nach der Geburt einen Anspruch auf eine Vergütung erhalten. Diese Vergütung, der sogenannte Partnerschaftslohn, sorgt für die finanzielle Absicherung der freigestellten Person. Die Höhe des Partnerschaftslohns wird anhand des durchschnittlichen Einkommens der letzten drei Monate vor der Geburt berechnet.
Im Zentrum der Debatte stand das U2-Umlageverfahren, das bereits beim Mutterschutz verwendet wurde und nun auch für die Partnerschaftsfreistellung genutzt werden sollte. Bei diesem Verfahren zahlen Arbeitgeber in einen Fonds ein, aus dem dann die Kosten für die Freistellungen erstattet werden. Das Ziel war, vor allem kleinere und mittlere Unternehmen zu entlasten, indem sie die Gehälter der freigestellten Mitarbeiter nicht selbst tragen mussten.
Kritiker*innen, besonders aus der Wirtschaft, warnten jedoch, dass diese Regelung in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine zusätzliche finanzielle Belastung für die Unternehmen darstellen könnte. Auch wenn die Erstattung über die Krankenkassen erfolgt, gab es Bedenken, dass die Umlage langfristig steigende Kosten verursachen könnte.
Zeugnis über die Entbindung des Kindes
Das Unternehmen kann nach dem Antrag des Vaterschaftsurlaubs darauf bestehen, dass ein Zeugnis über die Entbindung des Kindes vorgelegt wird. Die entbindende Frau muss, wie auf der Webseite von Barmer erklärt wird, dem Familienstartzeit-Partner oder der Partnerin dieses Zeugnis zur Verfügung stellen.
Diese Regeln gelten für das Zeugnis als Nachweis für die Familienstartzeit:
- Das Zeugnis darf nur von bestimmten Fachkräften ausgestellt werden, wie einem Arzt, einer Ärztin, einer Hebamme oder einem Entbindungspfleger.
- Es muss folgende Informationen enthalten: den Namen der entbindenden Frau, den Namen des Partners oder der Partnerin sowie das Datum der Entbindung.
- Ein solches Zeugnis darf nur für eine Person ausgestellt werden.
Was können Väter heute machen?
Bislang gilt, dass die Geburt eines Kindes in der Regel einen berechtigten Grund für die Beantragung von bezahltem Sonderurlaub darstellt. Ein Urlaubsantrag ist erforderlich, da Arbeitnehmer*innen ohne Antrag nicht einfach der Arbeit fernbleiben dürfen.
Die Dauer des Sonderurlaubs anlässlich der Geburt eines Kindes ist gesetzlich nicht festgelegt, üblich sind jedoch ein bis drei Tage. Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge und Arbeitsverträge können genauere Regelungen zum Anspruch auf Sonderurlaub enthalten.
Wenn der Sonderurlaub vertraglich nicht festgelegt ist, kann der Arbeitgeber die Länge des Urlaubs selbst bestimmen.
Vaterschaftsurlaub ist nicht gleich Elternzeit
„Vaterschaftsurlaub“ und „Elternzeit“ werden oft verwechselt und synonym verwendet, obwohl sie rechtlich unterschiedliche Begriffe sind. Während der Vaterschaftsurlaub, wie bereits erwähnt, eine kurze, bezahlte Freistellung nach der Geburt des Kindes umfasst, handelt es sich bei der Elternzeit um eine längere, meist unbezahlte Auszeit, die Eltern. Väter und gleichgestellter Partner können sie nehmen, um sich um ihr Kind zu kümmern. Wenn online also oft von Vaterschaftsurlaub gesprochen wird, meinen viele eigentlich die Elternzeit, die Väter oder gleichgestellte Elternteile in Anspruch nehmen können. Aber hier muss man zwischen diesen zwei Begriffen unterscheiden.
„Vaterzeit“ als Elternzeit
Solange das geplante Gesetz zum Vaterschaftsurlaub noch nicht in Kraft ist, muss „Vaterzeit“ als Elternzeit beantragt werden. Der Antrag muss dabei schriftlich auf Papier erfolgen und von Hand unterschrieben werden; ein Antrag per E-Mail, Fax oder Telefon ist nicht ausreichend. Der Antrag muss spätestens sieben Wochen vor dem gewünschten Beginn der Elternzeit eingereicht werden, es sei denn, es gibt dringende Gründe.
Wichtig: Wenn der Antrag sieben Wochen vor dem errechneten Geburtstermin gestellt wird, gilt die Frist auch im Falle einer Frühgeburt. Soll jedoch eine (erneute) Elternzeit zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes genommen werden, verlängert sich die Frist auf dreizehn Wochen.
Wie sieht es bei unseren Nachbarn aus?
In vielen anderen Ländern ist es bereits selbstverständlich, dass Väter nach der Geburt ihres Kindes einen bezahlten Vaterschaftsurlaub erhalten. Unsere Nachbarn haben bereits fortschrittliche und klar definierte Regelungen für den Vaterschaftsurlaub – Deutschland hat hier noch Nachholbedarf.
- Belgien:
3 Tage Vaterschaftsurlaub, 100% bezahlt vom Arbeitgeber.
Zusätzlich: 7 weitere Tage (82% durch die Krankenversicherung) innerhalb der ersten 30 Tage nach der Geburt, wenn der Vater in den letzten 15 Monaten mindestens 12 Monate gearbeitet hat.
Bei Krankheit oder Tod der Mutter: Der Vater kann den noch nicht genutzten Mutterschaftsurlaub übernehmen, mit 60% des Gehalts. - Dänemark:
2 Wochen Vaterschaftsurlaub, wenn der Vater in den 13 Wochen vor der Geburt mindestens 120 Stunden gearbeitet hat.
Zusätzlich: Elternzeit, die zwischen den Elternteilen geteilt werden kann. - Frankreich:
11 Tage Freistellung für Väter innerhalb der ersten 4 Monate nach der Geburt, mit Bezahlung auf Höhe des französischen Mutterschaftsgelds. - Großbritannien:
2 Wochen Vaterschaftsurlaub, gleich bezahlt für alle Väter (154 Euro pro Woche, Stand 2007).
Zusätzlich: 13 Wochen unbezahlte Elternzeit für jeden Elternteil. - Italien (Südtirol):
Der Begriff „Freistellung wegen Vaterschaft“ wird verwendet, wenn der Vater die Mutterzeit übernimmt. - Österreich:
Das Väter-Karenzgesetz regelt den Anspruch auf Vaterschaftsurlaub (Väterkarenz).
Seit 2019: Der gesetzlich verankerte „Papa-Monat“ ermöglicht eine Frühkarenz.
Seit 2011: Der „Papa-Monat“ gilt bereits im Bundesdienst und in der Stadt Wien.
Gesellschaftliche Relevanz: Warum ist Vaterschaftsurlaub wichtig?
Der Vaterschaftsurlaub spielt eine zentrale Rolle in der modernen Diskussion um Gleichberechtigung und Familienfreundlichkeit. Er ermöglicht Vätern, von Anfang an aktiv in die Kindererziehung einzusteigen, was nicht nur die Beziehung zum Kind stärkt, sondern auch die Partnerin entlastet und die Geschlechterrollen in der Familie ausgewogener gestaltet.
Studien zeigen, dass eine frühzeitige und aktive Rolle des Vaters langfristig positive Auswirkungen auf die kognitive und emotionale Entwicklung des Kindes hat. Zudem fördert Vaterschaftsurlaub gesellschaftliche Ziele wie die Gleichstellung der Geschlechter, indem er traditionelle Rollenmuster in Frage stellt und beide Elternteile zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf befähigt.
Vaterschaftsurlaub und seine Vorteile
Der Vaterschaftsurlaub bietet zahlreiche Vorteile für die Familie, die Väter und die Gesellschaft. Besonders für die Familie spielt diese Zeit eine entscheidende Rolle: Durch die aktive Einbindung in die Betreuung des Kindes können Väter von Anfang an eine enge Bindung zu ihrem Kind aufbauen. Diese frühe Vater-Kind-Beziehung legt den Grundstein für ein vertrauensvolles Verhältnis, das das gesamte Leben des Kindes prägen kann. Gleichzeitig entlastet der Vaterschaftsurlaub die Partnerin, die nach der Geburt häufig mit körperlichen und emotionalen Herausforderungen konfrontiert ist.
Väter, die in den ersten Wochen und Monaten aktiv im Haushalt und in der Kinderbetreuung mithelfen, schaffen eine ausgeglichenere und harmonischere Familiendynamik. Dadurch werden traditionelle Geschlechterrollen hinterfragt, was zu einer gerechteren Aufteilung der Verantwortung in der Familie führt.
Auch für die Väter selbst hat der Vaterschaftsurlaub nachhaltige Vorteile. Er gibt ihnen die Möglichkeit, bewusst Zeit mit der Familie zu verbringen und sich intensiv mit ihrer neuen Rolle auseinanderzusetzen. Diese Zeit eröffnet Chancen für persönliche Entwicklung und stärkt das Bewusstsein für die eigene Bedeutung als Elternteil.
Langfristig können Väter, die früh aktiv in die Erziehung eingebunden sind, eine engere Beziehung zu ihren Kindern aufbauen und genießen dadurch oft ein höheres Maß an emotionaler Zufriedenheit und Lebensqualität. Die aktive Vaterrolle kann zudem das Wohlbefinden steigern, da die gemeinsame Zeit mit der Familie als sinnstiftend wahrgenommen wird.
Auf gesellschaftlicher Ebene ist der Vaterschaftsurlaub ein Schritt in Richtung mehr Gleichberechtigung. Wenn Männer bewusst Zeit für ihre Familie nehmen, entlastet das nicht nur ihre Partnerinnen, sondern setzt auch ein wichtiges Signal für die Gleichstellung von Männern und Frauen. Frauen profitieren davon, weil sie schneller und flexibler in ihre berufliche Karriere zurückkehren können, ohne allein für die Betreuung des Kindes verantwortlich zu sein.
Gleichzeitig ergeben sich Vorteile für die Arbeitswelt: – so wird die Mitarbeiterbindung gefördert. Eine familienfreundliche Unternehmenskultur stärkt zudem die Attraktivität eines Unternehmens für qualifizierte Fachkräfte und trägt zur Mitarbeiterbindung bei.
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