Karrierestrategie 25.04.2016, 00:00 Uhr

Vorsicht vor MBA Nischen-Programmen!

Nie zuvor gab es hierzulande so viele MBA-Programme wie heute. Vor allem die Zahl spezialisierter Angebote nimmt rasant zu. Sie sind mit Vorsicht zu genießen – auch wenn sie im Einzelfall hilfreich sein können.

Orientierungslos: Die MBA Angebotsfülle macht die Entscheidung schwer.

Orientierungslos: Die MBA Angebotsfülle macht die Entscheidung schwer.

Foto: panthermedia.net/minervastock

Ihre Namen klingen gewaltig, ihre thematische Breite hält sich in Grenzen: Mittlerweile gibt es etliche spezialisierte MBAs, vom „Multichannel Trade Management in Textile Business“ über „International Healthcare Management“ bis zu „Weinmarketing & Management“. Hochschulen wollen sich damit profilieren – ob das allerdings immer Sinn ergibt, ist eine andere Frage.
„Ziel des traditionellen MBA-Studiums ist es, die Manager von Morgen durch die Vermittlung von generalistischem Wirtschafts- und Managementwissen fit zu machen“, stellt Volker Stößel von der HHL Leipzig Graduate School of Management fest. „Zu kritisieren sind spezialisierte Programme dann, wenn sie nur noch wenig mit dem Aufbau und den Inhalten eines klassischen MBAs zu tun haben und folglich eher als ein spezialisierter Master bezeichnet werden müssten.“

Nach Ansicht von Stößel ist es fraglich, ob ein solches Programm für Ingenieure überhaupt sinnvoll ist. Vor allem, wenn Ingenieure eine Managementposition im Unternehmen einnehmen möchten, müssten sie schon ein grundlegendes Verständnis für alle Unternehmensbereiche samt des nötigen Instrumentariums mitbringen. „Mit einem spezialisierten Wissen würde sich der Ingenieur als Schmalspurkandidat nämlich selber disqualifizieren“, warnt Stößel. Hinzu komme: „Wir stellen oft fest, dass Ingenieure ein sehr spezifisches Wissen aus ihrem Erststudium und aufgrund ihrer Berufserfahrung mitbringen. Gerade für sie ist es wichtig, sich breiter aufzustellen und das Verständnis für andere Bereiche und Lösungsansätze zu erwerben.“

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Vor allem Berufsstarter sollten zunächst von einer zu starken Spezialisierung absehen, um sich mehr Möglichkeiten offenzuhalten, empfiehlt Sebastian Horndasch, Buchautor („Master nach Plan“) und MBA-Experte. Wer schon fünf Jahre im Job ist, sieht klarer, wohin die Reise geht: „Sich dann als Spezialist zu profilieren kann durchaus eine Karrierestrategie sein, die funktioniert“, ist Horndasch überzeugt. Zumindest, wenn die Spezialisierung nicht einem Trend folgt, man plötzlich mit etlichen Aspiranten auf einem begrenzten Feld konkurrieren muss.

Ähnlich sieht das auch Stößel: „Möchte sich der Ingenieur relativ eng weiterentwickeln, etwa im bestehenden Managementbereich Logistik oder IT, kann sich ein spezialisiertes MBA-Programm mit entsprechend eindeutigem Fokus durchaus lohnen.“

Zweifelhafte Angebote erkennen

Vor allem muss sich der Ingenieur klar darüber sein, was er möchte: Ausgewiesener Spezialist sein oder als Fachmann in eine Managementposition streben? Dann kommt es auf die richtige Wahl des Programms an: „Inzwischen gibt es auch hierzulande MBAs wie Sand am Meer, darunter leider viel Mittelmäßiges“, sagt Horndasch.

Schon manche Titel sollten stutzig machen, weil sie entweder zu nicht sagend oder zu speziell sind. Woran erkennt man zweifelhafte Angebote sonst noch? „Unter anderem an einer fehlenden Akkreditierung sowie an der Kürze des Programms“, erläutert Stößel.

„Grundsätzlich sollte man auch stutzig werden, wenn das Programm nicht transparent kommuniziert wird, etwa in Bezug auf Fakultät oder Programminhalte, und kein Kontakt zu Alumni oder derzeitigen Studierenden vermittelt wird.“ Zu Letzterem rät Horndasch dringend.

Oft genügt es, Zertifikate zu erwerben

Entscheidend sei die Frage: „Würden Sie sich nochmals für dieses Programm entscheiden?“ Abgesehen davon zeichneten sich gute MBAs durch ihre Kooperationen mit Unternehmen und ihre Authentizität in puncto Einladungen auf den Campus, Besuch von Vorlesungen und dergleichen aus, ergänzt Stößel: „Solide Programme fallen zudem durch eine gute Beratung der Interessenten auf.“
Grundsätzlich gilt auch bei spezialisierten Programmen: Je bekannter die Business School, desto besser, sagt Detlev Kran, Hochschulberater von Educationconsult. Eine Akkreditierung des Programms sei das A und O, wenn man eine Fehlinvestition vermeiden wolle. „Der MBA ist seiner Ausrichtung nach ein General Managementausbildung. Wenn aber zwei Drittel eines Programms auf Spezialisierung zielen, stellt sich die Frage, ob es nicht Etikettenschwindel ist. Die Gutachter in Akkreditierungsverfahren müssten hier den Abschluss eigentlich verweigern“, sagt Kran. Mindestens die Hälfte der Lehrinhalte sollten schon klassischen betriebswirtschaftlichen Themen wie Rechnungswesen, Finanzen, Marketing, Vertrieb, Recht, Strategie, Personal- und IT-Management vorbehalten sein. Grundsätzlich hat Kran nichts gegen Spezialisierungen einzuwenden. Sinnvoll seien sie vor allem dann, wenn man sich in einer Branche weiterentwickeln möchte. Allerdings: „So viele MBAs mit speziellen ingenieurwissenschaftlichen Vertiefungen gibt es eigentlich gar nicht.“

MBA-Experte Horndasch gibt spezialisierungswilligen Ingenieuren noch einen Rat: „Mitunter genügt es, nur einzelne Module zu belegen und dafür ein Zertifikat im gewünschten Bereich zu erhalten.“ Es lohne sich, nach Alternativen zu suchen, um sich fehlendes Wissen anzueignen. Infrage käme etwa ein Zertifikat im Projektmanagement der Havard Business School. „Das zählt mehr, als einen kompletten MBA an einer kleinen, wenig renommierten Schule abzulegen“, sagt Horndasch.

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Ein Beitrag von:

  • Chris Löwer

    Chris Löwer

    Chris Löwer arbeitet seit mehr als 20 Jahren als freier Journalist für überregionale Medien. Seine Themenschwerpunkte sind Wissenschaft, Technik und Karriere.

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