Wechsel der „Karriereschiene“ gut überlegen
Wann ist es sinnvoll die Stelle zu wechseln? Nach Lust und Laune sollte das nicht geschehen. Ein Wechsel sollte gut überlegt sein.
Ingenieure sind heute deutlich eher bereit ihren Arbeitsplatz zu wechseln. Auch vor gestandenen Ingenieuren macht das fortwährende Gerede über die Ingenieurlücke nicht halt. Schließlich möchte man nichts verpassen und möglichst von den aktuellen Arbeitsmarktverhältnissen profitieren. Doch jeder Stellenwechsel führt auch zu einer weiteren Station im Lebenslauf. Spätesten dann, wenn irgendwann einmal unter Druck die Stelle gewechselt werden muss, etwa weil der Arbeitgeber wirtschaftliche Probleme hat, die große Personaldecke der Gewinnmaximierung im Wege steht oder die Konjunktur generell einbricht, ist genau zu überlegen, wie der berufliche Werdegang als insgesamt positiver Entwicklungsprozess geschildert werden kann.
Besonders erklärungsbedürftig sind bestimmte Wechsel innerhalb oder zwischen den so genannten „Karriereschienen“, der Fach-, Projektmanagement- oder Führungslaufbahn. Wechsel mit der Ausrichtung „nach oben“, also von der Fach- in die Projekt- oder Führungsschiene oder von der Projekt- in die Führungsschiene sind im Grunde unproblematisch. Gleiches gilt für Wechsel etwa vom Projektingenieur zum Projektleiter, vom Projektleiter zum Lead Engineer, vom Gruppenleiter zum Abteilungsleiter usw. Die Wechsel suggerieren eine Karriereprogression und können somit leicht begründet werden. Mehr Verantwortung (Aufgaben, Projekte, Personal, Budget etc.) und das meist damit einhergehende höhere Gehalt erklären solche Stellenwechsel hinreichend. Schon etwas schwieriger fällt die Erklärung von Wechseln in der gleichen Karriereschiene und der gleichen Hierarchieebene. Ein Wechsel innerhalb der Fachlaufbahn, etwa von einer Sachbearbeitungsposition in die nächste, führt bereits zu intensiveren Nachfragen in Vorstellungsgesprächen. Da gehört schon einiges dazu, um einen solchen Stellenwechsel damit zu begründen, dass die Aufgaben in der nächsten Position technisch anspruchsvoller waren oder aber eine gute Ergänzung zu den vorherigen Berufsstationen darstellen. Wer hier gute Argumente zusammenträgt, braucht sich allerdings vor Nachfragen nicht fürchten.
Wechsel, die dagegen den Rückwärtsgang signalisieren, sind schwerer zu begründen, manchmal aber nicht vermeidbar. Irgendwann gerät jede Karriere ins Stocken, möglicherweise muss sogar der Rückwärtsgang eingelegt werden, um überhaupt noch an Bord zu bleiben und mitmischen zu dürfen. Dass dann Bewerber bei den Erklärungen nicht unbedingt nur glänzen und Pluspunkte sammeln, versteht sich von selbst. Freiwillig sollte daher kein tatsächlicher oder auch nur vermeintlicher Karriererückschritt eingeleitet werden.
Da möchte etwa ein Ingenieur, der ohnehin erst im fortgeschrittenen Alter zur ersten Führungsverantwortung gekommen ist, diese wieder aufgeben, um in seine alte Abteilung in eine Sachbearbeitungsposition zurückkehren. Der Grund: Personalmangel in der Abteilung. Mit Engelszungen versucht sein früherer Vorgesetzter ihn zu überreden. Ganz sicher ist der Ingenieur nicht, ob er den Schritt gehen soll. Was tun? Fakt ist, dass es einem Außenstehenden sehr schwer zu vermitteln ist, weshalb der Ingenieur hier seine endlich erlangte Führungsverantwortung schnell wieder hergibt. Das kann doch, so wird interpretiert, nur damit zusammenhängen, dass er die Aufgabe irgendwie nicht packt, den Anforderungen nicht gewachsen ist. Spätere Ambitionen auf eine Führungsposition inner- oder außerhalb des Unternehmens werden damit im Grunde auf Dauer verbaut. Es kann aber auch sein, dass der Wechsel in die Führungsposition völlig unüberlegt erfolgte. Wer im hohen Alter noch derartig unüberlegt handelt, empfiehlt sich auch nicht unbedingt für einen neuen Job. Damit die Führungsposition überhaupt zählt, sollte der Ingenieur zumindest zwei Jahre die Position halten. Ist zu erwarten, dass er bis zum Renteneintritt in seiner alten Abteilung als Sachbearbeiter bleiben kann, o.k. – aber wer kann so etwas heute noch richtig einschätzen. Wenn er fürchtet, noch einmal einen anderen Arbeitgeber suchen zu müssen, dann sollte er lieber nicht in die alte Abteilung zurückgehen. Anders sieht es aus, wenn der gefragte Ingenieur jetzt seine Stärke ausspielt, schließlich möchte der Abteilungsleiter ihn wiederhaben. Eine adäquate Position, nämlich als Gruppenleiter mit Führungsverantwortung, wäre eine berechtigte Forderung.
Fazit: Trotz des vermeintlich guten Arbeitsmarktes, sollte nicht einfach nach Lust und Laune die Stelle gewechselt werden. Es ist sinnvoll, zu fragen: Wie macht sich die angebotene Position im Kontext meines gesamten Lebenslaufes? Nur wenn sie Sinn macht, sollte sie auch angetreten werden. Je älter der Ingenieur ist, desto wichtiger sind derartige Überlegungen, um auch in schlechteren Zeiten wettbewerbsfähig zu bleiben.
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