Weniger ist mehr: IW-Studie zeigt Trend zu kürzerer Arbeitszeit
Deutsche zeigen laut IW-Studie weniger Interesse an längeren Arbeitszeiten. Junge Arbeitnehmer bevorzugen Flexibilität, doch auch ältere Generationen zeigen einen Rückgang der gewünschten Arbeitszeit.
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Der Wandel der Arbeitszeitwünsche bei jungen Menschen.
Foto: PantherMedia / Rawpixel
Laut einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen Deutsche ein geringeres Interesse an längeren Arbeitszeiten.
Die Wunscharbeitszeit der jungen Leute spiegelt oft ihre Bedürfnisse nach Flexibilität, Work-Life-Balance und persönlicher Entfaltung wider. Viele junge Menschen streben nach Arbeitsmodellen, die es ihnen ermöglichen, ihre Arbeitszeit an ihre individuellen Lebensumstände anzupassen, sei es durch Teilzeitbeschäftigung, flexible Arbeitszeiten oder Remote-Arbeit. Diese Flexibilität wird oft als entscheidender Faktor für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz angesehen und kann dazu beitragen, dass junge Talente motiviert und produktiv bleiben. Denn: Unternehmen, die diese Bedürfnisse erkennen und entsprechende Arbeitszeitmodelle anbieten, können sich als attraktive Arbeitgeber positionieren und von einem engagierten und loyalen Mitarbeiterstamm profitieren.
In der letzten Zeit wird aber oft angenommen, dass die junge Generation viel mehr Wert auf ihre Freizeit legt bzw. dass junge Menschen weniger arbeiten möchten. In der Realität zeigt sich jedoch, dass das Interesse an einer bestimmten Arbeitszeit bei jungen Arbeitnehmern im Laufe der Zeit abnimmt. Diese Entwicklung ist aber laut der Studie nicht ausschließlich bei der jungen Generation zu beobachten, sondern betrifft auch ältere Arbeitnehmende.
Von daher entsteht die Frage: Besteht tatsächlich bei heutigen Berufsanfängern eine geringere Bereitschaft, Zeit für ihre berufliche Laufbahn aufzubringen, verglichen mit früheren Generationen?
Die Untersuchung des IW zu diesem Thema basiert auf regelmäßigen Umfragen unter zehntausenden Arbeitnehmern im Rahmen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) mit seinem umfangreichen sozialwissenschaftlichen Datensatz.
Rückgang der gewünschten Arbeitszeit auch bei älteren Mitarbeitenden
Die Analyse nach Altersgruppen zeigte tatsächlich einen Rückgang der gewünschten Arbeitszeit über den Zeitraum von 2007 bis 2021 um mehr als 3 Wochenstunden. Aber, wie bereits erwähnt, es betrifft nicht nur die jüngste Altersgruppe. Sogar bei den Altersgruppen der 26- bis 40-Jährigen (um etwa 2 Wochenstunden) und der über 40-Jährigen (um knapp 3 Wochenstunden) wurde ein Rückgang der durchschnittlich bevorzugten Arbeitszeit festgestellt.
Die Analyse schloss abhängig Beschäftigte ein, jedoch keine Schüler, Studenten und Auszubildende. Es wurden auch bei der Auswertung geringfügig Beschäftigte einbezogen, da die Ausübung eines Minijobs ebenfalls eine Ausdrucksform der gewünschten Arbeitszeit sein kann. Die Wunscharbeitszeit im SOEP wurde unter dem Hinweis abgefragt, dass sich der Lohn entsprechend ändern würde, wenn von der tatsächlichen Arbeitszeit abgewichen wird.
Arbeitszeitwünsche junger Arbeitnehmer sinken stärker bei niedrigen Löhnen
Eine genauere Analyse junger Arbeitnehmer zeigte, dass die gewünschte Arbeitszeit besonders stark bei Beschäftigten mit niedrigen Stundenlöhnen gesunken ist. Zwischen 2007 und 2021 sank die Wunscharbeitszeit der jungen Arbeitnehmer im unteren Viertel der Lohnskala um 6,3 Wochenstunden, während sie im oberen Viertel nur um 3,0 Stunden sank. Ebenso nahm die Arbeitszeit stärker ab bei jungen Arbeitnehmern ohne Berufsausbildung im Vergleich zu denen mit Hochschulabschluss.
Im SOEP werden auch die Erwerbswünsche von nicht erwerbstätigen Jugendlichen wie Schülern oder Studenten analysiert. Diese können angeben, ob sie in Zukunft lieber Vollzeit oder Teilzeit arbeiten möchten. Zwischen 2017 und 2021 ist bei jungen Menschen unter 30 Jahren ein Rückgang des Wunsches nach Vollzeitbeschäftigung von 62 auf 48 Prozent zu beobachten.
SOEP eine Langzeitstudie, die in Deutschland durchgeführt wird. Sie untersucht die Lebensbedingungen von Privathaushalten über einen längeren Zeitraum hinweg und bietet Daten zu Themen wie Arbeit, Bildung, Einkommen, Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Das SOEP wird vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) durchgeführt und ist eine der wichtigsten Datenquellen für die empirische Sozialforschung in Deutschland.
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