Interview 10.02.2025, 14:00 Uhr

Wenn Mobbing im Job zum Verbrechen wird

Mobbing ist nicht nur ein soziales Problem, sondern kann in seiner extremen Form zu einem Verbrechen werden. Marit Wildt greift dieses Thema in ihrem Kriminalroman Krallen im Rosenstift auf.

Mobbing

Mobbing am Arbeitsplatz kann tiefgehende psychische und berufliche Folgen haben. (Symbolbild)

Foto: PantherMedia / Antonio Guillen Fernández

Die Autorin ist der Redaktion unter ihrem richtigen Namen bekannt, denn Marit Wildt ist ein Pseudonym. Sie hat eine psychologische und therapeutische Ausbildung und hat über zwanzig Jahre in einer Leitungsfunktion gearbeitet. Sie hat Mobbingerfahrungen in einem spannenden Roman mit Krimihandlung verarbeitet. So macht sie in ihrem Buch die destruktive Wirkung von Mobbing emotional erfahrbar und greifend nah.

Können Sie erklären, warum Sie Mobbing als eine Form von Verbrechen betrachten?

Ich habe im Buch ein Zitat von Prof. Joachim Bauer, einem Hirnforscher aus Freiburg, vorangestellt. Er beschreibt, dass das systematische Verweigern von zwischenmenschlichem Erkennen und Anerkennen – also genau das, was bei Mobbing passiert – ein Akt der Unmenschlichkeit und ethisch verwerflich ist. Das Wort „Verbrechen“ verwendet er zwar nicht direkt, doch ein derart unmenschliches und moralisch verwerfliches Handeln könnte durchaus auch als Verbrechen verstanden werden.

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In meinem Buch zeige ich auf, wie Mobbing und Ausgrenzung wirken. Wie es sich anfühlt, wenn man nicht mehr wahrgenommen wird, keine Anerkennung erfährt und Menschen sich hinter dem eigenen Rücken abwenden. Solche typischen Ereignisse aufgrund von Mobbing können tragische Ausmaße annehmen – etwa wie bei der Ärztin Dr. Elke Küßner, die sich das Leben nahm. Ich habe ihr mein Buch gewidmet.

Auch meine Protagonistin, die Einrichtungsleiterin Lona Frey gerät an diesen Punkt. Sie beginnt, die Stimmen von außen zu hören, die ihr vermitteln: „Du sollst nicht mehr da sein.“ Hirnforscher wie Joachim Bauer haben gezeigt, dass soziale Ausgrenzung für das Gehirn tatsächlich existenziell bedrohlich ist – wie ein psychologischer Tod.

Mein Buch möchte jedoch nicht beim Tod enden, sondern vielmehr zeigen, wie wichtig es für Betroffene ist, Hoffnung, Unterstützung und Perspektiven zu finden, um diese Situation zu überstehen.

Mobbing am Arbeitsplatz: Besonders gefährdete Berufsfelder und die Rolle von Vorgesetzten

Mobbing kann natürlich in jedem Beruf und in jeder Art von Arbeitsverhältnis vorkommen, nicht wahr? Welche Bereiche halten Sie für besonders anfällig für Mobbing?

Im sozialen Bereich, wie in der Pflege, im Gesundheitswesen, im Kindergarten oder auch in der Polizei, Schule, sind Menschen tatsächlich häufiger von Mobbing betroffen. Aber das bedeutet nicht, dass Mobbing nicht auch in anderen Bereichen wie in Unternehmen oder bei Ingenieuren vorkommt.

Mobbing am Arbeitsplatz wird oft von Vorgesetzten oder Chefs initiiert. Etwa 50 % der gemeldeten Fälle betreffen sogenannten „Bossing“, also Mobbing, das direkt vom Chef oder Vorgesetzten ausgeht. Wenn ein Vorgesetzter jemanden durch Ausgrenzung oder andere Formen der Unterdrückung loswerden möchte, kann das zu solchen Fällen führen.

Welche Gründe sehen Sie dafür?

Im öffentlichen Sektor ist es häufig der Fall. Häufig betrifft das ältere Mitarbeiterinnen, die teuer sind und aufgrund ihres Status nicht gekündigt werden können. Da kann Mobbing bewusst eingesetzt werden, um jemanden so unzumutbar zu behandeln, dass die betroffene Person schließlich von sich aus geht oder arbeitsunfähig wird.

Früher habe ich Mobbing nicht in der Dramatik wahrgenommen. Als mir eine Mitarbeiterin berichtete, sie werde von Kollegen gemobbt, dachte ich oft: „Ach, das wird schon nicht so schlimm sein, sie ist vielleicht einfach empfindlich.“

Mobbing oder zu empfindlich?

Die Autorin Marit Wildt. Foto: Ulrich Tiede

Die Autorin Marit Wildt.

Foto: Ulrich Tiede

Viele sagen, die Person sei einfach zu empfindlich, aber wo zieht man die Grenze? Wie lässt sich diese Grenze erkennen?

Mobbing im Arbeitsleben hat das klare Ziel, eine Person aus dem Beruf zu drängen.
Es muss über einen längeren Zeitraum hinweg stattfinden – über mehrere Monate – und hat das Ziel, dass die betroffene Person den Arbeitsplatz verlässt.

Es kann natürlich auch unter Kollegen vorkommen, dass jemand ausgegrenzt oder absichtlich gemobbt wird. Wenn ein Vorgesetzter davon erfährt, muss er umgehend reagieren. Das kann er jedoch nur, wenn er versteht, wie dramatisch Mobbing für die betroffenen Personen ist und welche gesundheitlichen Auswirkungen es haben kann. Deshalb ist es eine wichtige Aufgabe von Führungskräften, Mobbing zu erkennen und aktiv dagegen vorzugehen.

Die unsichtbaren Wunden des Mobbings

Es sei denn, das Mobbing geht von den Vorgesetzten selbst aus, oder?

Das ist besonders dramatisch und darum geht der Konflikt in meinem Buch. Viele Führungskräfte haben keine Kompetenzen im Umgang mit Konflikten und sind nicht teamfähig. Sie lassen Mobbing zu und betreiben selbst Mobbing. Viele Vorgesetzte sind unsicher und denken, sie dürften keine Fehler und Schwächen zugeben. Damit setzten sie sich selbst und andere unter Druck und schaffen eine negative Arbeitsatmosphäre. Das kann dazu führen, dass sie sich im Chefzimmer abschotten, dass sie Entscheidungen vor sich herschieben und sich mit Menschen umgeben, die sie nicht kritisieren. Diese Chefs fühlen sich durch kompetente und engagierte Mitarbeitern bedroht.

Haben Sie vor dem Schreiben Ihres Buches viele Gespräche geführt und Erfahrungen mit anderen Menschen gesammelt?

Ja, ich habe viele Menschen getroffen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Im letzten Teil meines Buches geht es um die rechtliche Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht – ein Thema, über das man kaum etwas weiß.
Lona Frey lässt sich auf einen langen Kampf vor Gericht ein. Statt um Mobbing geht es üblicherweise vor dem Arbeitsgericht dann jedoch um ungerechtfertigte Abmahnungen, Hausverbote und unrechtmäßige Kündigungen. In der Regel ist das Ergebnis die Aufgabe des Arbeitsplatzes gegen eine Abfindung. Die Rechtslage ist, dass die Mobbinghandlungen vom Geschädigten vor dem Arbeitsgericht bewiesen werden müssen. Wer also bereits das lange Leiden im Betrieb durchgemacht und bereits einige Klagen vor dem Arbeitsgericht hinter sich hat, wird dann erneut mit allen Lügen und Verleumdungen der Gegenseite konfrontiert. Ein solcher Prozess dauert Jahre und der psychische Druck ist enorm. Wenige Menschen können das durchstehen.

Haben Sie sich bewusst für dieses Genre entschieden, statt ein Sachbuch zu schreiben? Wollen Sie mit einem Krimi mehr Menschen für dieses Thema erreichen?

Ja, genau. Ich habe ursprünglich darüber nachgedacht, eine Petition zu starten, weil ich der Meinung bin, dass Mobbing als eine Straftat anerkannt werden muss – genauso wie Vergewaltigung oder Stalking. Ich habe auch schon Briefe an Ministerien geschickt, aber leider habe ich wenig Bereitschaft in der Politik gesehen, das Thema aufzugreifen. Ich dachte dann, dass es wichtiger ist, zunächst die Menschen für Mobbing zu sensibilisieren durch eine spannende Lektüre, die emotional bewegt. Und ganz nebenbei werden darin auch sachliche Informationen über Mobbing und die Theorie zur Konfliktentwicklung vermittelt.

Mobbing kann Leben zerstören – bis hin zum Suizid. Es ist nicht nur ein persönliches Drama, sondern auch eine große Belastung für die Familie und die Gesellschaft, wenn die Betroffenen krank werden und nicht mehr arbeiten können und das Sozialversicherungssystem zusätzlich belastet wird.

Das kann teuer werden!

Sie haben gerade gesagt, dass Mobbing eine teure Geschichte für die Gesellschaft ist. Ich habe gehört, dass es mittlerweile eine Studie gibt, die zeigt, dass psychische Erkrankungen stark zugenommen haben. Können Sie dazu mehr sagen?

Mobbing muss als eine Straftat ins Bewusstsein rücken, vor allem bei den Menschen, die Verantwortung für andere tragen – wie Vorgesetzte, Gruppenleiter oder Abteilungsleiter. Manchmal geschieht Mobbing auch unbewusst, etwa wenn jemand aufgehetzt wird, ohne zu wissen, dass er dem Betroffenen Unrecht tut.

Es geht darum, Sensibilität zu entwickeln – sowohl bei den Führungskräften als auch bei den Mitarbeitern. Eine Führungskraft muss lernen, Probleme frühzeitig zu erkennen, und die Symptome zu sehen, sei es psychisch oder auch körperlich.

Zum Beispiel, wenn ein Mitarbeiter, der immer zuverlässig war, plötzlich häufig krank ist oder zu spät kommt. Dann sollte der Vorgesetzte ein Gespräch führen. Dabei könnte herauskommen, dass der Mitarbeiter Angst hat oder Probleme mit seinen Kollegen hat und deshalb den Kontakt vermeidet oder sich krank fühlt. Ich hatte beispielsweise eine Mitarbeiterin mit sehr hohem Blutdruck. Im Gespräch stellte sich heraus, dass die Ursache massive Mobbinghandlungen von Kolleginnen waren.

Es ist daher wichtig, dass Führungskräfte entsprechend ausgebildet sind. Eine gute Ausbildung im Bereich zwischenmenschlicher Kommunikation und Führungskompetenz ist unerlässlich, um ein gesundes Arbeitsklima zu schaffen. Führungskräfte sollten in der Lage sein, Lügen, Intrigen und Mobbing zu unterbinden und stattdessen ein Umfeld zu fördern, in dem offene Kommunikation und Vertrauen herrschen. Ein gutes Vorbild zu sein, für alle Mitarbeiter da zu sein und Probleme sofort anzusprechen, ist entscheidend.

Rezept gegen Mobbing

Sie haben bereits einige wichtige Punkte genannt. Wenn Sie ein Rezept gegen Mobbing formulieren müssten, wie würde das aussehen?

Ja, dieses „Rezept“ gegen Mobbing – es ist im Grunde eine offene Haltung und eine positive Arbeitsatmosphäre. Das ist das A und O, damit Mitarbeiter gesund bleiben, motiviert sind und gerne zur Arbeit kommen. Letztlich ist es im Interesse jedes Unternehmens, ein solches Klima zu fördern. Führungskräfte sollten sich kontinuierlich weiterbilden, um in dieser Hinsicht sensibel und gut vorbereitet zu sein. Denn Mitarbeiterführung ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die viel Verantwortung mit sich bringt.

Ja, ich habe dieses Konzept selbst entwickelt, basierend auf meinen Erfahrungen als Führungskraft über mehr als 20 Jahre. Dabei habe ich stets darauf geachtet, eine positive Atmosphäre zu fördern. Es ist wichtig, regelmäßig mit den Mitarbeitern zu sprechen und sich nicht von ihnen zurückzuziehen. Dabei sollte man vor allem Gutes über die einzelnen Mitarbeiter erzählen – besonderes Engagement, gute Leistungen oder einfach nette, positive Eigenschaften. Das schafft eine gute Stimmung im Team. Ich nenne das „positiven Tratsch“.

Wenn jemand anfängt, schlecht über andere zu reden oder zu meckern, sollte man sofort eingreifen und klarstellen: „Das wollen wir nicht hören.“ Es ist entscheidend, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das Positives fördert und negative Gespräche unterbindet. Ein gutes Betriebsklima lebt von positiven Geschichten und einer offenen Kommunikation.

Darüber hinaus ist es wichtig, frühzeitig zu erkennen, wenn etwas nicht stimmt. Wenn Konflikte oder Probleme auftauchen, sollte man schnell das Gespräch mit den betroffenen Personen suchen und die Sache direkt klären. So verhindert man, dass alte Geschichten weitergetragen werden und die Situation eskaliert.

Also geht es darum, frühzeitig einzugreifen, bevor sich das Problem weiter ausbreitet?

Ja, es geht darum, frühzeitig Gespräche zu führen. Es gibt viele Chefs, die sich einfach ducken und sich nicht einmischen wollen. Sie sagen dann: „Macht ihr mal.“ Aber das sind keine guten Führungskräfte, weil die Mitarbeiter ihnen nicht vertrauen können. Wenn sie dann mal ein Anliegen haben oder etwas im Vertrauen sagen möchten, wird es nicht ernst genommen.

Wichtig ist, die Mitarbeiter ernst zu nehmen und auf ihre Anliegen einzugehen. Man muss sich auch bewusst machen, dass man selbst oft Vorurteile hat – ich habe das bei mir immer wieder festgestellt. Ich habe manchmal gemerkt, dass meine ersten Einschätzungen nicht zutrafen und dass es sich lohnt, offen und unvoreingenommen zu bleiben.

Wie haben Sie das gemerkt?

Indem ich mit den Mitarbeitern gesprochen habe, habe ich oft festgestellt, dass meine ersten Einschätzungen nicht immer zutrafen. Ein Beispiel: Eine Mitarbeiterin, die zuvor als Reinigungskraft gearbeitet hatte, wollte plötzlich eine Fortbildung zur Fachkraft machen. Zuerst dachte ich, das wird sie nie schaffen. Doch nachdem ich mit ihr gesprochen hatte und ihre Motivation verstanden habe, dachte ich: „Warum nicht? Probieren wir es.“ Sie hat die Ausbildung hervorragend gemeistert, und ich habe gemerkt, wie sehr ich mich in ihr getäuscht hatte. Man muss offen und auch selbstkritisch sein, um wirklich erkennen zu können, was in den Mitarbeitern steckt. Es geht darum, die Mitarbeiter ernst zu nehmen, sie zu fördern und an ihre Potenziale zu glauben.

Fehler müssen direkt und auf konstruktive Weise besprochen werden – und zwar im Rahmen einer gesunden Fehlerkultur im Unternehmen. Fehler dürfen passieren, und das sollte auch nicht negativ bewertet werden, solange wir offen über sie reden. Es geht darum, die Ursachen von Fehlern zu analysieren und sicherzustellen, dass sie nicht wiederholt werden. Fehler sind eine Gelegenheit, daraus zu lernen.

Wenn jedoch jemand immer wieder denselben Fehler macht, muss man natürlich auch ein ernstes Gespräch führen. Dann ist es wichtig, klarzustellen, ob das Verhalten auf Dauer tragbar ist. Aber auch in diesem Fall geht es nicht darum, jemanden zu mobben. Vielmehr muss man sachlich und fair an die Sache herangehen und deutlich sagen: „Wenn Fehler ständig wiederholt werden und keine Verbesserung erkennbar ist, müssen wir leider klären, ob eine weitere Zusammenarbeit möglich ist.

Die Kunst der Informationsbewertung und Unterstützung bei Mobbing am Arbeitsplatz

Ein weiterer interessanter Punkt, den Sie angesprochen haben: ‚Nicht alles glauben.‘ Was genau meinen Sie damit?

Das basiert auf eigener Erfahrung, die ich für sehr allgemein gültig halte, besonders wenn man Vorgesetzter ist. Als Führungskraft benötigt man Informationen aus dem Betrieb, aber oft gibt es Menschen, die versuchen, sich bei einem einzuschmeicheln. Sie kommen dann und sagen: „Ich erzähle Ihnen jetzt mal was im Vertrauen.“ Sie berichten über Kleinigkeiten wie Verspätungen oder andere negative Dinge, die sie über Kollegen gehört haben. Anfangs wusste ich nicht, was ich mit solchen negativen Informationen anfangen sollte. Es hinterließ bei mir ein ungutes Gefühl.
Also habe ich mir eine Regel aufgestellt: Wenn mir jemand etwas Schlechtes über einen Mitarbeiter erzählt, zum Beispiel die Sekretärin, die vielleicht über einen Kollegen schimpft, dann nehme ich das erstmal zur Kenntnis, aber ich handle nicht sofort. Auch wenn es von jemandem kommt, dem ich grundsätzlich vertraue, bedeutet das nicht, dass es wahr ist. Ich habe gelernt, dass es klug ist, solche Informationen zu sammeln, aber nicht gleich zu reagieren. Erst wenn ich die gleiche Information von einer anderen Person höre und vielleicht noch von einer dritten, dann nehme ich es ernst und spreche mit der betroffenen Person direkt. Auf diese Weise vermeide ich, Dinge zu glauben, die nicht immer stimmen.

Als Vorgesetzter muss man vorsichtig sein, welche Informationen man für wahr hält. Der beste Weg ist, direkt mit der betroffenen Person zu sprechen, offen zuzuhören und sich ein eigenes Bild zu machen.

Und wie kann man den betroffenen Personen helfen, wenn eindeutig erkennbar ist, dass jemand im Unternehmen gemobbt oder ausgegrenzt wird?

Zunächst einmal ist es wichtig, ein persönliches Gespräch mit der betroffenen Person zu führen. Man sollte ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Gefühle haben. Anschließend sollte man prüfen, welche Unterstützung sinnvoll ist. Ein erster Schritt könnte sein, die Person an den Arzt zu verweisen, um gesundheitliche Probleme wie Stress oder psychische Belastungen abzuklären. In manchen Fällen kann auch eine Kur oder therapeutische Maßnahmen helfen, um wieder aus der belastenden Situation herauszukommen. Es geht darum, der betroffenen Person zu zeigen, dass sie Unterstützung bekommt und nicht allein ist. Und natürlich muss man die Mobbinghandlungen von Kollegen untersagen.

Buchcover

Aber wie geht man vor, wenn das Mobbing tatsächlich vom Vorgesetzten ausgeht? In so einem Fall fühlt man sich ja als betroffene Person wirklich hilflos, oder?

Ja, das ist eine besonders schwierige Situation, wenn das Mobbing vom Vorgesetzten ausgeht und sogar noch vom Geschäftsführer oder Vorstand gedeckt wird, vor allem wenn es um strukturelle Veränderungen geht, die möglicherweise problematisch sind. Denn Menschen in Führungspositionen, wie die Ärztin, der ich mein Buch gewidmet habe oder meine Protagonistin Lona Frey, tragen Verantwortung für ihre Mitarbeiter und für die Organisation, aber auch für die Sicherheit und das Wohl ihrer Patienten.

Wenn sie durch Mobbing bedroht werden, fühlen sich die Betroffenen wirklich hilflos. Das ist genau der Punkt, an dem ein Gesetz erforderlich ist.
Wenn z.B. ein leitender Mitarbeiter Bedenken hat, sei es wegen technischer Mängel oder ethischer Fragen, und diese nicht ernst genommen werden – und wenn er dann gemobbt wird, um ihn aus dem Unternehmen zu drängen –, ist das eine sehr gefährliche und unfaire Situation. Und genau hier muss Mobbing als strafbares Vergehen anerkannt werden.

Ein Beispiel aus Frankreich zeigt, wie ernst die Folgen sein können: Bei der France Telecom wurden durch systematisches Mobbing so viele Menschen in den Selbstmord getrieben, dass die Staatsanwaltschaft ein Verfahren einleitete. Denn in Frankreich ist Mobbing eine Straftat. Das führte dazu, dass einige Manager ins Gefängnis mussten. Leider gibt es in Deutschland noch kein entsprechendes Gesetz, aber das wäre dringend notwendig.

Softcover ISBN 978-3-384-27572-1
Hardcover ISBN 978-3-384-27573-8 24
E-Book ISBN 978-3-384-27574-5

 

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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