Wenn Überstunden zum Dauerzustand werden
Ingenieure sind nicht zimperlich, wenn es um Gehaltsforderungen geht. Dass sie dafür ordentliche Leistungen und überdurchschnittlichen Einsatz bringen müssen, der mitunter mit Überstunden verbunden ist, versteht sich von selbst. Wenn Dienstreisen und zeitliche Arbeitsmehrbelastungen zum Dauerzustand werden, kann es bei dem einen oder anderen Ingenieur schon einmal zu privaten, physischen und psychischen Problemen kommen.
Manchmal wächst aber auch nur die allgemeine Unzufriedenheit mit dem Arbeitgeber, der mehr Überstunden fordert als es die Fairness gebietet – so zumindest aus der Sicht der Ingenieure.
Vorgesetzte sehen das Thema „Überstunden“ anders
Die Sicht der Vorgesetzten in Punkto Überstunden ist allerdings eine völlig andere. Es liegt ihrer Meinung nach in der Natur des Menschen, dass er sich generell über zu viel Arbeit beklagt. Wollten Vorgesetzte auf jedes Wehklagen eingehen, würde wahrscheinlich der Großteil der Arbeit liegen bleiben, sie dürften diese Arbeit selbst verrichten oder ständig neues Personal einstellen. Das Wehklagen über eine zu hohe Arbeitsbelastung dürfte den betreffenden Ingenieuren also wenig helfen.
Zudem darf auch nicht der immense Druck vergessen werden, den Geschäftsführungen und Vorstände auf ihre Führungskräfte ausüben. Es sollen ständig neue wirtschaftliche Rekorde aufgestellt werden (wovon natürlich Geschäftsführungen und Gesellschafter selbst nicht ungebührend profitieren). Die Arbeitsteams und Leistungsträger „als wichtigstes Kapital des Unternehmens“ werden da schon einmal als Urheber der Ergebnisse vergessen oder vertröstet. In der nächsten Runde werden von ihnen dennoch höchste Motivation und Überstunden erwartet, um alte Rekorde zu brechen, möglicherweise noch mit „ausgedünnten“ Mannschaften.
Überstunden: Knappe Personaldecke als Ursache
Die gegenwärtige Situation auf dem Arbeitsmarkt für Ingenieure macht es den Unternehmen sehr einfach, Argumente für die knappe Personaldecke und die daraus resultierende ständige Überbelastung zu bringen, die mit Überstunden verbunden sind. Man würde ja gerne weiteres Personal einstellen, es ist aber eben sehr schwierig, Ingenieure mit den passenden Qualifikationen zu bekommen!
In der Regel wird dann noch ein Loblied auf die exzellenten Leistungen der Mannschaft angestimmt. Und zu einer solch tollen Mannschaft passt eben auch nicht jeder durchschnittliche Ingenieur, der sich bei dem Unternehmen bewirbt. Aber man ist fest entschlossen und arbeitet unermüdlich daran, die Arbeitssituation zu verbessern und Überstunden zu vermeiden!
Mit anderen Worten: Stehen erst einmal die finanziellen Konditionen fest, zu denen der Ingenieur für sein Unternehmen arbeitetet, wird von ihm so ziemlich alles gefordert, was er bringen kann – zumindest wenn er sich im außertariflichen Bereich bewegt. Sich diesen Anforderungen zu entziehen ist äußerst schwierig. Erfahrungsgemäß ist nur eine Maßnahme wirklich wirksam, um wenigstens das Verständnis des Vorgesetzten zu erhalten: Überlastung und Überstunden müssen glaubhaft nachgewiesen werden. Darin liegt der kleine Unterschied.
Überstunden: Auslastungsdiagramm als Lösungsweg
Meist beklagen die Arbeitnehmer nur, dass dies oder jenes nicht mehr geht, weil sie überlastet sind. Sie zeigen für die Vorgesetzten aber nicht klar genug auf, warum es nicht geht. Und hier soll an Ressourcenauslastungsdiagramme erinnert werden, die im Projektmanagement und Zeitmanagement eingesetzt werden. Anhand solcher Diagramme kann der Auslastungsgrad dem Vorgesetzten sehr schön dargestellt werden. Soll es jetzt zu neuen Projekten kommen, ist schnell nachvollziehbar, was dann passiert. Vorgesetzter und betreffender Ingenieur müssen sich jetzt also gemeinsam Gedanken machen, gegebenenfalls müssen bestimmte Aufgaben wegfallen, nach außen vergeben oder mit einem anderen Qualitätsmaßstab erledigt werden, um eine völlige Überlastung und eine große Zahl von Überstunden zu vermeiden.
Derartig rationale Diskussionen sind natürlich nur dann möglich, wenn der Vorgesetzte wirklich helfen möchte, an der Situation etwas zu ändern. Kooperiert der Vorgesetzte nicht, so muss man sich über einen internen oder externen Stellenwechsel Gedanken machen, dabei allerdings aufpassen, dass man in Punkto Überbelastung oder Überstunden nicht vom Regen in die Traufe zu kommen.
Überstunden vermeiden, zeitliche Spielregeln festschreiben
Es muss von Anfang an klar formuliert werden, für welche Leistung das Gehalt gezahlt wird, und die zeitlichen Spielregeln müssen klar festgeschrieben werden, um zu viele Überstunden zu vermeiden. Aufgrund der guten Verhandlungslage für Ingenieure, dürfte heute viel mehr durchsetzbar sein als noch in früheren Zeiten! Eines muss jedoch auch klar sein: Wenn die Auftragsbücher bersten, hat jeder sein Maximum zu geben!
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