Altersteilzeit kann bei einer Insolvenz in Turbulenzen geraten
Viele ältere Arbeitnehmer haben sich bei der Altersteilzeit für ein Blockmodell entschieden, das sich aus einer aktiven und passiven Phase zusammensetzt. Seit 2004 ist eine Absicherung des in der aktiven Phase angesammelten Wertguthabens vorgeschrieben. Betroffene Arbeitnehmer sollten ihre Arbeitgeber um den Nachweis der entsprechenden Versicherung bitten. VDI nachrichten, düsseldorf, 13. 2. 09, fr
Durch Einführung des Altersteilzeitgesetzes soll älteren Arbeitnehmern ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglicht werden. Dies soll nach der Intention des Gesetzgebers vor allem dadurch erreicht werden, dass in den letzten Jahren nur noch in Teilzeit gearbeitet wird bei Ausgleich eines Teils des Differenzbetrages zum bisherigen Gehalt durch öffentliche Mittel.
Entgegen den Erwartungen der Politik entscheiden sich jedoch zirka 90 % der in Altersteilzeit Beschäftigten nicht für die Teilzeitarbeit, sondern für das Blockmodell. Bei diesem Modell arbeitet der Mitarbeiter während der so genannten Arbeitsphase voll, bekommt aber nur die Hälfte seines Gehalts zuzüglich einer Ausgleichszahlung. Daran schließt sich die Freistellungsphase an, während der er dann vollständig von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wird und bis zum Renteneintritt das verringerte Gehalt aus dem angesparten Wertguthaben weiter erhält.
Der Mitarbeiter tritt also während der Arbeitsphase mit seiner Arbeitskraft in Vorleistung. Aus dem erhofften sanften Übergang in die Rente kann jedoch schnell ein unsanfter Übergang in die Pleite werden, wenn der Arbeitgeber während der Freistellungsphase Insolvenz anmelden muss.
Das Bundesarbeitsgericht hatte im Jahre 2004 über das Schicksal des in der ersten Hälfte des Blockmodells angesparten Wertguthabens im Falle einer Insolvenz des Betriebes zu entscheiden. Das Gericht stellte klar, dass es sich bei den während der Freistellungsphase zu leistenden Zahlungen um eine in der Fälligkeit hinausgeschobene Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung handelt. Konsequenz daraus ist, dass diese Vergütungsansprüche lediglich Insolvenzforderungen sind. Insolvenzforderungen sind zur Insolvenztabelle anzumelden und werden nicht bevorzugt, sondern ebenso wie jede andere angemeldete Forderung auch aus der Insolvenzmasse bedient. Ob und wie viel Geld am Ende des Insolvenzverfahrens fließt, stellt sich dann erst bei Beendigung des in der Regel mehrere Jahre andauernden Insolvenzverfahrens heraus. Die durchschnittliche Quote, mit der Insolvenzgläubiger rechnen dürfen, liegt unter 5 %. Das Wertguthaben in der Freistellungsphase war daher bei einer Insolvenz des Betriebes praktisch wertlos.
Um dies zu verhindern, wurde mit Wirkung zum 1. Juli 04 die Verpflichtung des Arbeitgebers eingeführt, das Wertguthaben vor dem Verlust zu bewahren. § 8a ATZG verpflichtet den Arbeitgeber, das Wertguthaben einschließlich der darauf anfallenden Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung in geeigneter Weise gegen eine Insolvenz zu sichern. Das Gesetz schweigt aber darüber, was eine geeignete Absicherung darstellen kann.
Als geeignete Sicherung wird all das anzusehen sein, was im Falle einer Insolvenz nicht zur Insolvenzmasse gezogen werden kann, sondern tatsächlich dem Arbeitnehmer zugute kommt. Das kann z. B. eine Bankbürgschaft sein oder der Abschluss einer Versicherung. Entsprechende Produkte werden seit Einführung des § 8a ATZG von vielen Versicherungen angeboten.
Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihm die Absicherung des Wertguthabens nachweist, erstmals mit der ersten Gutschrift und dann alle sechs Monate. Kommt der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nicht nach, ändert das nichts an der Wirksamkeit des Altersteilzeitvertrages. Der Arbeitnehmer ist daher gut beraten, die Insolvenzsicherung erforderlichenfalls mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen.
Trotz dieser Vorschrift werden all diejenigen Arbeitnehmer, deren Altersteilzeit bereits vor dem 1. Juli 2004 begonnen hat, weiter zittern müssen: Sie haben keinen Anspruch auf nachträgliche Insolvenzsicherung ihres Wertguthabens. Ist der Arbeitgeber nicht bereit, freiwillig eine Insolvenzsicherung vorzunehmen, bleibt das Risiko des Einkommensverlusts in der Freistellungsphase.
Die Furcht vor dem Verlust des Wertguthabens im Falle einer Insolvenz kann Arbeitnehmer von der Vereinbarung einer Altersteilzeit abhalten. In vielen Betrieben existiert jedoch auch nach Einführung der Verpflichtung zur Insolvenzsicherung keine Nachfrage nach dem sanften Übergang in die Rente. „Wir beschäftigen rund 150 Mitarbeiter und hatten bis heute nicht eine Anfrage über die Vereinbarung einer Altersteilzeit“, so Manfred Brinkmann, Geschäftsführer der vom Düsseldorfer Architekten Walter Brune gegründeten Brune-Immobilien GmbH.
Eine größere Nachfrage nach der Altersteilzeit besteht dagegen im produzierenden Gewerbe. So sind beispielsweise die Beschäftigten der Metallindustrie durch Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge geschützt, die bereits vor Einführung des § 8a ATZG eine Insolvenzsicherung des Wertguthabens vorgeschrieben haben.
JASMIN THEURINGER
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