Testpflicht für Unternehmen: Das sind die arbeitsrechtlichen Auswirkungen der Corona-Beschlüsse
Arbeitgeber müssen ihren Beschäftigten Schnelltests anbieten. Das Bundeskabinett hat neben dem Gesetzesentwurf zur bundeseinheitlichen „Notbremse“ auch eine Änderung der Corona-Arbeitsschutzverordnung beschlossen. Fachanwalt Michael Fuhlrott klärt auf. Welche arbeitsrechtlichen Auswirkungen die Corona-Beschlüsse nach sich ziehen, lesen Sie hier.
Am 13. April hat das Bundeskabinett eine Änderung der Corona-Arbeitsschutzverordnung beschlossen. Für Arbeitgeber ziehen die Corona-Beschlüsse eine Konsequenz nach sich.
Demnach sind Unternehmen verpflichtet, ihren Beschäftigten einmal wöchentlich einen Corona-Test anzubieten. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die einem berufsspezifischen Risiko wie zum Beispiel direktem Kundenkontakt unterliegen, haben das Recht zweimal wöchentlich einen Corona-Schnelltest angeboten zu bekommen. Diese Regelungen sollen bereits kommende Woche in Kraft treten.
Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Fuhlrott stellt die arbeitsrechtliche Lage für Unternehmen und Beschäftigte dar.
Änderungen im Arbeitsschutz: Testpflicht für Unternehmen kommt
Die Anpassungen in der Corona-Arbeitsschutz-Verordnung werden im Wege einer Rechtsverordnung geregelt. Das unterscheidet sie zum Gesetzesentwurf zur „Notbremse“. Eine solche Verordnung kann die Bundesregierung eigenständig erlassen, denn sie bedarf keiner Zustimmung des Bundesrates. Mit einem Inkrafttreten wird im Laufe der 16. Kalenderwoche gerechnet. Ab dann besteht eine Testpflicht für Unternehmen. Das heißt, sie müssen ihren Angestellten Corona-Tests zur Verfügung stellen.
„Die Einführung einer Testangebotspflicht für Unternehmen kommt nicht überraschend“, so Arbeitsrechtler Michael Fuhlrott. „Eine bundesweite Pflicht für Unternehmen ist bereits im letzten Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz Ende März diskutiert worden und eine verpflichtende Einführung in Aussicht gestellt worden, wenn nicht ausreichend Unternehmen ihren Mitarbeitern freiwillig Tests anbieten“, so Fuhlrott weiter.
- Das Testangebot muss mindestens einmal in der Woche angeboten werden
- Bei berufsspezifischem Risiko zweimal wöchentlich
Geregelt ist das in der geänderten Regelung in § 5 Abs. 1 der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung.
Habe ich Anspruch auf einen Corona-Test, wenn ich im Homeoffice arbeite?
Arbeitgeber sollen ihren Beschäftigten mindestens einmal pro Kalenderwoche einen Corona-Test anbieten, sofern die Mitarbeiter nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten. Berufsgruppen mit spezifischem Risiko ist gemäß § 5 Abs. 2 der Arbeitsschutzverordnung zweimal wöchentlich ein Test anzubieten. Diese Berufsgruppen fallen unter die zweite Regelung:
- Beschäftigte, die in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind
- personennahe Dienstleistungen mit direktem Körperkontakt
- Angestellte, die betriebsbedingt häufig in wechselnden Kontakt mit anderen Personen treten müssen, die keinen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen
Corona-Beschlüsse: Arbeitgeber müssen Nachweise vier Wochen aufbewahren
Auf Unternehmen kommen weitere organisatorische Aufgaben zu, denn Arbeitgeber müssen die Nachweise über die Beschaffung von Corona-Tests oder entsprechende Vereinbarungen mit Dritten über die Testungen vier Wochen aufbewahren (§ 5 Abs. 3).
„Das erweiterte Testangebot gilt damit beispielsweise für Beschäftigte im Einzelhandel oder bei Friseuren. Da detaillierte Berufsgruppen aber nicht genannt sind, ist durch den Arbeitgeber jeweils zu prüfen, ob seine Arbeitnehmer unter die Regelung für die erweiterte Testpflicht fallen“, so Fachanwalt Fuhlrott.
Sind Arbeitnehmer verpflichtet die Testpflicht anzunehmen?
Nun kommen wir zu den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen. Die Regelungen sehen nämlich keine Testpflicht für Beschäftigte vor. Nach der angepassten gesetzlichen Regelung können diese freiwillig entscheiden, ob sie den Corona-Test annehmen möchten oder nicht: „Es handelt sich daher um eine Testangebotspflicht für Unternehmen, keine Testpflicht für die Beschäftigten“, so Fuhlrott. Die Kosten für die Corona-Tests sind durch die Arbeitgeber zu tragen, da es sich um eine Maßnahme des Arbeitsschutzes handelt.
Testangebotspflicht: Wie sehen die landesrechtlichen Vorschriften der Corona-Beschlüsse aus?
Doch es gibt noch weitergehende Regelungen, die Arbeitnehmer zu Corona-Schnelltests verpflichten. Diese sehen bestimmte landesrechtliche Vorschriften vor. So müssen sich Beschäftigte in Sachsen oder Berlin mit direktem Kundenkontakt zwingend testen lassen. Arbeitgeber haben darüber hinaus die Option, weitergehende Anforderungen umsetzen, so der Arbeitsrechtler:
„Dem Arbeitgeber obliegt eine Schutzpflicht für seine Beschäftigten. Ordnet der Arbeitgeber Tests verpflichtend an, so dürfte dies eine zulässige Maßnahme darstellen“, erläutert der Anwalt Fuhlrott und verweist dazu auch auf erste arbeitsgerichtliche Entscheidungen, die eine solche Anordnung gebilligt haben (ArbG Offenbach, Urt. v. 3.2.2021, Az. 4 Ga 1/21). „Besteht ein Betriebsrat, ist dieser bei einer solchen Anordnung allerdings zu beteiligen und darf dabei mitbestimmen.“
Ist Testzeit Arbeitszeit?
Viele Arbeitnehmer fragen sich nun, ob die Testzeit von der Arbeitszeit abgeht oder ob sie diese zusätzliche Zeit mit einplanen müssen. Darüber dürfte es noch Streit geben.
„Solange die Tests vom Arbeitgeber nicht angeordnet werden, wird es sich nicht um vergütungspflichtige Arbeitszeit handeln. Denn die Tests erfolgen nicht ausschließlich fremdnützig ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers, sondern jedenfalls auch im eigenen Interesse des Arbeitnehmers“, erklärt der Fachanwalt. „Daher dürfte für Testungen aufgewandte Zeit keine Arbeitszeit darstellen“, so Fuhlrott.
Verlängerung von Homeoffice
Weitere Regelungen der Arbeitsschutzverordnung bleiben in Kraft. Dazu zählt:
- Arbeitgeber sind verpflichtet, Bürobeschäftigten überall dort, wo möglich, eine Tätigkeit im Homeoffice zu ermöglichen
- Abstandsregelungen sind einzuhalten
- Pflicht, Masken zu tragen, wo Mindestabstände nicht eingehalten oder Einzelbürobelegungen nicht möglich sind
Das sind die bisherigen Corona-Beschlüsse
- Lockdown Verlängerung vermutlich bis 9. Mai
- keine Präsenz-Gottesdienste an Ostern
- Notbremse, wenn Sieben-Tage-Inzidenz an drei folgenden Tagen auf über 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner steigt
- 1. April (Gründonnerstag) und der 3. April (Samstag) wurden zunächst zusätzlich einmalig als „Ruhetage“ definiert – die Corona-Beschlüsse bezüglich eines Oster-Lockdowns wurden inzwischen allerdings wieder angepasst
- Private Zusammenkünfte sind im Kreis des eigenen Hausstandes und mit einem weiteren Haushalt möglich, jedoch auf maximal fünf Personen beschränkt
Corona-Beschlüsse: Bundesregierung hielt vorab freiwillige Umsetzung nach
Zunächst gab es keine einheitliche Verpflichtung für Unternehmen, Corona-Schnelltests anzubieten. Das hat aber nie bedeutet, dass die Bundesregierung dieses Thema schleifen ließ. Sie hält die (freiwillige) Umsetzung der Testpflicht nach. Nun ist die Entscheidung gefallen: Arbeitgeber unterliegen einer Testangebotspflicht.
„Unternehmen sollten daher aus eigenem Interesse zeitnah entsprechende Konzepte umsetzen und einführen. Wird in Unternehmen effektiv getestet, dürfte der Gesetzgeber keine Rechtfertigung haben, eine weitergehende Testpflicht Anfang April im Verordnungswege einzuführen“, bewertete Fuhlrott die Rechtslage.
Umsichtig handeln, kann der Verpflichtung vorbeugen. „Der Aufwand dafür dürfe allerdings nicht unterschätzt werden“, mahnt Fuhlrott. Die Einführung und Durchführung eines Testangebots für Angestellte bedeutet für Unternehmen einen großen organisatorischen Aufwand. Neben der Beschaffung der Corona-Tests, muss der Betriebsrat – sofern vorhanden – eingebunden werden. Welche Aufgaben und Pflichten ein Betriebsrat hat, lesen Sie hier. Da die Testergebnisse dokumentiert und dem Gesundheitsamt gemeldet werden müssen, kommen auf Betriebe datenschutzrechtliche Fragen auf. Es handelt sich nämlich um besonders geschützte Gesundheitsdaten.
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Corona-Schnelltest auf der Arbeit: Geeignetes Personal ist die Basis
Mit diesen Vorkehrungen ist es noch nicht getan, denn der Arbeitgeber sollten geeignetes Personal für die Testungen hinzuziehen – vor allem, wenn es sich nicht um Selbsttest handelt. Im Team gegenseitig Nasenabstriche machen ist keine gute Idee.
„Die Bescheinigung eines negativen Tests kann der Arbeitgeber nur erteilen, wenn er den Test auch durchführt. Der Arbeitgeber wird schließlich nicht bescheinigen können, dass der Arbeitnehmer sich zuhause im Wohnzimmer einen Schnelltest unterzogen und dieser nach seinen Angaben negativ war“, meint Fuhlrott.
Corona-Beschlüsse: Homeoffice bis Juni verlängert
Das Recht auf Homeoffice wurde in den Corona-Beschlüssen bis zum 30. Juni 2021 verlängert. Konkret heißt es, dass die Ermöglichung des Arbeitens von zu Hause aus und damit die Reduzierung von Kontakten auf dem Arbeitsweg „Gebot sein soll“. Arbeitnehmer finden hier Tipps, wie sie im Remote Job erfolgreich sind.
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Ruhetage über Ostern – das ganze Debakel
Der scharfe Lockdown über Ostern wurde von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als „Ruhepause“ bezeichnet. Gründonnerstag und Karsamstag sollten einmalig zwei Ruhetage darstellen.
„Ob damit nur eine Erweiterung der Kontaktbeschränkungen gemeint ist oder ob diese Tage als gesetzliche Feiertage definiert werden sollen, lässt sich dem Beschluss nicht entnehmen“, so Fuhlrott.
Der Fachanwalt gab weiter an, dass es denkbar wäre, dass die jeweiligen Bundesländer die Tage als Feiertage definieren. Dann würde dies nach dem Arbeitszeitgesetz auch dazu führen, dass an diesen Tagen grundsätzlich nicht gearbeitet werden dürfte. Doch daraus wurde nichts. Nach der Entscheidung mitten in der Nacht, erklärte Merkel kurz darauf, dass die Idee der Ruhetage nicht umgesetzt werden würde und entschuldigte sich bei den Bürgerinnen und Bürgern.
Prof. Dr. Michael Fuhlrott ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei FHM Rechtsanwälte sowie Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg.
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