Cybermobbing: Hilfe, mein Kind wird gemobbt
Mobbing gibt es nicht nur unter Erwachsenen, sondern auch unter Kindern. Tatsächlich ist Mobbing in Schulen und im Internet keine Seltenheit. In Fällen von Bullying oder Cybermobbing sind Kinder auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen. Sie sollten die Ängste ihres Kindes ernst nehmen und wissen, wie sie die Signale erkennen.
Inhalt des Artikels:
- Definition von Cybermobbing
- Arten von Cybermobbing
- Anzeichen beim eigenen Kind erkennen
- Hilfe bei Cybermobbing
- Straftatbestand Mobbing
Erpressung, der Raub von Markenkleidung, eventuell sogar Waffengewalt – so etwas hört man immer öfter auch von deutschen Schulen. Durch solche Fälle gerät Mobbing in den Fokus der Öffentlichkeit. Doch nicht immer ist Mobbing so offen brutal. Im Gegenteil. Unter dem Begriff Mobbing oder auch Bullying fallen sämtliche Arten von Hänseleien, Schikanen und Ausgrenzung.
Das Phänomen Mobbing in der Schule zieht sich durch alle Schichten. Gerade Kinder aus einem eher gut situierten und wohlbehüteten Elternhaus, wie es bei Ingenieuren und Informatikern oft der Fall ist, sehen sich in der Schule Mobbing ausgesetzt. Denn sie ziehen den Neid von weniger privilegierten Kindern auf sich. Dass sie selbst für diese Situation nichts können, ist dabei unerheblich. Doch nicht nur Neid ist ein Grund für Mobbing unter Kindern. Häufig gehören die Opfer einfach nur keiner Clique an oder sind aus irgendeinem Grund „anders“. Sie tragen die falsche Kleidung, sind schüchtern oder sprechen mit Dialekt.
Der Begriff Mobbing stammt vom englischen Wort „mob“, was so viel heißt wie pöbeln oder belästigen. In den vergangenen Jahren hat sich gerade bei Mobbing unter Kindern und beim Cybermobbing immer öfter auch der Begriff „Bullying“ durchgesetzt, was im Englischen von der Wortbedeutung her noch etwas stärker ist und tyrannisieren oder drangsalieren heißt. Im Deutschen werden die Worte synonym benutzt.
Cybermobbing – was ist das?
Neben dem klassischen Mobbing in der Schule hat sich in den vergangenen Jahren eine neue Form des Bullyings durchgesetzt: das Cybermobbing. Davon ist immer dann die Rede, wenn Kinder oder Jugendliche über das Internet gemobbt werden. Das kann über verschiedene Möglichkeiten geschehen. Entweder in den sozialen Medien (Instagram, Snapchat, Youtube), in Chatrooms, oder über Instant-Messenger (WhatsApp, Threema). Die Hemmschwelle für Mobbing im Internet ist deutlich geringer als etwa für das Mobbing in der Schule. In der Anonymität fällt es leichter, andere auszulachen oder zu verhöhnen. Die Täter müssen ihrem Opfer nicht in die Augen blicken. Dadurch fällt die unmittelbare Reaktion auf das Verhalten und somit ein mögliches Bewusstsein für das Empfinden und die Verletzung des Betroffenen aus. Ein entscheidendes Argument bei Mobbing unter Kindern und Jugendlichen.
Seit 1998 wird mit der JIM-Studie regelmäßig eine Basisstudie zum Medienumgang der 12- bis 19-Jährigen durchgeführt. Laut aktueller Umfrage hat in dieser Zielgruppe jeder Dritte in Deutschland mindestens einmal Mobbing im Internet selbst oder im Bekanntenkreis erlebt. Mädchen waren davon mit 42% häufiger betroffen als Jungen (33%). Je älter die Kinder und Jugendlichen, desto höher war auch der Anteil derjenigen, die Cybermobbing bereits im eigenen Umfeld erlebt hatten: Bei den Zwölf- bis 13-Jährigen waren es 26%, bei den 14- bis 15-Jährigen 37%, bei den 16- bis 17-Jährigen 40% und bei den 18- bis 19-Jährigen 46%. Gymnasiasten sind dabei mit 33% etwas seltener von Bullying betroffen, als Real- oder Hauptschüler mit 45%.
Wie genau Cybermobbing aussieht, ist unterschiedlich. Nur eines ist immer gleich: Der Täter – beim Cybermobbing auch „Bully“ genannt – sucht sich immer ein Opfer, das sich nicht gegen die Übergriffe wehren kann. Dadurch entsteht ein Machtungleichgewicht, das der Täter ausnutzt, um sein Opfer sozial zu isolieren. Die Mobber handeln meist anonym. Doch beim Cybermobbing unter Kindern und Jugendlichen kennen sich Opfer und Täter meist aus dem realen Leben. Zum Beispiel aus der Schule oder dem Wohnumfeld. Die Opfer haben meist eine Ahnung davon, wer hinter den Angriffen steckt. Nicht immer lässt sich das Cybermobbing vom Mobbing in der Schule trennen. Oft ist das Mobbing im Internet der Einstieg und setzt sich im Schulalltag fort.
Das passiert beim Cybermobbing im Internet
Anders als das Mobbing in der Schule können sich betroffene Kinder vom Cybermobbing nicht erholen. Mobbing im Internet endet nicht mit der Schulklingel. Auch das Zuhause bietet Kindern keinen Rückzug vor den Attacken. Mobbing im Internet hat viele Gesichter:
- Belästigung: regelmäßiges Versenden von verletzenden und erniedrigenden Nachrichten via SMS, Mail oder Messenger. Alternativ auch offene Beleidigungen in Chatrooms.
- Verleumdung: das Verbreiten von Gerüchten über soziale Netzwerke und Messenger-Gruppen, sodass das Opfer es sicher mitbekommt. Besonders fatal ist dabei der unüberschaubar große Empfängerkreis.
- Bloßstellen: Informationen oder Videos, die dem Täter oder einem Bekannten ursprünglich vertraulich zugänglich gemacht wurden, werden öffentlich gemacht, um das Opfer zu erniedrigen.
- Ignorieren: der Ausschluss des Opfers von sozialen Aktivitäten und Gruppen
- Cyberstalking: kontinuierliche Verfolgung und wiederholte Bedrohung via Nachricht, Anruf oder E-Mail. Der Unterschied zur Belästigung liegt darin, dass das Opfer aufgrund der zusätzlichen Bedrohung um die eigene Sicherheit fürchtet.
- Betrug: Dazu zählt der Diebstahl der Identität. Der Täter veröffentlicht im Namen seines Opfers peinliche Fotos oder Postings.
- Sexting: sexuelle Belästigung des Mobbingopfers durch anzügliche oder gar pornografische Fotos und Nachrichten. Davon sind vor allem Mädchen betroffen.
Eine Mischform ist das Mobbing in der Schule, das als Cybermobbing fortgeführt wird. Etwa, wenn das Opfer auf dem Schulhof geschlagen wird und später ein Video davon ins Internet gestellt wird. Für die vom Mobbing betroffenen Kinder sind solche Videos noch schlimmer als die Offline-Attacken. Denn das Internet vergisst nichts. Inhalte können immer wieder an die Öffentlichkeit gelangen und es den Kindern so erschweren, darüber hinwegzukommen. Etwa, wenn nach einem Schulwechsel die neuen Mitschüler das alte Video im Netz finden. Unter Umständen geht das Bullying dann in der neuen Schule weiter.
Anzeichen für Mobbing bei Kindern
Wie erkennt man, dass das eigene Kind gemobbt wird? Es gibt deutliche Warnsignale für Bullying oder Mobbing im Internet:
- Das Kind möchte nicht mehr zum Unterricht gehen
- Betroffene klagen häufig über Bauch- oder Kopfschmerzen, um dem Mobbing in der Schule zu entgehen
- Auch Appetitlosigkeit und Schlafstörungen können Anzeichen für Mobbing unter Kindern sein
- Die Opfer ziehen sich oft zurück, wirken ängstlich und niedergeschlagen – das ist vor allem ein Anzeichen für Cybermobbing
- Die schulischen Leistungen werden kontinuierlich schlechter
- Die Kinder weigern sich, ihre Freizeit mit Mitschülern zu verbringen
- Betroffene Kinder werden nicht mehr eingeladen, zum Beispiel zu Geburtstagsfeiern oder Partys
Wer den Eindruck hat, dass ein Kind Opfer von Bullyingattacken ist, sollte es unbedingt darauf ansprechen. Wichtig es ist, dem Kind das Gefühl zu geben, dass man seine Ängste ernst nimmt und es sich mit seinen Sorgen öffnen kann. Gemeinsam gilt es dann, zu überlegen, wie gegen die Täter vorgegangen werden kann. Eltern sollten dabei auch konkret mit den Lehrern zusammenarbeiten. Denn bei Mobbing in der Schule sollten diese die Möglichkeit haben, zeitnah eingreifen zu können. Haben diese Gespräche keinen Erfolg oder zeigt sich der Lehrer uneinsichtig, sollte der Weg zur Schulleitung führen.
Auf keinen Fall sollten Eltern lockerlassen, etwa, wenn der Lehrer abwiegelt und das Mobbing des Kindes als Missverständnisse und kleine Streitigkeiten abtut. Denn Mobbing bei Kindern kann schwerwiegende Folgen haben. Dazu zählen Essstörungen, Depressionen und auch Selbstmord. Durch die Suizide von vier britischen Schülerinnen rückte Cybermobbing vor einigen Jahren verstärkt in den Fokus der Medien. Sind die Mobbingattacken gegen das eigene Kind massiv, sollten Eltern deshalb unbedingt auch psychologische Hilfe suchen. Die Behandlung kann dabei mehrere Monate dauern und muss bei Suizidgefahr gegebenenfalls stationär erfolgen.
Cybermobbing – Tipps zur Soforthilfe
Ist das Kind Opfer von Mobbing im Internet, sollten als Soforthilfe einige wichtige Schritte erfolgen. Dabei sollten die Eltern ihrem Kind zur Seite stehen und alle Entscheidungen gemeinsam mit ihrem Kind treffen:
- Das Kind sollte sich schnellstmöglich eine neue E-Mail-Adresse aussuchen. Die alte Adresse können die Eltern beim Anbieter löschen lassen.
- Alle Nicknames in Chatrooms oder Foren sollten geändert werden. Gegebenenfalls sollten die Zugänge komplett gelöscht und neu angelegt werden. Eltern sollten mit ihrem Kind besprechen, auf welche Chatrooms sie vielleicht in Zukunft verzichten können.
- In sozialen Netzwerken ist das ändern der Namen nicht immer problemlos möglich. Eltern sollten den Kindern erklären, wie sie die Schutzmöglichkeiten der Netzwerke ideal nutzen. So können die Mobber in den Ignoriermodus gesetzt werden, was die direkte Kontaktaufnahme verhindert.
- Werden Fotos oder Videos hochgeladen, die das Kind in erniedrigenden Situationen zeigt, sollten Eltern dies umgehend dem Betreiber der Seite melden. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass solche Inhalte unverzüglich gelöscht werden müssen.
- Wird das Smartphone des Kindes fürs Cybermobbing genutzt, sollten die Eltern den Anbieter wechseln und ihrem Kind eine neue Telefonnummer besorgen. Diese sollte nur an vertrauenswürdige Freunde weitergegeben werden.
- Je nachdem wie schwerwiegend die Mobbingattacken sind, sollten Eltern klären, ob eine Straftat vorliegt. In diesem Fall sollten sie sich an die Polizei wenden und Anzeige erstatten. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.
Es gibt kein direktes Gesetz gegen Cybermobbing. Mobbing im Internet kann jedoch verschiedene Straftatbestände erfüllen. Dazu zählen die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs, Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, Stalking, Nötigung oder Bedrohung. In einigen Fällen greifen auch Urheberrechte, zum Beispiel wenn es um das Recht am eigenen Bild geht. Wichtig ist es, Belege für das Cybermobbing zu sammeln. Screenshots, also Bildschirmaufnahmen, zählen ebenso dazu, wie alle verfügbaren personenbezogenen Informationen zum Täter. Soll eine Strafanzeige bei der Polizei erfolgen, ist es hilfreich, die Fundstellen im Netz ebenso wie Links zum Täterprofil abzuspeichern.
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