Erfindungen dem Chef richtig melden
Arbeitnehmer müssen eine Erfindung ihrem Arbeitgeber melden, um am Erfolg eines möglichen Patents beteiligt zu werden. Der Bundesgerichtshof hat nun geklärt, wie eine Erfindungsmeldung aussehen muss. Details erläutert Patentanwalt Moritz Höffe im folgenden Gastbeitrag.
Der Fall, den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte, könnte alltäglicher kaum sein: Ein Unternehmen produziert Formteile aus Fasermaterialien. Der zuständige Projektingenieur hatte die Idee, die Fasern nicht mehr in die Maschine zu schütten, sondern sie gezielt einzublasen. So lassen sich die Formteile nicht nur präziser, sondern auch wirtschaftlicher herstellen. Der Ingenieur besprach seine Idee mit der Geschäftsführung und bot an, das Verfahren zu testen. Die Unternehmensleitung war mit dem Vorhaben einverstanden. In der Folge unterrichtete der Ingenieur in zwei Zwischen- und einem Abschlussbericht seine Vorgesetzten über den Fortgang seiner Untersuchungen.
Als sich der Arbeitgeber danach nicht um eine Patentanmeldung bemühte, nahm der Ingenieur die Sache selbst in die Hand. Er ließ seine Idee patentieren. Für ihn stand fest: Er habe seinen Arbeitgeber so gut informiert, dass dieser das wirtschaftliche Potenzial seiner Idee jederzeit gut hätte bemerken können. Spätestens nach Vorlage seines Abschlussberichts hätte der Arbeitgeber die Erfindung für sich beanspruchen können und müssen.
Der Bundesgerichtshof war jedoch anderer Meinung. Nach Ansicht der Richter hatte der Arbeitgeber nicht erkennen können, dass hier eine patentwürdige Erfindung vorliegt. Das Patent gehöre deshalb nicht dem Ingenieur, sondern seinem Arbeitgeber (Aktenzeichen X ZR 72/10).
Bedeutend ist diese Entscheidung, weil das oberste Gericht hier erstmals Kriterien für eine rechtlich sichere Erfindungsmeldung festlegt. Diese Meldung ist die Grundlage aller Rechte und Ansprüche, die Mitarbeitern und Unternehmen aus Erfindungen entstehen, die am Arbeitsplatz gemacht wurden.
Erfindungen gehören grundsätzlich dem Erfinder
Grundsätzlich gehören Erfindungen dem Erfinder. Es gibt allerdings eine wesentliche Ausnahme für Angestellte, Arbeiter und Beamte: Ist eine Erfindung aus der Tätigkeit im Betrieb oder mit dem Know-how entstanden, das am Arbeitsplatz erworben wurde, gilt sie als sogenannte Diensterfindung. Das Arbeitnehmererfindungsgesetz legt für diesen Fall fest: Das Recht, eine solche Erfindung wirtschaftlich zu verwerten, liegt zuerst beim Arbeitgeber. Im Gegenzug muss der Arbeitgeber den Mitarbeiter am Gewinn aus seiner Erfindung beteiligen.
Der Arbeitgeber hat bis zu vier Monate Zeit, sich zu entscheiden, ob er die Erfindung wirtschaftlich vermarkten will. Teilt er dem Erfinder mit, dass er die Idee nicht weiter verfolgen will, fällt das Recht an der wirtschaftlichen Verwertung an diesen zurück. Der Mitarbeiter kann dann seine Idee auf eigene Rechnung als Patent oder Gebrauchsmuster schützen lassen.
Erfindungen müssen dem Arbeitgeber als schriftliche Idee eingereicht werden
In Gang gesetzt wird dieses Verfahren durch die Erfindungsmeldung. Hier sind zuerst die Mitarbeiter, die eine Erfindung für sich beanspruchen, in der Pflicht. Sie müssen ihre Idee schriftlich beim Arbeitgeber einreichen, und zwar in einer eigenen Mitteilung und nicht als Teil anderer Berichte oder Informationen. Sie müssen dabei deutlich machen, dass es sich aus ihrer Sicht gegebenenfalls um eine Erfindung handelt. Die Meldung muss die technische Aufgabe, ihre Lösung und das Zustandekommen der Erfindung beschreiben. Zudem sollte der Erfinder angeben, wer an der Entwicklung beteiligt war und hervorheben, was er als seinen eigenen Anteil ansieht.
Erst mit einer solchen Erfindungsmeldung, so der BGH, kann der Arbeitgeber seine Aufgabe erfüllen. Er muss nämlich jetzt tätig werden und prüfen, ob eine verwertbare Erfindung vorliegt und ob er diese wirtschaftlich nutzen will, indem er etwa ein Schutzrecht anmeldet. Außerdem muss das Unternehmen entscheiden, wie hoch die Vergütung für den oder die Erfinder ausfallen soll und wie diese aufzuteilen ist.
Erfindungen: Durch eine Erfindungsmeldung frühzeitig Ansprüche anmelden
Der Bundesgerichtshof hält die Pflicht der Mitarbeiter, ihren Arbeitgeber so umfassend über eine mögliche Diensterfindung zu informieren, für derart entscheidend, dass er praktisch keine Ausnahme zulässt. Das ist für Diensterfinder jedoch kein Nachteil: Schon mit einer Mitteilung, die sie ausdrücklich als Erfindungsmeldung kennzeichnen, können sie frühzeitig ihre Ansprüche anmelden. Mit dem Eingang dieser Erfindungsmeldung, die der Arbeitgeber schriftlich bestätigen muss, beginnen für diesen die gesetzlich vorgesehenen Fristen. Fehlen dem Arbeitgeber noch Informationen, muss er diese innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Meldung vom Erfinder anfordern und diesen dabei, falls nötig, auch unterstützen. Beanstandet er die Erfindungsmeldung innerhalb dieser Frist nicht, gilt die Erfindung als ordnungsgemäß gemeldet – mitsamt der Verpflichtung, den Erfinder für seine Idee zu honorieren.
Dr. Moritz Höffe ist Patentanwalt in der Kanzlei Grünecker, eine der größten europäischen Patent- und Rechtsanwaltskanzleien mit Sitz in München.
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