Haftungsrisiko in Verträgen eingrenzen
Damit es bei Produktmängeln zwischen Hersteller und Kunde geregelt zugeht, empfehlen Rechtsexperten entsprechende Klauseln bereits vorab in Verträgen zu formulieren. So lassen sich Risiken der Vertragspartner klarer einschätzen, beispielsweise wenn es um Gewährleistungsansprüche geht. Ausnahme ist die Haftung für Personenschäden nach dem Produkthaftungsgesetz.
Wirnt Galster kennt die Reaktion seiner Zuhörer: „Das kann alles auf uns zu kommen?“, lautet der erstaunte Ausruf, wenn sich die Maschinen- und Anlagenbauer bewusst machen, welch verheerende rechtliche Folgen ein geringfügiger Produktfehler oder auch nur eine missverständliche Bedienungsanleitung haben kann. Von einem Tag auf den anderen sehen sich die Hersteller Ansprüchen ihrer Vertragspartner und anderer geschädigter Personen ausgesetzt. Ein Vertriebsstopp kann neben Umsatzeinbußen hohe Vertragsstrafen nach sich ziehen und wenn dann auch noch ein versprochener Auftrag ausbleibt und Entwicklungskosten umsonst waren, ist nicht selten die Existenz des Unternehmers gefährdet. „Solche Überlegungen sind jedoch kein Grund, in Panik zu verfallen“, beruhigt Galster, Corporate Governance Officer bei der Heidelberger Druckmaschinen AG. Wichtig sei es nur, richtig vorzusorgen.
Das fängt beim Vertrag an. „In den Schlechtwetterperioden einer Vertragsbeziehung steht deutlich besser da, wer einen vernünftig durchdachten Vertrag hat“, sagt Galster. Damit lassen sich die Risiken von Seiten des Vertragspartners mindern – z. B. dessen Gewährleistungsansprüche für mangelhafte Produkte oder weil Garantien nicht eingehalten wurden. Die Ansprüche reichen von Nachbesserung bis zum Schadensersatz.
Christian Steinberger gibt allerdings zu bedenken: „Im Rahmen der Produkthaftung sind die vertragsrechtlichen Möglichkeiten, die Haftung zu begrenzen, dagegen gering.“ Denn, so der Leiter der Abt. Recht im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), sehr oft sei der unmittelbar durch das fehlerhafte Produkt Geschädigte, z. B. der Werker an der Maschine, gar nicht der Vertragspartner des Herstellers. Außerdem lasse das Produkthaftungsgesetz, das eine Haftung für Personenschäden und Schäden an privat genutzten Sachen regelt, nicht zu, dass der Hersteller seine Ersatzpflicht im Voraus vertraglich begrenzt. Nach diesem Gesetz haftet der Hersteller für seine Produktfehler auch verschuldensunabhängig. Wenn es allerdings um Schadensersatz nach § 823 BGB für gewerbliche Sachen geht, die durch das fehlerhafte Produkt beschädigt wurden, kann sich der Hersteller entlasten, wenn er beweist, dass ihn an dem Fehler kein Verschulden trifft.
Im Hinblick auf die Produkthaftung ist es dem Hersteller durchaus möglich, zumindest im Verhältnis zu seinen Vertragspartnern – etwa zwischen Zulieferer und Endhersteller – die Verantwortlichkeit für Produktfehler zu verteilen, z.B. die Haftung auf den jeweiligen Lieferanteil zu begrenzen.
Umso wichtiger ist es, sich zumindest auf vertraglicher Seite abzusichern. Das beginnt schon beim Vertragsentwurf, wo man von vornherein die Kontrolle übernehmen sollte, rät Vertragsexperte Galster. Erstens um spätere Ansprüche wegen angeblicher Schlechtleistung auszuschließen und zweitens um zu verhindern, dass der Vertragspartner einen über den Tisch zieht – etwa bei der Beschreibung des Vertragsgegenstands. „Vertragsgegenstand ist eine Hochleistungsstanze“, könnte beispielsweise im Vertrag stehen. In dem Vertragsteil „Definitionen“ könnte jedoch die Tatsache verborgen sein, dass es sich nur um mittelmäßigen Standard handelt: „Hochleistungsstanze im Sinne dieses Vertrages ist eine Maschine mit folgenden Leistungsmerkmalen¿.“. Das sei so, als würde man schreiben „Vertragsgegenstand ist ein roter Ferrari“ und unter Definitionen dann erläutert: „roter Ferrari im Sinne dieses Vertrages ist ein blaues Klappfahrrad“, sagt Galster. Die genaue Beschreibung des Leistungsgegenstands sei das A und O des Vertrages. Wer da schlampt und keine Leistungsmerkmale beschreibt und Pflichten vereinbart, läuft Gefahr, dass er am Ende nicht das bekommt, was er wirklich braucht und dies auch nicht einklagen kann.
Vertraglich vorsorgen sollten Hersteller aber auch, wenn es um Neuentwicklungen von Maschinen oder technischen Lösungen geht. Unter dem Stichwort „intellectual property“ unbedingt geregelt werden sollte – noch bevor die Erfindung gemacht ist – , wem die daraus entstehenden Schutz-, Patent-, Marken- oder Urheberrechte an Software zustehen sollen. Sonst kann es passieren, dass das Entwicklungsbüro die teuer bezahlte technische Lösung, gegen Papierstau an Druckmaschinen beispielsweise, als Patent anmeldet und an die Konkurrenz verkauft – ohne dass der Auftraggeber sie rechtlich daran hindern kann und zusehen muss, wie sein teuer erkaufter Wettbewerbsvorsprung dahin schmilzt.
Entwickler ihrerseits sollten prüfen, ob sich Investitionen im Hinblick auf einen noch zu erteilenden Auftrag bezahlt machen. Notfalls sollten sie in den Vertrag entsprechende Investitionsschutzklauseln aufnehmen, die ihnen eine angemessene Bezahlung ihrer Aufwendungen sichern, auch wenn der Auftrag letztlich nicht zustande kommt – und andernfalls von der Investition absehen, warnt Galster. Im Hinblick auf die Haftung des Herstellers für Produktfehler gegenüber unbeteiligten Dritten, sind Hersteller gut beraten, zumindest im Verhältnis zu ihren Vertragspartnern – etwa zwischen Zulieferer und Endhersteller – die Verantwortlichkeit für Produktfehler zu verteilen und die Haftung auf den jeweiligen Lieferanteil begrenzen.
„Wichtig ist es auch hier, sofort bei Abschluss eines solchen Zuliefervertrages sich den Ernstfall vorzustellen“, sagt Jurist Steinberger. Eine Möglichkeit Fehlern vorzubeugen, böten dazu Qualitätsmanagementvereinbarungen mit den Zulieferern, in denen vereinbart werden kann, dass etwa ein Lohnveredler ein internes Qualitätsmanagementsystem einrichten oder ein spezielles Audit absolvieren muss – z. B. um auszuschließen, dass versehentlich eine toxische Verbindung verarbeitet wird. EVA ENGELKEN
Mehr zum Thema „Verträge gestalten“
– Am 29./30. September 2005 informiert in Düsseldorf ein Seminar vom VDI Wissensforum über die „Optimale Vertragsgestaltung, Risikoanalyse und Claim-Management“.
– Am 26./27. Oktober 2005 beschäftigt sich die VDI nachrichten-Konferenz „Rechtssicherheit im Anlagen- und Maschinenbau“ in Pforzheim mit
Themen der Vertragsgestaltung und Produkthaftung.
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