Kein Kündigungsschutz für Leitende Angestellte
Wer sich während seiner Karriere darüber freut, endlich zu den Leitenden Angestellten zu gehören, sollte die Folgen genau kennen. Denn dem Plus an Verantwortung stehen erhebliche Nachteile zum Beispiel bei einer plötzlichen Trennung gegenüber.
Eine besondere Arbeitnehmergruppe stellen die Leitenden Angestellten dar. Dieser Begriff wird vom Gesetzgeber nicht einheitlich benutzt. Im Grundsatz unterscheiden sie sich aber von den sonstigen Arbeitnehmern dadurch, dass sie unterhalb der Ebene der Geschäftsführungsorgane für das Unternehmen oder einen Bereich des Unternehmens typische Unternehmerfunktionen, die für Bestand und Entwicklung des Unternehmens bedeutsam sind, mit eigenem erheblichen Entscheidungsspielraum wahrnehmen. Durch diese Sonderrolle stehen die Leitenden Angestellten im Vergleich zur sonstigen Belegschaft eher „im Lager des Arbeitgebers“.
Deshalb sind für diesen Personenkreis arbeitsrechtlich einige Besonderheiten zu beachten:
- Die Arbeitsvergütung der Leitenden Angestellten wird in der Regel frei ausgehandelt, da für sie, von Ausnahmen abgesehen, keine Tarifverträge bestehen. Wer aufgrund seiner Tätigkeit nicht mehr unter den Geltungsbereich der Tarifverträge fällt (außertarifliche Angestellte), wird von den jeweiligen Tarifvertragsparteien selbst bestimmt.
- Leitende Angestellte sind von der Geltung des Arbeitszeitgesetzes ausgenommen, d.h. sie unterliegen nicht den für Angestellte sonst geltenden Arbeitszeitbeschränkungen. Allerdings haben auch Leitende Angestellte einen Anspruch auf Bezahlung von Überstunden, wenn sie tariflich oder nur geringfügig über Tarif bezahlt werden.
Der am weitesten reichende Unterschied liegt aber in der folgenden Beschränkung des Kündigungsschutzes:
Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) muss eine arbeitgeberseitige Kündigung sozial gerechtfertigt sein durch personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe. Stellt sich in einem Kündigungsrechtsstreit heraus, dass die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt ist, kann das Gericht das Arbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 1 KSchG dennoch auf Antrag des Arbeitgebers gegen Zahlung einer Abfindung dann auflösen, wenn eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten ist.
Im Hinblick darauf, dass das Kündigungsschutzrecht ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz ist, sind deshalb an die Voraussetzung des Auflösungsantrags strenge Anforderungen zu stellen. Hierfür ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Der oft gebrachte und nicht näher belegte Grund, dass das Vertrauensverhältnis durch den Prozess zerstört sei, reicht nicht aus.
Bei Leitenden Angestellten kann demgegenüber der Auflösungsantrag des Arbeitgebers auch ohne nähere Begründung erfolgen. Er bleibt dann zwar zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet, eine Trennung vom Arbeitnehmer erfolgt aber auf jeden Fall. Diese erleichterte Trennungsmöglichkeit soll dem Umstand Rechnung tragen, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein besonderes Vertrauensverhältnis zur Gewährleistung einer erfolgreichen Zusammenarbeit erforderlich ist.
Der Leitende Angestellte genießt daher praktisch keinen Kündigungsschutz im herkömmlichen Sinn.
Leitende Angestellte im Sinne des KSchG sind Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche Angestellte. Sie müssen also unternehmensbezogene Aufgaben wahrnehmen, einen eigenen erheblichen Entscheidungsspielraum besitzen und sich in einem funktional bedingten Interessengegensatz zu den übrigen Arbeitnehmern befinden.
Im übrigen müssen sie zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sein, § 14 Abs. 2 KSchG. Dabei genügt es, wenn sich die selbständige Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis nur auf eine Betriebsabteilung, auf Arbeiter oder Angestellte oder eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern bezieht.
Die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis muss sich auf eine erhebliche Anzahl von Arbeitnehmern beziehen und nicht nur im Außenverhältnis, sondern auch im Innenverhältnis bestehen. Ein Sachbearbeiter, der lediglich über die Einstellung oder Entlassung einer Sekretärin selbständig entscheiden kann, ist noch kein Leitender Angestellter.
Auch müssen die Angestellten diese Befugnis „selbständig“ ausüben dürfen. An der Selbständigkeit fehlt es, wenn die Entscheidung des Angestellten von der Zustimmung einer anderen Person abhängt. Anders ist es, wenn es sich lediglich um eine Beratungspflicht handelt, das Entscheidungsrecht aber letztlich bei dem Leitenden allein liegt. An der Selbständigkeit mangelt es auch, wenn der Arbeitgeber ständig durch Einzelanweisungen maßgeblich auf die Entscheidungen Einfluss nehmen kann.
Diese strengen Anforderungen an die Einstufung eines Leitenden Angestellten im Sinn des § 14 KSchG werden nur in den seltensten Fällen erfüllt sein. Das „Vier-Augen-Prinzip“ wird heute fast überall praktiziert. Die Letztentscheidung wird der Unternehmer selbst treffen. Dies mag zwar als bürokratisch empfunden werden. In einem Arbeitsrechtsstreit kann dies aber den Ausschlag geben. CLAUS MUNDORF
Claus Mundorf: Leitende müssen im großen Umfang für Mitarbeiter voll verantwortlich sein.
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