Konkurrenz durch ehemalige Mitarbeiter
VDI nachrichten, Düsseldorf, 12. 5. 06, jul – Konkurrenz durch die eigenen Mitarbeiter – was dürfen ehemalige Arbeitnehmer und wovor schützt ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot? Solange das Arbeitsverhältnis besteht, ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, auf eine Tätigkeit zu verzichten, die eine unmittelbare Konkurrenz zu dem Betrieb seines Arbeitgebers bedeuten würde.
Ein Arbeitnehmer darf seinem Unternehmen während eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses keine unmittelbare Konkurrenz machen . Der Gesetzgeber umschreibt diesen Sachverhalt mit dem Begriff der „Treuepflicht“ und befreit damit gleichzeitig Arbeitgeber und Arbeitnehmer von einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung.
Wenn sich aber ein Mitarbeiter nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb selbstständig macht, so ist er nicht daran gehindert, sich in der unmittelbaren Nähe des Betriebs seines ehemaligen Arbeitgebers niederzulassen und dort die gleichen Leistungen anzubieten. Aus ehemaligen Vertragsparteien können also schnell Konkurrenten werden. Der selbstständige Betrieb darf bereits vorbereitet werden, während das Arbeitsverhältnis noch andauert. Zulässige Vorbereitungshandlungen sind z. B. das Anmieten von Geschäftsräumen und das Einstellen von Arbeitnehmern, nicht aber das Abwerben von Kollegen oder ein „Vorfühlen“ bei Kunden.
Will der Arbeitgeber sich davor schützen, dass seine Kunden an ehemalige Mitarbeiter abwandern, so kann er ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren. Das bedeutet, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird im Arbeitsvertrag vereinbart, dass der Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber keine Konkurrenz machen darf.
Da diese Vereinbarung einen erheblichen Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit darstellt, hat die Rechtsprechung ganz klare Grenzen gesetzt: Das vereinbarte Wettbewerbsverbot kann eine Tätigkeit nur dann ausschließen, wenn diese tatsächlich eine Konkurrenz für den Arbeitgeber bedeuten würde. Das Betätigen auf einem anderen Geschäftsfeld bleibt immer zulässig. So kann ein ausschließlich mit Beweissicherungsverfahren beschäftigtes Ingenieurbüro von seinen ehemaligen Mitarbeitern nicht verlangen, dass diese eine Tätigkeit als Baustatiker unterlassen. Ebenso kann die räumliche Geltung des Verbots nicht ins Uferlose ausgedehnt werden, das Wettbewerbsverbot muss sich an dem Einzugsgebiet des Arbeitgebers orientieren.
Aber selbst bei einem bundesweit tätigen Unternehmen wird ein auf ganz Deutschland erstrecktes Verbot meist an dem Grundrecht auf Berufsfreiheit scheitern. Es kann von dem Arbeitnehmer nicht verlangt werden, dass er entweder auswandert oder umschult, denn das käme einem Berufsverbot gleich. Auch zeitlich gibt es Grenzen: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann nur für längstens zwei Jahre vereinbart werden, danach ist der ehemalige Mitarbeiter frei. Schließlich muss die Vereinbarung zwingend vorsehen, dass dem ausgeschiedenen Mitarbeiter für die Dauer des Wettbewerbsverbotes eine so genannte Karenzentschädigung gezahlt wird.
Die Höhe dieser vom Arbeitgeber zu zahlenden Entschädigung muss mindestens 50 % der zuletzt bezogenen monatlichen Vergütung betragen. Auf die Karenzentschädigung wird das angerechnet, was der Arbeitnehmer anderweitig verdient. Verdient er nichts und bezieht sogar Arbeitslosengeld, dann kann es für den Arbeitgeber doppelt teuer werden: Kommen die Arbeitsämter zu der Überzeugung, die Arbeitslosigkeit sei durch das Wettbewerbsverbot verursacht, dann lassen sie sich das an den Arbeitnehmer gezahlte Arbeitslosengeld vom Arbeitgeber erstatten.
Gerade wegen der Karenzentschädigung nehmen viele Arbeitgeber Abstand von der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Das Wettbewerbsverbot wird in der Regel bei Beginn des Arbeitsverhältnisses geschlossen, da ist aber noch nicht abzusehen, ob der Mitarbeiter für den Betrieb tatsächlich einmal eine Gefahr sein wird. Es kann dann also passieren, dass ein Mitarbeiter nach einem halben Jahr ausscheidet, wegen mangelnder Aussichten auf dem Markt gar nicht beabsichtigt, dem Arbeitgeber die Kunden streitig zu machen, möglicherweise sogar ein Studium aufnimmt, und all das wird finanziert durch den ehemaligen Arbeitgeber. Der Arbeitgeber kann dann zwar auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots verzichten, dieser Verzicht befreit ihn aber erst nach einem Jahr von seiner Zahlungspflicht (sie befreit ihn allerdings sofort vor einer möglichen Inanspruchnahme durch das Arbeitsamt). Für Arbeitgeber, die Konkurrenz mehr fürchten als eine Karenzentschädigung, kann es ein guter Mittelweg sein, ein Wettbewerbsverbot zu vereinbaren, das erst ab einer Mindest-Beschäftigungsdauer wirksam wird.
Der Arbeitgeber kann bei einem Verstoß gegen ein wirksames Wettbewerbsverbot Unterlassungsansprüche geltend machen und auch Schadensersatzansprüche, wenn ihm nachweislich ein Auftrag entgangen ist.
JASMIN THEURINGER
Die Autorin arbeitet seit 1996 als Anwältin u. a. mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht in der Steuerberatungs- und Anwaltskanzlei Bellinger in Düsseldorf (Serie wird fortgesetzt).
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