Nordrhein-Westfalen will der Bestechung von Abgeordneten einen Riegel vorschieben
Der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) will Korruptionsregeln verschärfen und das Abmahnwesen eindämmen. Das sei auch aus Gründen der Gerechtigkeit nötig.
Eine härtere Gangart will der nordrhein-westfälische NRW-Justizminister Thomas Kutschaty einschlagen. Der SPD-Politiker will Korruption stärker bekämpfen und dazu die Bestechung von Abgeordneten generell unter Strafe stellen. Derzeit ist nur der Stimmenkauf bei Wahlen oder Abstimmungen eine Straftat. Außerdem will Kutschaty die „Abmahnzockerei“ beim Herunterladen von Dateien unterbinden und die Rechte der Mieter stärken.
Für den Minister sind das nicht nur rechtliche Probleme, sondern auch moralische. Anders als bei dem geflügelten Wort, dass ein Kläger vor Gericht nicht Recht bekäme, sondern ein Urteil, hält der Minister daran fest, dass Recht auch als gerecht empfunden werde müsse.
Kutschaty will nicht akzeptieren, dass z. B. einer Angestellten gekündigt wird, weil sie eine für den Abfall bestimmte Frikadelle gegessen hat, während Abgeordnete sich straflos mit „einem Koffer voller Bargeld“ bereichern dürften, etwa durch eine Spende von einigen Tausend Euro für ihre politische Arbeit. Das widerspreche auch den „grundlegenden Regeln des Anstands“, sagt Kutschaty. Er will deshalb noch in diesem Frühjahr für Nordrhein-Westfalen einen Gesetzesentwurf einbringen, mit dem Korruption von Abgeordneten zur Straftat erklärt wird.
Die „unzureichende Rechtslage“ in der Korruptionsbekämpfung hindere die Bundesrepublik daran, der UN-Konvention gegen Korruption vom 31. Oktober 2003 beizutreten. Weil das 160 Staaten schon getan haben, stehe Deutschland isoliert neben Staaten wie Syrien und dem Oman. Die Ansicht wird von Transparency International bestätigt. Deren deutscher Geschäftsführer Christian Humborg: „Wir können von anderen Staaten keine solchen Anti-Korruptionsregeln fordern, wenn es sie bei uns nicht gibt.“
Aus diesem Grund bekommen deutsche Unternehmen zunehmend keine Aufträge mehr aus dem Ausland: „Das ist bei uns regelmäßig ein Thema“, so bestätigt Heiko Willems vom Bundesverband Deutscher Industrie (BDI). Zahlen zur Höhe des Schadens aber gebe es nicht. „Wir sind in einer schwierigen Situation.“
Bedarf für eine gesetzliche Regelung sieht Kutschaty auch im Mietrecht. Der vor Weihnachten gefasste Beschluss des Bundestages gehe „auf Kosten der Schwächsten“, bemängelt Kutschaty. Will ein Vermieter künftig z. B. einfach verglaste Holzfenster gegen Isolierfenster austauschen, seien dem Missbrauch „Tür und Tor “ geöffnet. Mieter müssen drei Monate einen Umbau dulden, womöglich noch ohne Heizung, dürfen aber die Miete nicht mindern. Zudem dürfe der Vermieter jährlich bis zu 11 % der Modernisierungskosten vom Mieter fordern. Und das, obwohl der Vermieter dann schon von öffentlicher Förderung profitieren konnte.
Ein Dorn im Auge ist Kutschaty auch die „Abmahnabzocke“ bei Urheberrechtsverletzungen. Wird illegal eine Musikdatei aus dem Internet auf den PC geladen, so ergibt das pro Titel einen durchschnittlichen Streitwert von 10 000 €. Die daraus errechneten Anwaltskosten bei einer Abmahnung liegen bei 800 €. Bei allem Respekt vor dem Schutz geistigen Eigentums nennt Kutschaty diese Praxis „Geldmacherei bestimmter Anwaltskanzleien“. Die sollen künftig höchstens nur noch rund 84 € berechnen dürfen, der Streitwert pro Musiktitel soll künftig 500 € nicht überschreiten.
Im Jahr 2011 habe dieses „lukrative Geschäftsmodell“ der Anwälte (Kutschaty) die deutsche Bevölkerung rund 165 Mio. € gekostet.
Das Recht im Sozialstaat, so fasst Kutschaty seine Forderungen zusammen, muss jeden erreichen und „es muss auch für jeden erreichbar sein“. EBERHARD PH. LILIENSIEK
Ein Beitrag von: