Recht auf Abschalten: Ständige Erreichbarkeit am Arbeitsplatz? – Nicht in diesem Land!
Ständige Erreichbarkeit im Job belastet die Gesundheit und führt zu Stress und Burnout. Australien hat deshalb ein neues Gesetz verabschiedet, das es Arbeitnehmern erlaubt, nach Feierabend nicht mehr erreichbar zu sein, um sich zu erholen und die Work-Life-Balance zu verbessern.
Im digitalen Zeitalter wirkt sich die ständige Erreichbarkeit im Beruf stark auf die Gesundheit aus. E-Mails, Messenger-Dienste und Unternehmensplattformen sorgen dafür, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. Viele fühlen sich verpflichtet, auch nach Feierabend erreichbar zu sein, was zu mentalem Stress führt. Der dauerhafte Druck, immer verfügbar zu sein, verhindert die nötige Erholung und kann zu chronischem Stress und Burnout führen. Besonders betroffen sind Menschen in Berufen, in denen schnelle Reaktionen erwartet werden.
Australier haben daraus Konsequenzen gezogen, sodass Arbeitnehmer in Australien nun nach Feierabend nicht mehr erreichbar sein müssen.
Right to disconnect bzw. „Recht auf Abschalten“-Gesetz tritt in Kraft
Und das sind keine bloßen Worte. Viele Australier können ab sofort nach Feierabend im wahrsten Sinne des Wortes abschalten. Ein neues Gesetz gibt Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern das Recht, in ihrer Freizeit nicht für ihre Vorgesetzten erreichbar zu sein und Anfragen einfach zu ignorieren. Das sogenannte „Fair Work Legislation Amendment“ wurde noch im Februar vom Parlament verabschiedet.
Das Recht, sich abzumelden, ermöglicht es Arbeitnehmern auch, sich zu weigern, arbeitsbezogene Kontaktversuche oder -nachrichten von Dritten zu überwachen, zu lesen oder darauf zu reagieren, wie die Anleitung der Australian Public Service Commission zu den neuen Regeln erläutert.
Mit anderen Worten: Ab diesem Zeitpunkt tritt das „Recht auf Abschalten“-Gesetz in Kraft, das es Arbeitgebern verbietet, Arbeitnehmer zu bestrafen, die außerhalb der Arbeitszeiten nicht ans Telefon gehen.
Beschäftigte in mittelgroßen und großen Unternehmen dürfen nun nach Feierabend ihre Mobiltelefone ausschalten und müssen keine E-Mails mehr beantworten. Für Angestellte in Firmen mit weniger als 15 Mitarbeitern gelten diese neuen Regeln erst in einem Jahr. Allerdings gibt es Ausnahmen, wie etwa im Falle eines arbeitsbedingten Notfalls, bei dem das Ignorieren von Kontaktversuchen unangemessen sein könnte, berichtete der Sender 9News.
Eine Frage der psychischen Gesundheit
„Wir möchten sicherstellen, dass Menschen, die nicht 24 Stunden am Tag bezahlt werden, auch nicht 24 Stunden am Tag arbeiten müssen“, kommentierte Premierminister Anthony Albanese in einem Interview mit dem australischen Rundfunksender ABC. „Es ist auch eine Frage der psychischen Gesundheit, denn es geht darum, dass die Menschen von ihrer Arbeit Abstand gewinnen und sich wieder ihrer Familie und ihrem Leben widmen können“, zitiert die dpa seine Worte. „Es geht um sicherere Arbeitsbedingungen, das ist im Grunde genommen einfach gesunder Menschenverstand“, erklärte er in einem Interview.
Der Premierminister sagte, dass Menschen produktiver wären, wenn sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren könnten, ohne ständig abgelenkt zu werden. Er fand es unvernünftig, dass man um 22 Uhr erreichbar sein soll, wenn man einen Job von 9 bis 17 Uhr hat, und meinte, das würde zu besseren Arbeitsbeziehungen führen. Er erklärte, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer vernünftig klären müssten, was angemessen sei, und dass dies zu besseren Arbeitsverhältnissen führen werde.
Work-Life-Balance in Deutschland und in Australien
Medien berichteten, dass Studien gezeigt hätten, dass die Work-Life-Balance in Australien im Vergleich zu vielen anderen Ländern schlechter sei. Laut John Hopkins von der Fakultät für Wirtschaft, Recht und Unternehmertum der Swinburne University gibt es bereits in etwa 25 Ländern ähnliche Gesetze.
In Deutschland sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer außerhalb der festgelegten Arbeitszeiten grundsätzlich nicht verpflichtet, erreichbar zu sein. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie etwa die Rufbereitschaft, bei der Beschäftigte erreichbar sein und sich bereit halten müssen, entweder von zu Hause aus oder vor Ort, um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen. Bei Führungskräften kann zudem eine vertragliche Verpflichtung zur Erreichbarkeit auch außerhalb der regulären Arbeitszeiten bestehen.
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