Rechtliches zur Probezeit: Urlaub, Kündigung, Verlängerung
In den meisten Arbeitsverträgen ist eine Klausel zur Probezeit enthalten. Aber was bedeutet diese Phase rechtlich für einen Ingenieur oder Informatiker? Kann die Bewährungszeit verlängert oder verkürzt werden? Und kann man während der Probezeit Urlaub nehmen? Ingenieur.de hat die Antworten.
Inhalt des Artikels:
- Dauer der Probezeit
- Kündigungsfrist während der Probezeit
- Verlängerung der Probezeit
- Alternativen zur Verlängerung
- Verkürzung der Probezeit
- Urlaubsanspruch in der Probezeit
- Sonderregelung für Schwangere
Wer als Ingenieur oder Informatiker Karriere machen möchte, wechselt in der Regel im Laufe seines Lebens mehrfach die Stelle. Denn der langsame Aufstieg innerhalb eines Unternehmens ist zu einer seltenen Ausnahme geworden. Ob ein neuer Job hält, was er verspricht, weiß man jedoch erst nach den ersten Wochen. Diese Belastungsprobe ist ein gewisses Risiko für beide Seiten, weshalb sie mit einer eigenen Karrierephase bezeichnet wird: die Probezeit. Selbst wenn Sie Ihre bisherige Stelle erst kündigen, nachdem der neue Arbeitsvertrag unterschrieben ist, wäre es möglich, dass Sie innerhalb der Probezeit Ihrerseits eine Kündigung erhalten – und plötzlich arbeitslos werden. Dieses Risiko lässt sich nicht ausschließen und es kommt sogar vor, dass Arbeitgeber die Bewährungsphase verlängern möchten – ist das zulässig? Ingenieur.de informiert Sie über Ihre Rechte als Arbeitnehmer.
Wie lange dauert die Probezeit üblicherweise?
Die Dauer der Probezeit ist im Arbeitsvertrag festgelegt. Sie liegt selten unter 3 Monaten, gesetzlich möglich sind maximal 6 Monate. Eine verhältnismäßig kurze Phase wählen Arbeitgeber in der Regel für Positionen mit relativ hoher Fluktuation, die keine allzu hohe Qualifikation der Mitarbeiter voraussetzen, beispielsweise Hilfstätigkeiten in der Produktion. Und auch Führungskräfte haben in aller Regel eine kurze Probezeit, weil sie im Gegenzug nur einen abgeschwächten Kündigungsschutz genießen. Ingenieure in nicht-leitenden Positionen müssen hingegen damit rechnen, dass die Dauer ihrer Probezeit 6 Monate beträgt.
Da es sich bei der Probezeit um eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer handelt, können Sie die Dauer während des Einstellungsgesprächs durchaus verkürzen. Eventuell ist Ihr Arbeitgeber bei dem heutigen Fachkräftemangel sogar bereit, ganz auf die Bewährungsphase zu verzichten. Das hängt natürlich davon ab, wie geschickt Sie verhandeln, was genau Sie fordern und wie dringend Ihr künftiger Arbeitgeber Sie fürs Unternehmen gewinnen möchte. Bedenken Sie dabei jedoch: Falls Sie die Probezeit verkürzen möchten, gilt das selbstverständlich für beide Seiten. Auch für Sie selbst verkürzt sich die Testphase entsprechend.
Fehlt ein Hinweis auf eine Probezeit, können Sie sich gegebenenfalls darauf berufen. Es ist durchaus möglich, dass Regeln zur Probezeit in einem für Sie geltenden Tarifvertrag festgelegt sind. Sollten diese für Sie als Arbeitnehmer vorteilhafter sein, können Sie das ansprechen und nutzen. Denn entgegen der Meinung mancher Arbeitgeber muss eine Probezeit im Arbeitsvertrag aufgeführt sein und gilt nicht automatisch, sobald eine neue Stelle angetreten wird.
Welche Kündigungsfrist gilt während der Probezeit?
Das entscheidende Merkmal der Probezeit ist die besondere Möglichkeit zur Kündigung für beide Seiten. Sie kann an jedem beliebigen Tag ausgesprochen werden. Die Kündigungsfrist liegt während der Probezeit grundsätzlich bei 2 Wochen.
Die Angabe von Gründen ist nicht erforderlich. Sind diese nicht offensichtlich, ist es jedoch ratsam, dass der betroffene Ingenieur das Gespräch sucht. Falls ihm gekündigt wurde gilt es schließlich, diese Situation beim nächsten Job zu vermeiden. Falls er selbst gekündigt hat, kann er seinem Arbeitgeber wichtige Hinweise darauf geben, was während der Probezeit schief gelaufen ist. So kann auch der Arbeitgeber verhindern, dass der nächste Kandidat gleich wieder nach wenigen Wochen oder Monaten von der Fahne geht. Wie man ein solches Gespräch führt und welche Vorteile es für beide Seiten bringt, lesen Sie in unserem Artikel Exit-Interview.
Darf ein Arbeitgeber die Probezeit verlängern?
Die Dauer der Probezeit ist im regulären Arbeitsvertrag geregelt und ein bestehender Vertrag kann nur verändert werden, wenn beide Seiten zustimmen. Das ist die Gesetzeslage. In der Praxis sieht die Situation etwas anders aus. Nehmen wir an, es liegen Konflikte mit Kollegen vor oder es ist fraglich, ob Ihre fachliche Qualifikation für die neue Position ausreicht. Ihr Arbeitgeber möchte Ihnen daraufhin die Chance geben, die Konflikte beiseite zu räumen und sich im neuen Arbeitsbereich erneut zu beweisen. Daher spricht er die Probleme an und schlägt vor, die Dauer der Probezeit von 3 auf 6 Monate zu verlängern.
Nun sind Sie am Zug: Schlagen Sie dieses Angebot aus, erwecken Sie zum einen den Eindruck, dass Sie selbst nicht damit rechnen, Ihren Arbeitgeber innerhalb des neuen Zeitfensters zufriedenstellen zu können. Zum anderen wäre die Folge der Ablehnung vermutlich eine sofortige Kündigung durch den Arbeitgeber. Von ihr kann der Arbeitgeber während der Probezeit ohne Angabe von Gründen Gebrauch machen. Mit anderen Worten: Sie sollten es akzeptieren, wenn Ihr Arbeitgeber die Probezeit verlängern möchte und dafür gute Argumente ins Feld führt. Allerdings gilt es dabei zu bedenken, dass die gesetzlich zulässige Dauer der Probezeit bei maximal 6 Monaten liegt. Selbst in beidseitigem Einvernehmen ist eine Verlängerung darüber hinaus nicht zulässig.
Ein Punkt, in dem sogar auf Arbeitgeberseite oft Unsicherheit herrscht, greifen wir hier noch auf: Selbst bei einer Krankschreibung des Arbeitnehmers über einen beträchtlichen Zeitraum darf die Probezeit nicht verlängert werden. Denn nach 6 Monaten Beschäftigung greift grundsätzlich das Kündigungsschutzgesetz. Es betrifft Betriebe mit einer Größe von mehr als 10 Mitarbeitern in Vollzeit. Der größte Vorteil der Bewährungsphase, nämlich die zweiwöchige Kündigungsfrist ohne Angabe von Gründen, lässt sich aus diesem Grund nicht über die 6 Monate hinaus verlängern.
§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
Welche Alternativen gibt es zu einer Verlängerung der Probezeit?
Obwohl nach 6 Monaten Beschäftigung automatisch der gesetzliche Kündigungsschutz greift, gibt es natürlich Situationen, in denen der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, die Probezeit über diese Zeit hinaus zu verlängern. Eine Krankheit des Arbeitnehmers kann beispielsweise dazu führen, dass sich seine Leistung für den Vorgesetzten nicht beurteilen lässt. Vielleicht ist die Einarbeitungsphase auch nicht optimal verlaufen, der Arbeitgeber möchte dem Ingenieur aber die Chance geben, sich nochmals zu beweisen.
Wie bereits erwähnt, ist es nicht möglich, die Probezeit über 6 Monate hinaus zu verlängern, auch nicht bei einer Erkrankung des Arbeitnehmers. Es gibt jedoch verschiedene Wege, um eine unbefristete Weiterbeschäftigung hinauszuschieben. Ein naheliegendes Vorgehen wäre es, den Arbeitnehmer innerhalb der Bewährungsphase zu kündigen und zugleich einen neuen, befristeten Arbeitsvertrag mit der Option auf einen unbefristeten Vertrag im Anschluss anzubieten. Das ist jedoch nicht zulässig. Ein unbefristet geschlossenes Beschäftigungsverhältnis darf nicht auf diese Weise in ein befristetes umgewandelt werden.
Dennoch ist eine Kündigung während der Probezeit der einzige Weg, um die Bewährungsphase im Betrieb zu verlängern. Gewählt wird in diesem Fall ein Austrittsdatum, das nach dem Ende der Probezeit liegt. Dabei muss der Zeitraum jedoch unterhalb der längsten möglichen Kündigungsfrist liegen. Ist diese nicht per Tarifvertrag festgelegt, gilt die maximale gesetzliche Kündigungsfrist, die bis zu 7 Monate betragen kann. Empfohlen wird jedoch ein kürzerer Zeitraum von 4 Monaten bis zum Austrittsdatum, da dieser in Gerichtsurteilen bereits als angemessen bestätigt wurde. Das heißt: Endet die Probezeit zum 31. Juli desselben Jahres, könnte eine Kündigung bis maximal zwei Wochen vorher ausgesprochen werden. Als Austrittsdatum muss diese dann aber beispielsweise den 30. November nennen. Gleichzeitig sollte der Arbeitgeber in der Kündigung explizit darauf hinweisen, dass die Kündigung für eine weitere Erprobungsphase ausgesprochen wird und daher im Interesse des Arbeitnehmers liegt. Sonst könnte der Eindruck entstehen, die lange Frist sei nur zum Vorteil des Arbeitgebers gewählt. Das wäre unzulässig. Der Arbeitgeber muss also eine sogenannte aufschiebend bedingte Wiedereinstellungszusage erteilen. Bewährt sich der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum nicht, endet das Arbeitsverhältnis zum 30. November.
Eine Alternative zur Kündigung wäre es, während der Probezeit einen Aufhebungsvertrag zu schließen, ebenfalls mit Beendigungsdatum nach Ende der Probezeit und einer Zusage auf Wiedereinstellung, wenn die Bewährungsphase erfolgreich verläuft. Für den Arbeitnehmer könnte das jedoch zu Einbußen beim Arbeitslosengeld führen, falls er den Arbeitgeber nicht von sich überzeugen kann und das Arbeitsverhältnis tatsächlich beendet wird.
Ist es möglich, die Probezeit zu verkürzen?
In einem laufenden Arbeitsverhältnis ist es nicht üblich, die Probezeit zu verkürzen. Faktisch besteht auch kein Bedarf, da diese Erprobungsphase lediglich mit der Option verbunden ist, ohne Angaben von Gründen unter Wahrung einer zweiwöchigen Frist kündigen zu können. Sind beide Seiten zufrieden, gibt es keinen Grund, diese Möglichkeit aktiv zu eliminieren.
Anders sieht es aus, wenn ein Arbeitsvertrag noch nicht geschlossen ist und eine der beiden Parteien die sonst übliche Dauer von 6 Monaten von vornherein verkürzen möchte. In der Regel geht solch ein Wunsch vom Arbeitnehmer aus, der bei einem Stellenwechsel möglichst schnell Sicherheit haben möchte, dass er auf der neuen Position bleiben kann und nicht erneut nach einem Job suchen muss. Es ist daher möglich, dass er beim Einstellungsgespräch die Forderung stellt, die Dauer der Probezeit zu verkürzen. Gerade bei einer gefragten Fachkraft wird der Arbeitgeber diesem Anliegen womöglich entsprechen. Vorsicht: Das ändert nichts daran, dass der gesetzliche Kündigungsschutz erst nach 6 Monaten der Beschäftigung greift. Selbst bei einer verkürzten Bewährungsphase von 3 Monaten und einem unbefristeten Arbeitsvertrag wäre eine Kündigung durch den Arbeitgeber vor Ablauf der ersten 6 Monate also möglich. Lediglich die Kündigungsfrist würde sich verändern und nicht mehr den 2 Wochen im Rahmen der Probezeit entsprechen. Sie würde nach Ablauf der Probezeit der Frist entsprechen, die im Arbeitsvertrag explizit vereinbart ist – für beide Seiten. Fehlt eine solche Vereinbarung, greift die gesetzliche Kündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Monats.
Haben Ingenieure Urlaubsanspruch während der Probezeit?
In vielen Unternehmen ist es gelebte Praxis, dass Arbeitnehmer während der Probezeit keinen Urlaub einreichen. Die rechtliche Lage sieht jedoch anders aus. Zunächst einmal erwerben Ingenieure selbstverständlich mit Beginn der Beschäftigung auch einen Urlaubsanspruch. Gesetzlich sind es bei einer 5-Tage-Woche 20 Tage im Jahr, vertraglich können zusätzliche Urlaubstage vereinbart werden. Diese Zahl ist durch 12 zu teilen, um den monatlich erworbenen Anspruch zu ermitteln. Er muss ausbezahlt oder genommen werden, falls eine Kündigung innerhalb der Probezeit erfolgt.
Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer auch in der Probezeit einen Urlaubsantrag einreichen, den der Arbeitgeber nur verweigern darf, wenn gute Gründe dagegensprechen, etwa parallel verlaufender Urlaub anderer Mitarbeiter aus der gleichen Abteilung. Praktisch ist es natürlich nicht ratsam, Urlaubstage mit Gewalt durchzusetzen. Besser ist es, bereits im Vorstellungsgespräch eventuell feststehende Termine anzusprechen beziehungsweise bei akutem Bedarf – etwa der Einladung zu einer Hochzeit – zunächst aktiv das Gespräch zu suchen. Ist der Arbeitgeber mit der Leistung zufrieden, wird er dem Wunsch sicherlich zustimmen. Zumal Arbeitgeber in aller Regel ein Interesse daran haben, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub nicht am Stück, sondern über das Jahr verteilt in Anspruch nehmen.
Welche Sonderregelungen gelten für Schwangere während der Probezeit?
Schwangere sind nach dem Mutterschutzgesetz in besonderem Maße vor einer Kündigung geschützt. Das gilt auch während der Probezeit. Faktisch ist es nicht möglich, eine Kündigung auszusprechen, sobald die Schwangerschaft bekannt ist. Die werdende Mutter kann die Schwangerschaft sogar noch 2 Wochen nach der Kündigung angeben. Die Kündigung wird dann unwirksam. Die Kündigung einer Schwangeren ist während der Probezeit daher nur in seltenen Ausnahmefällen möglich, etwa bei Insolvenz des Arbeitgebers.
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