Juristische Themen für Ingenieure 29.07.2024, 10:35 Uhr

Technik im Recht: Warum Ingenieure von juristischen Kenntnissen profitieren

Außenstehenden mag die Juristerei wie ein undurchdringliches Dickicht erscheinen. Wer jedoch weiß, wie er sich rechtlichen Fragestellungen annähert, findet einen Einstieg. Gerade im Ingenieurwesen können juristische Kenntnisse für den beruflichen Werdegang relevant sein.

Juristische Kenntnisse im Ingenieurwesen: Eine wertvolle Ergänzung technischer Berufe. Foto: PantherMedia / NewAfrica

Juristische Kenntnisse im Ingenieurwesen: Eine wertvolle Ergänzung technischer Berufe.

Foto: PantherMedia / NewAfrica

Auch Dr. iur. Alfred Stapelfeldt plädiert dafür, keine Scheu vor juristischen Themen zu haben. Der Professor für Umwelt- und Klimaschutzrecht unterrichtet seit Januar 2024 an der Technischen Hochschule Bingen, wo er schwerpunktmäßig die interdisziplinären Studiengänge Umweltschutz sowie Klimaschutz und Klimaanpassung betreut. Diese richten sich unter anderem an angehende Ingenieur*innen. Sein (Lehr-)Auftrag: „Ich möchte die Studierenden befähigen, kompetent mit rechtlichen Fragen umzugehen.“

Was sind juristische Kenntnisse überhaupt?

Häufig ist es die Fülle an Gesetzen, die Laien geradezu erschlägt. „Wenn ich eine Windkraftanlage bauen möchte, ist es natürlich hilfreich zu wissen, welche baurechtlichen und technischen Vorschriften ich einhalten muss“, malt Stapelfeldt ein Beispiel aus: „Dies ist dann das reine juristische Fachwissen, das ich mir – salopp gesagt – eintrichtern kann.“ Sinnvoll sei dies allerdings nur bedingt, denn mitunter handle es sich bei Gesetzen um sehr dynamische Gebilde. „Was vor fünf Jahren für den Bau von Wind- und Solarparks galt, ist heute in Teilen bereits veraltet“, fasst der Rechtswissenschaftler zusammen.

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Viel wichtiger sei es demnach „die juristische Denk- und Arbeitsweise“ zu verstehen. Für Ingenieur*innen mag dies anfangs einen gedanklichen Spagat bedeuten: Statt den Gesetzmäßigkeiten der Naturwissenschaften zu vertrauen, komme es im Recht vor allem aufs Urteilsvermögen an. In der Rechtsprechung gehe es darum, „Argumente auszutauschen und vertretbare Lösungen zu finden“ – ein Prozess, der bekanntlich nicht immer zu demselben Ergebnis führen muss. An der geflügelten Redewendung von den „zwei Juristen mit den drei Meinungen“ ist durchaus etwas dran.

Mit seinen Studierenden übt Stapelfeldt daher zweierlei: Zum einen bringt er ihnen die Sprache der Juristen bei. Wer eine unbekannte Rechtslage überblicken möchte, sollte in der Lage sein, Gesetzestexte auf gehobenem Niveau zu „entschlüsseln“. „Die Arbeit mit Texten ist bei den Juristen das A und O“, so Stapelfeldt. Zum anderen setzt der Professor in der Gruppenarbeit auf Gedankenexperimente: „Es hilft, sich in die Sichtweisen von anderen zu versetzen, um mögliche Gegenargumente zu identifizieren und frühzeitig in die eigenen Überlegungen einzubeziehen.“

Für wen sind juristische Kenntnisse grundsätzlich interessant?

Wie weit sich Ingenieur*innen in juristisches Terrain vorwagen, kommt natürlich auf den beruflichen Weg an, den sie einschlagen möchten. Zu möglichen Spezialisierungen und/oder Berufsbildern, die beide Welten vereinen, kommen wir noch. Aber auch ganz grundsätzlich können Ingenieur*innen in vielfältiger Weise mit juristischen Fragestellungen konfrontiert sein.

Ob Autobahn, Industrieanlage oder Windpark: „Berührungspunkte mit juristischen Kontexten haben insbesondere Ingenieurinnen und Ingenieure, die in Projekten arbeiten, diese vielleicht sogar koordinieren; die mit Behörden interagieren und somit nach außen hin rechtlich relevant auftreten“, führt Dr. iur. Alfred Stapelfeldt aus. Auch wenn man sämtliche rechtlichen Details in dieser Funktion nicht unmittelbar überblicken müsse. Hierfür stehen den Projekten in der Regel Fachleute zur Seite.

Gerade die Kommunikation mit Expert*innen sei jedoch ein weiterer Grund, weshalb es sich lohne, ein Gespür für die Juristerei zu entwickeln. Immer häufiger werden Teams multidisziplinär besetzt. „Für das weitere Gelingen ist es vorteilhaft, wenn Sie verstehen, wovon die Juristin oder der Jurist gerade gesprochen hat“, so der Rechtsexperte, der umgekehrt an das Einfühlungsvermögen „seiner“ Zunft appelliert, um Sprache und Erfordernisse von Ingenieur*innen zu erfassen.

Spätestens, wenn sich Ingenieur*innen selbstständig machen, wird die Beschäftigung mit dem Recht zu einer existenziellen Frage. „Wie schließe ich rechtssichere Verträge mit meinen Auftraggebern? Wie sichere ich mich dagegen ab, dass ich in die Haftung rutsche?“, nennt Stapelfeldt elementare Beispiele. Insbesondere Haftungs-, aber auch das Patentrecht seien relevante Teilgebiete, wenn eigene Produkte entwickelt werden.

Freilich gibt es Einsatzgebiete, in denen man von Rechtsfragen unberührt(er) bleibt. Dann genügt es zu wissen, wen man im Fall der Fälle ansprechen kann. „Aber eigentlich begleitet dieses Thema jede Ingenieurin und jeden Ingenieur auf irgendeine Art und Weise“, ist Stapelfeldt überzeugt.

Dr. iur. Alfred Stapelfeldt erklärt, warum Ingenieur*innen von juristischem Wissen profitieren. Foto: Markus Dittrich | TH Bingen

Dr. iur. Alfred Stapelfeldt erklärt, warum Ingenieur*innen von juristischem Wissen profitieren.

Foto: Markus Dittrich | TH Bingen

Welche Spezialisierungen sind denkbar?

Daneben gibt es Betätigungsfelder, die eine gezielte Kombination von technischem und juristischem Wissen erfordern. Gerade bei Eingriffen, die den Umwelt- und Klimaschutz betreffen, liegen rechtliche Aspekte in der „Natur der Sache“ – gilt es doch, strenge Auflagen zu erfüllen und Emissionen und andere Auswirkungen aufs Umfeld genaustens im Blick zu behalten.

„Ein Teil unserer Absolventinnen und Absolventen arbeitet später in Umweltbehörden. Dort benötigen Sie das technisch-naturwissenschaftliche Wissen, um bestimmte Abläufe in der Natur zu erkennen. Auf der anderen Seite erteilen sie Genehmigungen und müssen daher die zulässigen Grenzwerte kennen“, erklärt Dr. iur. Alfred Stapelfeldt.

Ein Tätigkeitsbereich für Ingenieur*innen mit juristischen Kenntnissen, der sich in den vergangenen Jahren herausgebildet habe, sei der betriebliche Umweltschutz. „Ob Betriebsbeauftragte für Abfall, für Immissions- oder Gewässerschutz: Personen, die sicherstellen, dass im Unternehmen alles umweltkonform abläuft, sollten natürlich die rechtlichen Vorgaben kennen und gleichzeitig wissen, wie etwa die betriebseigene Kläranlage technisch funktioniert.“

Ähnlich verhalte es sich mit den Aufgaben des Klimaschutzmanagers, der vermehrt im kommunalen Bereich gefragt sei. Wer das Stadtklima verbessern möchte, der kennt nicht nur die technischen bzw. städtebaulichen Möglichkeiten, sondern weiß idealerweise auch, welche Maßnahmen in welchem Umfang zulässig sind.

Schnittstellen, in denen es auf die Vermittlung von Technik und Recht ankommt, finden sich aber auch in anderen Disziplinen des Ingenieurswesens. Nicht zuletzt dort, wo Richtlinien und Normen konsequent einzuhalten sind. Was wohl auf die allermeisten Fachrichtungen zutrifft. Jedoch ist der Brandschutz beispielsweise ein Bereich, der besonders viele gesetzliche und behördliche Vorschriften kennt.

Die Erneuerbaren Energien oder der Einsatz von Künstlicher Intelligenz hingegen sind Themenfelder, deren gesetzliche Grundlagen ständig novelliert werden oder noch vergleichsweise am Anfang stehen – wobei technische Möglichkeiten und rechtliche Vorgaben häufig in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen.

Welche Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung gibt es?

Mit der Wahl des Studiums lassen sich früh die Weichen stellen. Interdisziplinär aufgestellte Studiengänge bieten den Blick über den Tellerrand hinaus. So wie im Fall der Studiengänge Umwelt- und Klimaschutz in Bingen. „In Sachen Recht gibt es bei uns Module, die verpflichtend für alle Studierenden sind“, berichtet Stapelfeldt aus dem eigenen Lehrplan: „Wer mit der Pflicht durch ist, kann Jura abhaken – oder aber in Wahlmodulen vertiefen.“

Und wer erst zu einem späteren Zeitpunkt seiner Karriere feststellt, dass weitere juristische Kenntnisse nützlich wären? Diese Notwendigkeit zu erkennen, sei schon mal ein erster Schritt, findet Stapelfeldt. Je nach Fachgebiet gebe es unterschiedlichste Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung. „Wichtigstes Kriterium sollte ein konkreter Praxisbezug sein, das erleichtert den Einstieg enorm.“ Ein Tipp hierzu aus eigenem Hause: Der VDI bietet immer wieder Seminare und Workshops an, die auf die rechtlichen Fragen von Ingenieur*innen zugeschnitten sind.

Ein Beitrag von:

  • Patrick Torma

    Patrick Torma ist freier Journalist und Autor aus dem Ruhrgebiet. Sein Herz schlägt für Texte mit Aha-Effekt. Für ingenieur.de schreibt er über Technik-, Infrastruktur- und Karrierethemen.

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