Urlaub und Überstunden sicher für den Vorruhestand sparen
Rente mit 60 oder ein bezahltes Sabbatical-Jahr? Zeitwertkonten machen es möglich. Über zehn Jahre ist das „Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen“ (kurz Flexi-Gesetz) nun schon alt, doch weit verbreitet sind diese Konten noch nicht. Jetzt reformiert der Gesetzgeber es, denn an einigen Stellen lauern für Arbeitnehmer Gefahren.
Als in den 90er Jahren Firmen wie Girmes und Babcock Insolvenz anmeldeten, traf das nicht nur „große“ Gläubiger wie Banken. Die Insolvenzverwalter konfrontierten auch die Altersteilzeitler dieser Firmen, die sich in der Freistellungsphase befanden, mit so genannten Masseforderungen. Ihre für die Freistellung geleistete Arbeitszeit war nämlich nicht insolvenzgesichert. Daher wurden diese Werte dem allgemeinen Vermögenstopf zugewiesen, aus dem dann alle offenen Forderungen gegenüber dem Unternehmen bedient wurden.
Kurz darauf hat der Gesetzgeber diese Schutzlücke für Arbeitnehmer gestopft. Doch betrifft das nur die Altersteilzeit, die voraussichtlich nur noch bis Ende 2009 staatlich gefördert wird und damit ein Auslaufmodell ist.
Zeitwertkonten, auch Lebensarbeitszeit- oder Langzeitkonten genannt, werden nun als neue Möglichkeit für den vorzeitigen Ruhestand gesehen. Doch hier ist der Insolvenzschutz noch löchrig. Auf Zeitwertkonten können Arbeitnehmer Arbeitszeit, wie etwa Überstunden, oder Resturlaubstage sowie Lohnbestandteile (zum Beispiel Boni oder Weihnachtsgeld) ansammeln.
Wollen sie vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden oder die Arbeit einige Zeit ruhen lassen, lösen sie ihr Guthaben auf. Gespart wird Sozialabgaben- und steuerfrei. Wird das Guthaben aufgelöst, unterliegt es wie jedes Entgelt den dann geltenden Sozialversicherungs- und Steuersätzen.
Einer Untersuchung der Gothaer Lebensversicherung zufolge bietet bisher erst jedes fünfte Unternehmen seinen Beschäftigten Zeitwertkonten an. Doch Experten erwarten, dass diese Konten spätestens, wenn die Altersteilzeit-Regelung gestrichen ist, großen Auftrieb bekommen. Schließlich wollen, so die Gothaer-Untersuchung, 84 % der deutschen Arbeitnehmer früher als mit 67 in Rente gehen.
Bei der Gestaltung der Zeitwertkonten hat der Gesetzgeber Unternehmen und Arbeitnehmern bisher einen großen Spielraum gelassen und wenig geregelt – etwa bei der Insolvenzsicherung. „Zwar gibt es eine Pflicht zur Insolvenzsicherung, aber das Gesetz sieht bislang keine direkten Sanktionen bei Verstößen vor“, kritisiert Björn Schütt-Alpen, Vorstand der HDI-Gerling Pensionsmanagement AG.
Dabei stützt er sich auf eine Studie seines Unternehmens bei deutschen Mittelständlern. Danach gehen nämlich „viele Betriebe mit der Insolvenzsicherung der Zeitkonten nachlässig um“. Nur 43 % der befragten mittelständischen Unternehmen hätten ihre Zeitwertkonten auch für den Fall einer Unternehmensinsolvenz geschützt.
Die Änderungen des Flexi-Gesetzes, die schon zum 1. Januar 2009 in Kraft treten sollen, sehen nun vor, dass die Arbeitnehmer bei einer fehlerhaften Insolvenzsicherung Ansprüche auf Schadensersatz haben. Bürgschaften, Patronatserklärungen und Schuldbeitritte reichen dem Gesetzgeber als Insolvenzsicherung nicht aus.
Arbeitnehmer sollten heute schon darauf achten, dass ihre Konten (ebenso wie der Arbeitgeberanteil an den Sozialabgaben) extern gesichert sind – etwa über die Einzelverpfändung oder einen Treuhänder.
Bei der ersten Variante wird das Konto an den Arbeitnehmer verpfändet, so dass dieser im Falle der Insolvenz direkt Zugriff hat bei der zweiten sorgt ein Treuhänder dafür, dass diese Werte nicht der Insolvenzmasse zugerechnet, sondern dem Arbeitnehmer ausgezahlt werden.
Neu regeln will der Gesetzgeber zudem die Übertragbarkeit der Konten. Bislang gilt: Wer den Arbeitgeber wechselt, muss sein Konto auflösen. Dann bekommt er zwar sein Guthaben ausgezahlt, muss aber auch Sozialabgaben und Steuern entrichten und ist sein Zeitpolster für den vorzeitigen Abschied aus dem Erwerbsleben los. Ausnahme: Der neue und der alte Arbeitgeber einigen sich auf die Übernahme dieses Kontos. Hier stehen jedoch oft noch tarifvertragliche Regelungen oder Betriebsvereinbarungen entgegen. Künftig soll der Arbeitnehmer sein Konto mitnehmen können, wenn der neue Arbeitgeber auch Zeitwertkonten führt. Ist dies nicht der Fall, können die Werte auch auf die Deutsche Rentenversicherung übertragen werden. Diese Lösung stößt allerdings noch auf Missfallen, weil die Rentenkasse die Guthaben voraussichtlich geringer verzinsen wird als bei einer professionell gemanagten Geldanlage.
Bei Großkonzernen, wie VW, SAP oder IBM, sind Zeitwertkonten schon lange gang und gäbe. Schließlich helfen sie, die Auslastung der Betriebe optimal zu steuern und binden die Mitarbeiter stärker ans Unternehmen. Doch auch kleinere und mittlere Unternehmen müssen sich vom zusätzlichen Aufwand in der Personalverwaltung nicht abschrecken lassen und können diesen Vorteil nutzen.
Im Markt gibt es inzwischen einige Banken, Versicherungen und Beratungsfirmen, die sich auf das Management von Zeitwertkonten spezialisiert haben.
Ökotest sowie der Branchendienst Fuchs-Briefe haben jüngst einige Angebote untersucht. Gut schnitten dabei unter anderem das Bankhaus B. Metzler, die Deka-Bank, DWS, Fidelity Investment Services Ries Corporate Solution sowie die Versicherungsgesellschaften mit ihren vielfach auf dieses Geschäft spezialisierten Töchtern Allianz, AMB, Axa, Ergo, Gothaer, HDI-Gerling, R+V und Swiss Life ab.
MONIKA LIER
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