Änderungskündigung: Wann der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen ändern darf
Eine Änderungskündigung ist in der Regel mit schlechteren Bedingungen wie etwa weniger Gehalt oder einem anderen Arbeitsort verbunden. Kann ein Ingenieur sie deswegen ablehnen? Welche Fristen gelten? Und welche Rolle spielt der Betriebsrat?
- Wie muss eine Änderungskündigung aussehen?
- Wann ist eine Änderungskündigung erlaubt?
- Änderungskündigung bei Sondervereinbarungen
- Notwendigkeit der Änderungskündigung prüfen
- Rolle des Betriebsrats bei Änderungskündigungen
- Wie gehen Arbeitnehmer mit einer Änderungskündigung um?
Zwischen einer Änderungskündigung und einer ordentlichen Kündigung besteht für einen Ingenieur ein sehr großer Unterschied: Während eine ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet, geht eine Änderungskündigung per Definition Hand in Hand mit einem neuen Angebot. Ob eine Annahme mit oder ohne Vorbehalt infrage kommt, muss der Betreffende im Einzelfall entscheiden. Denn es ist individuell sehr unterschiedlich, wie groß die Einschnitte – etwa weniger Gehalt, geringere Stundenzahl oder abweichende Aufgaben – im Vergleich zu den bisherigen vertraglichen Vereinbarungen ausfallen. Doch darf ein Arbeitgeber die Arbeitszeit und damit auch das Gehalt einseitig absenken? Oder kann er über Jahre gewährte Sonderzahlungen einfach entfallen lassen?
Wie muss eine Änderungskündigung aussehen, damit sie wirksam ist?
Der erste Teil der Änderungskündigung besteht aus der ordentlichen Kündigung. Bei Betrieben mit Kündigungsschutz muss sie begründet werden. Darüber hinaus wird sie nur wirksam, wenn die geltenden Kündigungsfristen eingehalten wurden und der Arbeitnehmer das Dokument rechtzeitig und schriftlich erhalten hat. Eine mündlich ausgesprochene Änderungskündigung ist rechtlich nicht bindend. Das kann wichtig sein, wenn zum Beispiel ein niedrigeres Gehalt mit dem neuen Angebot verbunden wäre. Denn der neue Arbeitsvertrag wird erst nach Ablauf der ordentlichen Fristen zur Kündigung wirksam.
Wie Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen – von der Begründung über Kündigungsschutz und Kündigungsfristen bis zu möglichen Alternativen
Im zweiten Teil muss der Arbeitgeber das neue Angebot aufführen – und zwar detailliert. Eine allgemeine Formulierung wie „gemäß unserem persönlichen Gespräch“ ist nicht möglich. Die abweichenden Regelungen, etwa weniger Gehalt, andere Stundenzahl, andere Position im Betrieb oder anderer Arbeitsort müssen genannt sein.
Wann ist eine Änderungskündigung durch den Arbeitgeber erlaubt?
Einvernehmliche Vertragsänderungen sind im Rahmen des geltenden Rechts unproblematisch und jederzeit möglich. Eine Änderungskündigung basiert aber auf einer einseitigen Abänderung eines geltenden Vertrages und da sieht die Sache etwas anders aus. Immerhin gilt auch im Arbeitsrecht der Grundsatz „Pacta sunt servanda“, also „Verträge sind einzuhalten“. In diesem Fall wäre das der laufende Arbeitsvertrag. Entsprechend besteht eine Änderungskündigung aus zwei Teilen: der Kündigung sowie einem Angebot für ein neues Arbeitsverhältnis.
Für die Kündigung gelten die bekannten Regelungen, sie werden durch das nachfolgende Angebot nicht außer Kraft gesetzt. Im Klartext heißt das: In Kleinstbetrieben mit maximal zehn Mitarbeitern greift für Arbeitnehmer kein Kündigungsschutz. Hier kann eine Änderungskündigung unter Beachtung der geltenden Kündigungsfristen jederzeit ausgesprochen werden. Gezählt werden allerdings nicht die Köpfe, sondern die Arbeitszeit. Für elf Arbeitnehmer mit halber Stundenzahl besteht also ebenfalls kein Kündigungsschutz. Auszubildende werden zudem nicht mitgezählt.
In allen größeren Betrieben kann eine Änderungskündigung nur unter Beachtung des Kündigungsschutzes ausgesprochen werden. Als Kündigungsgrund sind daher nur personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Motive möglich. Diese muss der Arbeitgeber nachweisen. Außerdem muss die Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Schließlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, auch den besonderen Kündigungsschutz, etwa für Schwangere und behinderte Menschen, zu beachten.
In den meisten Fällen wird eine Änderungskündigung aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochen. Beispielsweise möchte der Arbeitgeber wegen einer schlechten Auftragslage die Stundenzahl des Ingenieurs reduzieren oder ihm weniger Gehalt zahlen. Auch der Wechsel eines Einsatzgebietes, der nicht durch den Arbeitsvertrag abgedeckt ist, kann über eine Änderungskündigung erfolgen.
Änderungskündigung bei Sondervereinbarungen
Nicht selten erhält der Arbeitnehmer Leistungen des Arbeitgebers, die nicht im Arbeitsvertrag geregelt und die auch nicht kollektivrechtlich geschuldet sind. Viele Arbeitgeber zahlen so beispielsweise jedes Jahr allen Arbeitnehmern ein 13.Gehalt. Durch ein mehrmaliges gleichförmiges Verhalten des Arbeitgebers kann eine sogenannte „betriebliche Übung“ entstehen. Der Arbeitnehmer hat in diesen Fällen einen einklagbaren Anspruch auf die zukünftige Gewährung der Leistung. Im Beispielsfall kann der Arbeitgeber daher nach mehreren Jahren nicht einseitig die Zahlung einstellen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn sich der Arbeitgeber die zukünftige Zahlung wirksam vorbehalten hat. Ob ein derartiger Freiwilligkeitsvorbehalt wirksam ist, muss jeweils im Detail geprüft werden.
Interessant ist auch die Frage, was passiert, wenn der Arbeitsvertrag und etwaige Betriebsvereinbarungen oder aber Tarifverträge zu bestimmten Themen unterschiedliche Regelungen enthalten. Denkbar ist zum Beispiel folgende Konstellation: Der Arbeitsvertrag sieht eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vor. Es wird ein Tarifvertrag abgeschlossen, der eine Arbeitszeit zu im Übrigen gleichen Konditionen von 38 Stunden pro Woche vorsieht. In diesen Fällen gilt das sogenannte Günstigkeitsprinzip. Es gelten dann die für den Arbeitnehmer günstigeren Konditionen. Im vorliegenden Fall wäre das in der Regel die 38-Stundenwoche. Dies gilt entsprechend, wenn eine zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat vereinbarte Betriebsvereinbarung eine vom Arbeitsvertrag abweichende Regelung vorsieht. Auch hier ist ein Günstigkeitsvergleich vorzunehmen. Der Arbeitnehmer kann sich auf die für ihn günstigere Regelung berufen.
Notwendigkeit der Änderungskündigung prüfen
Wann ist eine Änderungskündigung überhaupt notwendig? Das ist die erste Frage, die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer stellen sollten. Denn grundsätzlich hat der Arbeitgeber ein Weisungsrecht innerhalb eines gewissen Rahmens. Er kann seinen Beschäftigten also in vielen Fällen beispielsweise ein abweichendes Arbeitsgebiet zuweisen, ohne dass es einer Änderungskündigung bedarf. Wie umfangreich das Weisungsrecht ausfällt, hängt vom geschlossenen Arbeitsvertrag ab. Sind dort zum Beispiel konkrete Aufgaben aufgeführt, hat der Arbeitgeber wenig Spielraum. Sind Sie jedoch als „Ingenieur im Bereich Produktentwicklung“ angestellt, kann er Sie – in diesem Bereich – für andere Aufgaben einsetzen. Vorausgesetzt, Sie werden dadurch nicht herabgestuft, weil Ihnen in diesem Zuge die Führungsverantwortung für Mitarbeiter entzogen wird oder Ähnliches.
Das gleiche gilt für den Arbeitsort. Viele Verträge von Ingenieuren, die für größere Unternehmen arbeiten, enthalten Klauseln, in denen bei Bedarf pauschal eine Versetzung an einen anderen Einsatzort vorgesehen ist. Tritt dieser Fall ein, wäre das also durch den Arbeitsvertrag abgedeckt und eine Änderungskündigung überflüssig. Die Frage, ob eine Änderungskündigung für die angestrebte Veränderung nötig ist, kann wichtig werden, falls der Arbeitnehmer das Angebot ablehnt. Wenn Kündigungsschutz besteht und die Kündigung nicht angemessen ist, wird ein Arbeitsgericht diese ablehnen. Dann würde der Arbeitnehmer seinen alten Vertrag behalten und gegebenenfalls nur eine andere Aufgabe ausführen.
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Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer Änderungskündigung?
Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, sollten zusätzliche Regelungen beachtet werden. Ein Betriebsrat ist ab einer Größe von 5 Mitarbeitern möglich. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, für die Gründung eines Betriebsrates aktiv zu werden. Deswegen gibt es auch größere Unternehmen ohne eigenen Betriebsrat. Ist er jedoch gewählt, muss ihn der Arbeitgeber bei einer Änderungskündigung ausreichend anhören.
Versäumt es der Arbeitgeber, den Betriebsrat einzubeziehen, wird die Kündigung vor dem Arbeitsgericht abgelehnt. Möchte der Arbeitgeber ein neues Vergütungssystem im Unternehmen einführen und spricht dafür Massenänderungskündigungen aus, braucht er sogar die Zustimmung des Betriebsrats. Als Ingenieur sollten Sie bei einer Änderungskündigung also unbedingt Kontakt zum Betriebsrat aufnehmen, wenn es in Ihrem Unternehmen einen gibt. Das gilt unabhängig davon, ob Sie das neue Angebot annehmen oder ablehnen möchten.
Wie gehen Ingenieure am besten mit einer Änderungskündigung um?
Die Änderungskündigung liegt vor Ihnen auf dem Tisch und sie ist formal korrekt: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um die Situation zu analysieren. Wie ist das Verhältnis zu Ihrem Arbeitgeber? Haben Sie den Eindruck, dass er Sie wirklich im Betrieb halten will und sich eine Annahme des neuen Angebotes wünscht? Oder ist bei Ihnen das Gefühl entstanden, dass Sie in einen Ihnen unliebsamen Bereich abgeschoben werden sollen, damit Sie früher oder später – ohne Abfindung – von selbst gehen? Bei großen Konzernen ist es auch durchaus möglich, dass die Entscheidung quasi am Reißbrett getroffen wurde, ohne persönlichen Bezug zu einzelnen Mitarbeitern. Eine vierte Variante wäre, dass Sie sich bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung Sorgen machen müssen, wie lange das Unternehmen und Ihr Arbeitsplatz überhaupt noch Bestand haben werden.
Diese Überlegungen sind für die weitere Vorgehensweise entscheidend. Falls Sie sich im Betrieb wohlfühlen und dort grundsätzlich noch einige Jahre bleiben möchten, sollten Sie bei Vorlage einer Änderungskündigung zunächst das Gespräch suchen. Vielleicht lassen sich Kompromisse finden für geplante Änderungen, mit denen Sie nicht einverstanden sind. Weniger Gehalt ließe sich unter Umständen teilweise durch andere Vergünstigungen ausgleichen.
Haben Sie hingegen den Eindruck, dass die Änderungskündigung dazu dient, Sie aus dem Unternehmen zu drängen, sollten Sie sich umgehend einen Rechtsbeistand suchen und die weiteren Schritte besprechen. Insgesamt haben Sie eine Frist von 3 Wochen, um zu entscheiden, wie Sie mit der Änderungskündigung umgehen wollen. 3 Möglichkeiten stehen Ihnen zur Verfügung:
- Annahme der Änderungskündigung
- Ablehnung des Angebots (eventuell verbunden mit einer Kündigungsschutzklage)
- Annahme unter Vorbehalt (ist eine Kündigungsschutzklage nicht erfolgreich, wird das neue Angebot akzeptiert)
Annahme der Änderungskündigung – was müssen Sie unternehmen?
Die Änderungskündigung ist rechtens und Sie haben sich dazu entschlossen, das neue Angebot anzunehmen? Dann sollten Sie das Ihrem Arbeitgeber schriftlich mitteilen. Die Personalabteilung bereitet den neuen Vertrag vor, den Sie unterschreiben – aber zuvor gründlich prüfen. Denn bei einer Änderungskündigung dürfen nur die Passagen erneuert werden, die sich auf den Kündigungsgrund beziehen. Ein Beispiel: Ihr Arbeitgeber hat eine Änderungskündigung ausgesprochen, um Ihre Stundenzahl zu reduzieren und entsprechend weniger Gehalt zu zahlen: Dann darf er nicht plötzlich die Kündigungsfristen verändern.
Wenn Sie sich einig geworden sind, wird der neue Arbeitsvertrag wirksam, sobald die Frist zur Kündigung des bisherigen Vertrags abgelaufen ist. Betrug diese beispielsweise 6 Wochen zum Quartalsende, gilt der neue Vertrag ab dem ersten Kalendertag des nächsten Quartals – vorausgesetzt, die Änderungskündigung ist fristgerecht bei Ihnen eingetroffen.
Änderungskündigung ablehnen – welche Folgen hat das?
Sie besitzen einen gültigen Arbeitsvertrag, den Ihr Arbeitgeber nicht einseitig ändern kann. Es ist daher Ihre freie Entscheidung, ob Sie ein neues Angebot im Rahmen einer Änderungskündigung annehmen möchten – oder es ablehnen. Bei Ablehnung bliebe der erste Bestandteil der Änderungskündigung allerdings bestehen, also die ordentliche Kündigung.
Nun haben Sie 2 Möglichkeiten: Laut Arbeitsrecht steht Ihnen bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber eine Abfindung zu. Sie können diese akzeptieren und nach Ablauf der Frist das Arbeitsverhältnis beenden. Alternativ haben Sie 3 Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Das ist selbst dann empfehlenswert, wenn Sie sich auf eine neue Stelle bewerben möchten. Denn eine Kündigungsschutzklage bedeutet nicht automatisch, dass Sie anschließend in dem bisherigen Unternehmen weiterarbeiten. Wollen Sie Ihren Arbeitsplatz keinesfalls verlieren, ist eine Kündigungsschutzklage bei einer Änderungskündigung zwingend erforderlich.
Übrigens: Vor dem Arbeitsgericht herrscht keine Anwaltspflicht. Theoretisch könnten Sie sich in der ersten Instanz daher selbst vertreten. Praktisch ist das nicht empfehlenswert. Auch wenn eine weitere Besonderheit die Anwaltskosten sind, die jede Partei selbst zu tragen hat – auch wenn sie gewinnt. Der Verlierer muss allerdings die Gerichtskosten übernehmen, die sich nach der Höhe des Streitwertes richten. Ab der zweiten Instanz übernimmt der Verlierer auch die Kosten der Gegenpartei. Eine Rechtsschutzversicherung ist also unbedingt empfehlenswert.
Eine Änderungskündigung unter Vorbehalt annehmen – was bedeutet das?
Sie bezweifeln, dass die Kündigung rechtens ist. Aber falls Sie es sein sollte, würden Sie das neue Angebot gerne annehmen – was tun? Für solche Fälle gibt es die Annahme der Änderungskündigung unter Vorbehalt. Praktisch heißt das: Sie reichen eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht ein – wieder gilt die Frist von 3 Wochen. Parallel erklären Sie Ihrem Arbeitgeber, dass Sie die Änderungskündigung und das damit verbundene Angebot unter Vorbehalt annehmen. Das sollte unbedingt schriftlich erfolgen.
Wird die Kündigungsschutzklage abgewiesen, tritt nach Auslaufen der Kündigungsfrist der neue Arbeitsvertrag in Kraft. Er wird bei einer Annahme unter Vorbehalt also unabhängig vom anhängenden Verfahren vorbereitet. Erklärt das Arbeitsgericht die Änderungskündigung für unwirksam, bleibt der bisherige Arbeitsvertrag bestehen.
In der Praxis ist es durchaus möglich, dass nach Ablauf der Kündigungsfrist noch kein Urteil vorliegt, weil der Termin beim Arbeitsgericht erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet. In diesem Fall erfolgt zunächst ein Wechsel auf den neuen Arbeitsvertrag – ebenfalls unter Vorbehalt. Wird der Kündigungsschutzklage stattgegeben, gilt rückwirkend der bisherige Arbeitsvertrag, da die Kündigung vom Gericht abgelehnt wurde. Vereinbarungen wie weniger Gehalt müssen daher gegebenenfalls bei einer Annahme unter Vorbehalt ebenfalls rückwirkend korrigiert werden.
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