Wann der Arbeitgeber die Vergütung zahlen muss
Das Arbeitsrecht beherrscht im Regelfall der Grundsatz: „Kein Lohn ohne Arbeit“. Der Arbeitnehmer schuldet dem Arbeitgeber die Arbeitsleistung, der Arbeitgeber muss im Gegenzug die vereinbarte Vergütung zahlen. Diese Leistungen stehen an sich in einem untrennbaren Verhältnis. Arbeitet der Arbeitnehmer nicht, hat er keinen Anspruch auf Lohn, zahlt der Arbeitgeber keinen Lohn, ist der Arbeitnehmer berechtigt, seine Arbeitsleistung zurückzuhalten. Von diesem Grundsatz gibt es indes Ausnahmen, so etwa, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist und er im Geltungsbereich des Entgeltfortzahlungsgesetzes Anspruch auf die zeitlich begrenzte Fortzahlung seiner Vergütung hat. Ein weiterer Ausnahmefall liegt vor, wenn der Arbeitgeber sich mit der Annahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in Verzug befindet. Er ist nämlich grundsätzlich aus dem Arbeitsvertrag nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgegenzunehmen.
Voraussetzung eines Vergütungsanspruches aufgrund von Annahmeverzug ist zunächst, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht und dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß angeboten hat. Grundsätzlich ist dabei ein tatsächliches Arbeitsangebot notwendig, der Arbeitnehmer muss daher im Betrieb erscheinen und sich zur Arbeit zur Verfügung stellen. Ein bloß wörtliches Angebot genügt nach § 295 BGB dann, wenn der Arbeitgeber bereits zuvor erklärt hat, dass er die Arbeitsleistung nicht annehmen will. Dies kann er ausdrücklich tun oder durch konkludentes Handeln, etwa durch Ausspruch einer Kündigung oder Verweigerung des Zutritts zum Betrieb. Voraussetzung ist weiter, dass der Arbeitnehmer leistungsfähig und -willig ist. So ist ein Arbeitnehmer leistungsunfähig, wenn er arbeitsunfähig erkrankt ist, in diesem Fall kann der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht in Verzug kommen. Ein Fahrer ist nicht leistungsfähig, wenn ihm die Fahrerlaubnis entzogen ist, ein Arbeitnehmer, der für seine Tätigkeit eine Arbeitserlaubnis benötigt, ist nicht leistungsfähig, wenn ihm diese Erlaubnis fehlt.
Schließlich ist erforderlich, dass der Arbeitgeber trotz bestehenden Arbeitsverhältnisses, ordnungsgemäßen Angebotes der Arbeitsleistung und Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Arbeitnehmers die geschuldete Arbeitsleistung nicht annimmt. Eine solche Nichtannahme liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber statt der an sich dem Arbeitnehmer zugewiesenen Tätigkeit eine andere geringerwertige Tätigkeit zuweisen will, ohne zuvor das Arbeitsverhältnis geändert zu haben. Dann wird nämlich die geschuldete Arbeitsleistung nicht angenommen.
Ein Verschulden des Arbeitgebers an der Nichtannahme der Arbeitsleistung ist nicht erforderlich. Konsequenz ist, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, für die Dauer des Annahmeverzuges dem Arbeitnehmer die Vergütung zu zahlen, die der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er tatsächlich gearbeitet hätte. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, die unterbliebene Arbeitsleistung später nachzuholen. Dabei muss sich der Arbeitnehmer allerdings auf die Vergütung beim Arbeitgeber anrechnen lassen, was er durch Verwertung seiner Arbeitskraft anderweitig erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, § 615 BGB. Böswilligkeit ist dabei dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer trotz Kenntnis eine zumutbare Arbeitsmöglichkeit vorsätzlich nicht wahrnimmt. Dies kann auch eine Tätigkeit beim selben Arbeitgeber sein, wenn also etwa während eines Kündigungsschutzprozesses der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer anbietet, für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens an anderer Stelle im Betrieb tätig zu sein und der Arbeitnehmer dies ablehnt. Vor der Ablehnung derartiger Angebote muss daher in jedem Einzelfall geprüft werden, ob darin ein böswillig Unterlassen anderweitigen Erwerbs mit der Konsequenz liegen könnte, den Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung zu verlieren oder zumindest zu reduzieren, wenn die entgehende Vergütung geringer ist als die Annahmeverzugsvergütung.
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