Wann gilt für Ingenieure die Verschwiegenheitspflicht?
Durch das Arbeitsverhältnis kommen Arbeitnehmer in Kontakt mit Produktionsanlagen, Kundendateien und Vertragsunterlagen, also mit Einrichtungen und Informationen, die für Konkurrenten eines Unternehmens von erheblichem Interesse sein können. Als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis obliegt dem Arbeitnehmer die Treuepflicht, die ihm auferlegt, Schaden nach Möglichkeit von seinem Vertragspartner abzuwenden. Ohne besondere Vereinbarung hat der Arbeitnehmer deshalb Verschwiegenheit über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Dabei handelt es sich um alle Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen und die nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt und nicht offenkundig sind und die nach dem Willen des Arbeitgebers aufgrund eines berechtigten wirtschaftlichen Interesses geheim gehalten werden sollen.
Die Bedeutung offenkundiger und geheimer Betriebsinformationen
Offenkundig sind Tatsachen, die jedermann ohne große Schwierigkeiten in Erfahrung bringen kann. So sind Produktionsverfahren dann nicht mehr geheimhaltungsbedürftig, wenn sie in einer Fachzeitschrift veröffentlicht sind oder aber dem Stand der Technik entsprechen und in vergleichbarer Form auch bei anderen Unternehmen bereits eingesetzt werden. Als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse kommen neben Tatsachen aus dem technischen und betrieblichen Bereich, wie etwa die Produktionsanlagen, auch Kenntnisse über Preis- und Kundenlisten oder Bezugsquellen und die Kreditwürdigkeit von Vertragspartnern in Betracht. Ebenso sind regelmäßig Angaben zu konkreten Gehältern oder vertraglichen Absprachen geheimhaltungsbedürftig.
Die Tragweite der Verschwiegenheitsverpflichtung über das Arbeitsverhältnis hinaus
Eine Verschwiegenheitsverpflichtung bezüglich derartiger Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse trifft den Arbeitnehmer dann, wenn der Arbeitgeber an der Geheimhaltung ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat. Hieran kann es ausnahmsweise dann fehlen, wenn er seinerseits Kenntnisse und Erkenntnisse aufgrund wettbewerbswidrigen Verhaltens illegal erworben hat. Regelmäßig ist bei den oben angegebenen Tatsachen jedoch von einem berechtigten wirtschaftlichen Interesse an ihrer Geheimhaltung auszugehen.
Eine Verpflichtung zur Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ergibt sich ohne gesonderte vertragliche Regelung als bloße Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag. Darüber hinaus enthalten viele Verträge indes Klauseln, durch die sich die Arbeitnehmer zur Geheimhaltung aller ihnen bekannt werdenden geschäftlichen bzw. betrieblichen Tatsachen verpflichten. Solche Regelungen gehen regelmäßig über die schützenswerten Interessen eines Arbeitgebers hinaus. Eine derartige Vertragsbindung des Arbeitnehmers ist deshalb unverhältnismäßig, die entsprechende Regelung wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig. Letztlich führten derartige Verschwiegenheitsklauseln, die sich auf sämtliche Tatsachen erstrecken, von denen der Arbeitnehmer im Laufe eines Arbeitsverhältnisses Kenntnis erlangt, dazu, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitskraft bei anderen Unternehmen derselben Branche nicht mehr verwerten könnten.
Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen: Gesetzliche Regelungen und Strafbarkeit
Die Verpflichtung, über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Verschwiegenheit zu bewahren, besteht auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus. Bei Verstößen gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung kann der Arbeitgeber Unterlassungsklage gegen den Arbeitnehmer erheben. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer bei schuldhaftem Verstoß gegen vertragliche oder gesetzliche Verschwiegenheitsverpflichtungen schadensersatzpflichtig werden. Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses droht zudem eine verhaltensbedingte – in schwerwiegenden Fällen sogar fristlose – Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Schließlich kann der Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen nach § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und gegebenenfalls nach § 203 des Strafgesetzbuches (StGB) strafbar sein.
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