Wie viel Rente, wann und von wem?
In Berlin hat sich ein Verein gegründet, der in Deutschland ein umfassendes Informationssystem für Alterssicherung einführen will. Die Initiative nach skandinavischem Vorbild stößt in Politik und Finanzwirtschaft auf Zustimmung.
Die meisten Deutschen besitzen mehrere Altersvorsorgeverträge und -versorgungsansprüche. Doch längst nicht alle Produktanbieter bzw. Versorgungsträger halten ihre Kunden über den Stand der erworbenen Ansprüche auf dem Laufenden. Die Folge: Die Bürger verlieren den Überblick. Die wenigsten sind in der Lage, die Höhe ihrer Alterssicherung auch nur annähernd korrekt zu bestimmen.
Um dies zu ändern haben Andreas Hackethal, Professor für Personal Finance an der Uni Frankfurt/Main, und Ingolf Putzbach, Vorstand bei der Hamburger Arkwright Consulting AG, den Verein „Deutsche Renten Information“ gegründet.
„Deutsche Renten Information“ geht Informationsproblem beim Thema Rente an
Ihr Schlachtruf: „Altersvorsorge in Deutschland hat ein Informationsproblem!“ Ihr Ziel: Jeder Bürger soll selbstbestimmt seine Gesamtversorgung im Alter ermitteln und möglichen Handlungsbedarf erkennen können.
So steht es auf der Homepage www.deutsche-renten.info. Ihre Lösung: „Eine neutrale Plattform, die alle relevanten Daten der Marktteilnehmer im Bereich Altersvorsorge für den Bürger automatisch zusammengefasst visualisieren soll.“
Die Daten würden also nur angezeigt, nicht aber zentral gespeichert. „Die Datenhoheit muss stets beim einzelnen Bürger bleiben“, betont Hackethal.
Um ihr Ziel zu erreichen, haben Hackethal und Putzbach eigenen Angaben zufolge in den zurückliegenden 24 Monaten mehr als 100 Gespräche geführt – alles ehrenamtlich.
Die Gesprächspartner stammen aus den Bereichen Politik, Gewerkschaften, Verbände, Arbeitgeber, der Versicherungs- und Finanzwirtschaft sowie Wissenschaft und Medien. „Anfangs war das ein zähes Unterfangen“, wie Hackethal und Putzbach zugeben. Inzwischen aber zeichne sich eine wachsende Bereitschaft zur aktiven Unterstützung der Initiative ab.
Die Rente bedarf einer „Säulen übergreifenden Renteninformation“
Beispielhaft verweisen Hackethal und Putzbach auf Publikationen vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), dem Bundesverband deutscher Banken (BdB) sowie auf ein Positionspapier junger Bundestagsabgeordneter von Union und FDP. In den Papieren fordern die Verfasser eine „Säulen übergreifende Renteninformation“ (GDV), „eine konzeptionell einheitliche Renteninformation“ (BdB) bzw. „Transparenz in der Alterssicherung“ (Abgeordnete).
Im ersten Quartal 2013 soll das erste Spitzentreffen „Säulen übergreifende Renteninformation in Deutschland“ stattfinden, teilen die beiden Vereinsvorstände mit. Ziel sei es, eine gemeinsame Grundlage für die Umsetzung eines solchen Systems zu schaffen.
Tatsächlich kommt Bewegung in die Sache. Auf dem GDV-Versicherungstag am 15. November sagte der scheidende GDV-Präsident Rolf-Peter Hoenen: „Wenn wir ausloten wollen, wie groß das Problem der Altersarmut ist oder künftig sein wird, dann müssen wir alle drei Einkommensquellen betrachten. Das Problem ist, dass Informationen über die Ansprüche aus den drei Säulen nirgends zusammengeführt werden.“
Und beim Fondsverband BVI erklärt dessen Hauptgeschäftsführer Thomas Richter: „Wir begrüßen die Initiative. Sie kann einen wichtigen Anstoß dazugeben, dass sich Menschen intensiver mit ihrer Altersvorsorge beschäftigen.“
Auch das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) unterstützt das Anliegen. Solide individuelle Altersvorsorge beruhe zuallererst auf der Kenntnis des eigenen Status quo. Das DIA fordert daher von der Politik, die nötigen gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen.
Grundsätzlich offen für eine gemeinsame Vorsorgeinformation aller Altersvorsorgesysteme ist auch der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, die Deutsche Rentenversicherung Bund.
Voraussetzung dafür sei allerdings, „dass die Prognosen der zukünftigen Leistungen für alle Produkte vergleichbar sind und eine gemeinsame Vorsorgeinformation mindestens den Standards genügt, die der Gesetzgeber für die Renteninformation der gesetzlichen Rentenversicherung festgelegt hat.“
Renteninformation zur eigenen Rente in Dänemark und Schweden bereits Realität
In Dänemark und Schweden ist die automatische, Säulen übergreifende Renteninformation für jeden Bürger bereits Realität. Nach Angaben von Hackethal haben die Dänen die Plattform Pensionsinfo (www.pensionsinfo.dk) 2007 als nicht gewinnorientierte Organisation gestartet. Nahezu alle Versorgungsträger und Produktanbieter in Dänemark seien mittlerweile an der Plattform angeschlossen.
In Schweden wiederum ging die Plattform MinPension (www.minpension.se) 2004 an den Start. Betreiber ist indirekt der schwedische Versicherungsverbund. MinPension ist eine AG, an der der schwedische Staat und private Vorsorgeanbieter je zur Hälfte beteiligt sind.
Ob diese beiden Plattformen tatsächlich als Vorbild taugen, bleibt abzuwarten. Denn das deutsche System der Alterssicherung ist wesentlich komplexer als das dänische oder schwedische. Auch datenschutzrechtliche Fragen müssen geklärt werden. Hackethal: „Bei grundsätzlichem Einigungswillen aller Beteiligten erscheinen solche Fragen jedoch lösbar.“
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