Berufsbild: Was macht eine Primärplanerin?
Caroline Wever gestaltet die Energiewende mit. Denn wo Wind- und Solarparks errichtet werden, muss der grün erzeugte Strom ja irgendwie ins Netz. Die Primärplanerin konzipiert und realisiert Umspannwerke für den Multitechnik-Dienstleister SPIE.
Umspannwerke sind wichtige Knotenpunkte unserer Strominfrastruktur. Man kann sie sich gewissermaßen als Stromauf- bzw. -abfahrten vorstellen: Bevor Elektrizität über das Übertragungsnetz auf weite Reisen geschickt werden kann, muss sie „Fahrt“ aufnehmen, sprich: auf Höchstspannung transformiert werden. Am Bestimmungsort angekommen, wird die „Richtgeschwindigkeit“ wieder gedrosselt, damit die feineren Ortsnetze die elektrische Energie aufnehmen können. Der Wechsel zwischen den Spannungsebenen erfolgt über Schaltanlagen, deren Herzstück der Transformator ist.
Zur Primärtechnik eines Umspannwerkes gehören beispielsweise Leistungsschalter, Wandler, Ableiter und Leitungstrenner. Womit sich die Berufsbezeichnung „Primärplaner“ erklärt. Sie planen innerhalb technischer Vorgaben, wo diese Höchst- und Hochspannungsgeräte stehen, wie sie angeschlossen und geerdet werden, welchen elektrischen und mechanischen Kräften die Stahlkonstruktionen standhalten müssen. Auch machen sie machen Berechnungen zu Blitzschutz.
Obwohl sie damit einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten, liest man in Freundschaftsbüchern den Berufswunsch „Primärplanerin“ bzw. „Primärplaner“ eher selten. Wie also kommt man auf diesen spezifischen Beruf?
Eine Vorlesung ebnet den Weg in die Primärplanung
Caroline Wever kann letztlich nur für sich sprechen, wie sie selbst eingangs betont. Doch den Eindruck, dass sich die Primärplanung als mögliches Beschäftigungsfeld für Technikbegeisterte geradezu aufdränge, den habe auch sie zu Beginn ihres Studiums nicht gehabt. Was ihr jedoch früh klar gewesen sei: „Ich wollte später auf jeden Fall in einem Bereich arbeiten, hinter dem ich voll und ganz stehen kann.“
Orientierung bot ihr der Bachelorstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität in Dresden. „Das ist ja eher ein ‚Studium generale‘ – mit Fächern wie Maschinenbau, Elektrotechnik, BWL und VWL, Chemie und Physik im Lehrplan“, erinnert sich Caroline Wever an ihre ersten Semester. Besonders haften blieb eine „irrsinnig tolle Vorlesung über Freileitungen“. „Freileitungen sieht man ja überall. Aber nachdem ich gelernt hatte, welches Bauteil welchen Effekt hat, konnte ich gar nicht anders, als ganz genau nach oben zu schauen, wann immer ich an einem Strommast vorbeikam“, erklärt sie lachend. Ihre Begeisterung für Energiewirtschaft und den Elektrizitätsmarkt war geweckt
Von den Freileitungen zu den Umspannwerken
Die angehende Ingenieurin entschied sich, ihren Master in der Elektrotechnik zu absolvieren. Im Anschluss fing sie an, online nach Firmen zu suchen, die Freileitungen bauen: „So bin ich auf SPIE gestoßen“. Wobei die Unternehmensgruppe weitaus mehr als „nur“ Freileitungen im Portfolio hat. Als Multitechnik-Dienstleister für Gebäude, Anlagen und Infrastrukturen im DACH-Raum ermöglicht SPIE Germany Switzerland Austria die Einbindung erneuerbarer Energien und schafft damit Voraussetzungen für die Energiewende. In diesem Zusammenhang deckt das Unternehmen auch sämtliche Betriebsmittel des Stromnetzes ab.
Nach ihrem Masterabschluss stieß Caroline Wever 2017 zum Unternehmen. Am Standort Berlin wurde sie intensiv eingearbeitet. Dass ihr heutiges Aufgabengebiet statt des Baus von Freileitungen die Planung und Realisierung von Umspannwerken für Netzbetreiber und andere Kunden umfasst, stört sie nicht – im Gegenteil. „Wenn Sie mal ein Umspannwerk von innen gesehen haben, verstehen Sie die Faszination“, entgegnet die 35-Jährige mit einem Augenzwinkern. „Außerdem müssen Umspannwerke ja ans Netz angeschlossen werden. Dadurch habe ich genügend Berührungspunkte mit den Kollegen, die sich um die Freileitungen kümmern.“
Ein interdisziplinärer Job mit vielen Schnittstellen
Die interdisziplinäre Ader ihres Berufs ist ein Aspekt, den Wever besonders schätzt. „Die Primärplanung umfasst ein breites Aufgabenspektrum.“ Dazu gehören zunächst technisch-planerische Tätigkeiten. „Bekommen wir eine Fläche, auf der eine Anlage errichtet werden soll, überlegen wir zunächst, wie der Bau ganz grundsätzlich realisiert werden kann“, so Wever, die in einem zehnköpfigen Team arbeitet. Es gebe es Tage, an denen sie hauptsächlich Vorgaben berechne oder Zeichnungen in AutoCAD vornehme: „Das Zeichnen musste ich von Grund auf lernen. Heute empfinde ich es teilweise sogar als entspannend.“
Von diesen konzentrierten Arbeitsepisoden abgesehen sei die Primärplanung alles andere als ein eigenbrötlerischer Job. „Ein Großteil meiner Arbeit besteht aus Kommunikation. Ich stehe im ständigen Austausch – mit anderen Fachabteilungen, mit den Kunden, mit der Baustelle. Man hat immer eine Bestellanfrage oder eine Rückfrage auf dem Tisch.“ Bis zu fünf Projekte betreue sie gleichzeitig. „Wobei die Zeitplanung so gestaltet ist, dass ich mich in der heißen Phase der Realisierung auf ein Umspannwerk konzentrieren kann“.
Eine technische Schlüsselrolle in der Energiewende
Wie viele Anlagen sie bislang begleitet hat, diese Zahl hat Caroline Wever aus dem Stehgreif nicht parat. Dennoch weiß sie jedes einzelne Projekt zu schätzen. „Das Schöne ist, dass man am Ende sieht, woran man gearbeitet hat. Ich kann zu einem Umspannwerk fahren und sagen: ‚Das habe ich geplant‘.“ Nachhaltig beeindruckt hat sie ein Projekt an der Ostseeküste: „Dort haben wir eine Anlage gebaut, an der Kabel von Offshore-Windparks ankommen. Das Umspannwerk ist so riesig, dass unsere Monteure Dienstfährräder nutzten, um von A nach B zu kommen“.
Man merkt: Ein wenig Stolz schwingt mit, wenn Caroline Wever von ihrer Arbeit spricht. Warum auch nicht? Schließlich ist es ihr gelungen, die wesentliche Prämisse ihrer Berufswahl zu erfüllen. Indem sie mehrheitlich Projekte betreut, die Wind- und Solarparks ans Netz bringen, besitzt ihre Arbeit einen echten Impact. „Ich glaube an die Energiewende und bin froh, dass ich meinen Teil dazu beitragen kann“, hält sie zufrieden fest.
Technikbegeisterung und Teamfähigkeit als Voraussetzungen
In ihrer Rolle als Primärplanerin erlebt sie Innovationen hautnah mit. „Die Elektrotechnik mag in ihren Grundlagen zwar alt sein, aber bei der Ausstattung der Anlagen tut sich viel, gerade in Bezug auf Klimaneutralität.“ Denn um das Ziel der Dekarbonisierung der Stromwirtschaft zu erreichen, müssen auch die Betriebsmittel intelligenter und effizienter werden. Ein aktuelles Thema ist beispielsweise die Abkehr vom Treibhausgas Schwefelhexafluorid (SF6), das zur Isolierung spannungsführender Elemente genutzt wird. Stattdessen setzen Netzbetreiber nun vermehrt auf Hochspannungsgeräte, die mit einem klimafreundlichen Gas gefüllt sind.
Für den Ausbau erneuerbarer Energien sowie der Netzinfrastruktur sind Unternehmen wie SPIE auf Fachkräfte wie Caroline Wever angewiesen. Was also sollten potenzielle Primärplanerinnen und Primärplaner mitbringen? „Technikbegeisterung ist wohl das Wichtigste“, muss Wever nicht lange überlegen. Auch Teamfähigkeit sei angesichts der vielen Brücken, die man in diesem Beruf schlage, eine essenzielle Voraussetzung. Noch etwas? „Man muss im Job bereit sein, das Handwerk zu lernen. Ein elektrotechnisches Studium ist zwar eine gute Basis. Aber keine Uni-Vorlesung bildet genau das ab, was man hinterher in dem Beruf macht.“
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