Was macht eigentlich ein Projektmanager?
Was machen eigentlich Projektmanager*innen oder Projektleiter*innen im Ingenieurwesen? Und dann noch in einem Forschungszentrum? Welche Aufgaben erledigen sie tagtäglich, und vor welchen Herausforderungen stehen sie?
Wie geht man mit Verantwortung für ein Großprojekt um? Denn wenn etwas schief geht, kann das weitreichende Konsequenzen haben. All das müssen angehende Ingenieure und Ingenieurinnen im Hinterkopf behalten, wenn sie diesen interessanten, aber auch äußerst anspruchsvollen und verantwortungsvollen Job anstreben.Darüber sprachen wir mit Joschka Neumann vom Zentralinstitut für Engineering, Elektronik und Analytik – Engineering und Technologie (ZEA-1) am Forschungszentrum Jülich. Er gab uns wertvolle Einblicke in seinen Joballtag und seine Projekte.
Klimaszenarien der Zukunft simulieren und prüfen
„Ich habe mich sehr früh für Technik interessiert. Schon in meiner Kindheit fand ich das Thema sehr spannend, und dieses Interesse hält bis heute an“, sagt der 38-Jährige, der seinen Beruf voller Leidenschaft ausübt. „Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, neues Wissen zu schaffen und neue Technologien zu ermöglichen“, begründet er seine Berufswahl. Eines der von ihm geleiteten Projekte heißt „AgraSim“, eine Art Zeitmaschine für Pflanzen und Böden. Ein Projekt, das unmittelbar auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist und das Ziel hat, mögliche Klimaszenarien der Zukunft zu überprüfen. Schließlich ist es wichtig zu wissen, was nachhaltig auf unseren Feldern wachsen kann, wenn es in Deutschland immer wärmer und trockener wird. Das erfordert umfangreiches Wissen, wie Nutzpflanzen unter den durch den Klimawandel veränderten Rahmenbedingungen, zum Beispiel im Hinblick auf Sonnenstrahlung, Temperatur und Bodenfeuchte, überleben können.
Hier zunächst ein paar Eckdaten, damit man das Ausmaß des Jülicher Großexperiments nachvollziehen kann: „AgraSim“ wird auf einer Fläche von 18 mal 11 Metern über drei Etagen durchgeführt. Daran beteiligt sind u.a. Konstrukteur*innen, Berechnungsingenieur*innen, Softwareentwickler*innen, Elektrofachplaner*innen, Expert*innen im Bereich Prozesstechnik, Industriemechaniker*innen, Monteur*innen Architekt*innen und Sicherheitsfachingenieur*innen. Dazu kommen Mitarbeitende aus den unzähligen Fremdfirmen, auch die Werkfeuerwehr des Forschungszentrums ist involviert. Für die erfolgreiche Entwicklung und den Aufbau dieses Großexperiments war somit das Fachwissen von Expert*innen unterschiedlicher Fachrichtungen eine wichtige Voraussetzung. Erst nach zahlreichen Prüfungen und Tests konnte die Anlage in Betrieb genommen werden. „Es wurden 60.000 Teile verbaut“, berichtet der studierte Maschinenbauingenieur Joschka Neumann.
Allein für die Ausarbeitung der Konzeptstudie und für die Kostenabschätzung, um die Umsetzbarkeit des Projektes zu prüfen und die erforderlichen finanziellen Mittel beantragen zu können, hat Neumann mit seinem Team sechs Monate gebraucht.
„Zusammenarbeit ist das A und O in einem Großprojekt wie „AgraSim“.
Einen erfolgreichen Projektverlauf schafft man nie allein, sondern nur durch die Zusammenarbeit einer Vielzahl von Personen, und man braucht Eigeninitiative und Durchhaltevermögen“, erklärt Neumann, worauf es ankommt, wenn man als Projektmanager erfolgreich sein möchte. Darüber hinaus sind Kenntnisse in Ressourcenplanung, Finanzplanung, Controlling, Risikobetrachtung, Moderation und Gesprächsführung erforderlich. Auch umfangreiches technisches Wissen ist unabdingbar. „Jedes Projekt unterscheidet sich von dem vorherigen – hilfreich ist da sehr, wenn man Freude daran hat, stetig Neues zu lernen.“
Man muss auch priorisieren können…
Am Forschungszentrum Jülich ist Joschka Neumann seit mehr als elf Jahren tätig und schätzt es immer wieder, dass er intensiv mit anderen Menschen zusammenarbeiten kann und nicht ausschließlich am Computer tätig ist. Wichtig ist für ihn, dass er nicht nur theoretisch arbeitet, sondern einen praxisbezogenen Anteil hat. „Deshalb freue ich mich, dass meine Arbeit so abwechslungsreich ist.“ Und Abwechslung gibt es genug. Neben dem Projekt „AgraSim“ ist er u.a. für die Atmosphärenforschung im Bereich der Messung reaktiver Spurengase zuständig. Hier geht es darum, moderne Analysemethoden zur Produktidentifizierung und -quantifizierung bei Mischungsverhältnissen von Luft in der Troposphäre, der unteren Schicht der Atmosphäre, zu verwenden und zu entwickeln. Also ein komplett anderes Forschungsgebiet. Doch wie schafft Neumann es, so unterschiedliche Aufgaben unter einen Hut zu bringen? „Hier muss man priorisieren können, wenn bei unterschiedlichen Projekten Phasen anstehen, die gleichzeitig abzuwickeln sind.“
Viel lesen, viel reden, viel lernen…
„Meine Aufgabe besteht bei allen Projekten darin, die kompetenten Partnerinnen und Partner zusammenzubringen und den Austausch untereinander zu fördern, die erforderlichen Informationen an die beteiligten Fachleute zu verteilen, bei Fragen zu helfen und schlussendlich den Weg für das Projekt freizuhalten“, erklärt Neumann. Deshalb stehen täglich viele Abstimmungen, Besprechungen und fachliche Gespräche auf dem Programm. Bei manchen Projektphasen sei er aber auch länger vor Ort. In der ersten Hälfte vieler Projekte, so seine Erfahrung, kann er seinen Arbeitstag noch selbst einteilen, in der zweiten Hälfte sei er hingegen vielfach stark „fremdgesteuert“. „Da muss ich viel mehr „reaktiv“ arbeiten, also schnell zu einer Lösung beitragen“, berichtet Neumann, dessen Arbeitstag häufig mit dem Austausch zum aktuellen Stand beginnt – oftmals bereits im Auto auf dem Weg ins Büro.
„Man muss viel lesen, viel reden, viel lernen – alles miteinander verknüpfen, damit eine passende Lösung dabei herauskommt, die das abbildet, was Wissenschaftler brauchen“, resümiert Neumann, was für seinen Beruf wichtig ist.
Fehler sind menschlich
Viele werden sich fragen, wie man bei solchen Großprojekten mit Fehlern umgeht. Schließlich sind diese kaum zu vermeiden, wenn so viele Menschen an einem solch komplexen Thema zusammenarbeiten. „Üblicherweise gibt jeder sein Bestes, aber wir sind alle Menschen und jeder kann Fehler machen, aus denen wir im besten Fall sogar etwas lernen können. Anschließend ziehen wir es dann gemeinsam glatt. Man wird dabei nie allein gelassen“, erklärt Neumann. Der 38-Jährige lässt seine detaillierte Planung stets nach dem Vier-Augen-Prinzip prüfen, um Fehlern auch aktiv vorzubeugen.
Projektmanager*innen und die Frage der Verantwortung
Was das Thema Sicherheit betrifft, wird zu Beginn eines jeden Projekts eine umfangreiche Risikoanalyse der möglichen Gefährdungen durchgeführt. Solche Fehler können logischerweise große Auswirkungen haben und im schlimmsten Fall u.a. Verletzungen bei Mitarbeitenden nach sich ziehen. Mögliche Risiken muss man schon vor Beginn des Projekts analysieren, um die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens durch entsprechende Präventivmaßnahmen zu minimieren. „Für wichtige Themen nehme ich mir viel Zeit, und wenn ich mich bei etwas unwohl fühle, kann ich meine Kollegen und Kolleginnen um Rat bitten. Ich selbst prüfe in Hinblick auf die Sicherheit alles bis ins letzte Detail. Wenn man zusätzlich mit vielen Personen draufschaut und keinem mehr eine potenzielle Gefährdung auffällt, kann ich ruhig schlafen.“ Auch in diesem Zusammenhang wird Teamarbeit also großgeschrieben. Verantwortlich ist letztlich aber nur einer – Joschka Neumann. „Man weiß ja, dass man im Beruf Verantwortung trägt, und darauf stellt man sich ein“, sagt er und lächelt. Wichtig sei, dass man Freude an seinem Job habe. „Allen angehenden Ingenieuren und Ingenieurinnen wünsche ich, dass sie mit ihrer beruflichen Tätigkeit ebenso zufrieden sind wie ich.“
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