Simon Schandert von Tesvolt – vom Handwerker zum CTO
Der Weg von der Handwerksbranche zum Vorstand und Chief Technology Officer (CTO) erfordert eine Kombination aus fachlicher Expertise, unternehmerischem Denken und persönlicher Entwicklung. Doch ist eine solche Laufbahn überhaupt möglich? Der Lebenslauf von Simon Schandert, dem CTO von TESVOLT, gibt eine überzeugende Antwort auf diese Frage.
Er verfügt über das Verständnis für die entscheidenden Erfolgsfaktoren, die aus einem Startup mit nur zwei Mitarbeitern ein bedeutendes Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden (Tendenz steigend) gemacht haben, das Lithium-Ionen-basierte Energiespeicher produziert. Diese Speicher sind nahtlos in verschiedene erneuerbare Energiequellen integrierbar, darunter Solarenergie, Windkraft, Blockheizkraftwerke und Elektrolyseure zur Produktion von grünem Wasserstoff.
Vom Elektrohandwerk zur Energieinnovation
Simons beruflicher Werdegang begann in einem Handwerksunternehmen seiner Eltern, wo er sich von Kindesbeinen an mit dem Elektrohandwerk vertraut machte. Nach dem Abitur absolvierte er eine Ausbildung zum Elektroniker für Gebäude- und Energietechnik, was seine Leidenschaft für die Elektrotechnik von Anfang an förderte.
Allerdings hatte Simon schon immer eine breitere Vision für seine berufliche Entwicklung. Er wollte nicht nur technisch in der Elektrotechnik tätig sein, sondern auch ein tieferes Verständnis für wirtschaftliche Anwendungen und den Markt entwickeln. Schon im Jahr 2002 begann er, sich intensiv mit erneuerbaren Energien zu beschäftigen, insbesondere mit Themen wie Energiewende, Photovoltaikanlagen, Windenergie und Energieanlagen. Sein Interesse an diesen Bereichen wuchs stetig und ab 2009 widmete er sich verstärkt Energiespeicherlösungen.
Seine Zeit im Handwerksunternehmen der Eltern, seine Ausbildung und seine leidenschaftliche Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der Energiewende gaben ihm eine solide Basis in der Elektrotechnik. Dennoch erkannte er, dass sein Wissen nicht auf technische Aspekte beschränkt bleiben sollte. Daher entschied er sich, den Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen zu verfolgen, um auch den wirtschaftlichen Aspekten gerecht zu werden. Diese breite Perspektive ermöglichte es ihm, sowohl technische Innovationen als auch wirtschaftliche Erfolgskonzepte zu entwickeln und umzusetzen.
Gründung des Unternehmens
Im Jahr 2014 gründete Simon Schandert
schließlich sein eigenes Unternehmen, TESVOLT. Diese Entscheidung wurde maßgeblich durch seine Überzeugung getrieben, erschwingliche Energie überall und jederzeit zugänglich zu machen.Konnte er sich es vorstellen, dass sein Unternehmen TESVOLT zu einem führenden Anbieter von Energiespeicherlösungen für den gewerblichen und industriellen Sektor wird? Dass das ehemalige Startup mit 2 Mitarbeitenden eine neue Großfabrik an seinem Hauptsitz in Lutherstadt Wittenberg bauen wird? Und dass dann mit einer Investition von etwa 60 Millionen Euro und einer Unterstützung von bis zu 12 Millionen Euro durch die Investitionsbank Sachsen-Anhalt? Wohl kaum. Und trotzdem ist es wahr: Jetzt beabsichtigt das Unternehmen, seine Produktionskapazität auf bis zu vier Gigawattstunden pro Jahr zu steigern.
Das Unternehmen engagiert sich sowohl in Deutschland als auch international, insbesondere in Afrika, um Projekte zur Elektrifizierung von Gemeinden ohne Zugang zur Elektrizität durchzuführen. Die Gründer erkannten sofort die Bedeutung von erneuerbaren Energien für die Entwicklung und Agrarproduktivität, insbesondere in ländlichen Gebieten. Im Laufe der Jahre hat Schandert mit seinen Kollegen über 4000 Projekte weltweit umgesetzt und zahlreiche Erfahrungen gesammelt. Sein Unternehmen konzentriert sich darauf, erschwingliche Energie für Menschen weltweit verfügbar zu machen und dabei die Umweltbelastung zu reduzieren.
So haben Schandert und sein Team u.a. Projekte in Afrika umgesetzt, in Regionen, die zuvor keinen Zugang zur Elektrizität oder jeglicher Energieinfrastruktur hatten. Dabei haben sie nicht nur erstmalig elektrisches Licht in diese Gebiete gebracht, sondern auch viele Projekte in bergigen Regionen unterstützt, die bereits erneuerbare Energien nutzten, aber ihren Anteil erhöhen wollten. Ihr Ziel war es, erneuerbare Energien verfügbar zu machen, selbst wenn die Sonne nicht scheint. Diese Motivation erwuchs aus der Dringlichkeit des Klimawandels, und sie strebten erschwingliche Lösungen an, um erneuerbare Energien einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich zu machen.
Extrameilen im Beruf
„Es sind in der Regel um die 60 Stunden pro Woche, manchmal mehr, manchmal weniger. Doch diese Arbeit ist von Leidenschaft getrieben. Es macht unglaublich viel Spaß, mit den talentierten Menschen in unserem Unternehmen zusammenzuarbeiten und an Lösungen zu arbeiten, die die Energiewende vorantreiben. Das ist einfach pure Leidenschaft. Leidenschaft kennt keine Uhrzeit und deshalb fühlt es sich nie wie eine Last an. Es ist eben so“, sagt er und lächelt, wenn man ihn danach fragt, wie es mit seinen Arbeitszeiten nun aussieht. Schließlich muss man echt viel schaffen und immer den Überblick im wachsenden Unternehmen behalten.
Dafür ist Schandert bereit, die Extrameilen zu gehen, um seine Vision einer nachhaltigeren und erschwinglicheren Energiezukunft zu verwirklichen. Seine Soft- Skills umfassen Kommunikation, Überzeugungskraft, Innovationsfähigkeit und die Fähigkeit, Menschen zu begeistern und zu motivieren, die für diese Position nun unabdingbar sind. Denn: Die Arbeit in einem Startup ist noch anspruchsvoller als in einem etablierten Konzern, in dem man möglicherweise von Tarifverträgen profitiert und sich auf 32-Stunden-Wochen einstellen kann. In einem Startup muss man mehr Zeit und Energie investieren, um erfolgreich zu sein.
Doch welche Fähigkeiten sind noch dafür wichtig, um alles unter einen Hut zu bekommen und den Überblick zu behalten? „Es ist wichtig, sich nicht abzuschotten oder zu isolieren. Das bedeutet, dass man kommunikativ sein muss, die Fähigkeit besitzen muss, Menschen für neue Technologien und Innovationen zu begeistern, und die Motivation und Entschlossenheit haben muss, Veränderungen voranzutreiben. Das gilt sowohl für den politischen Bereich als auch für die Festlegung von Normen und Standards in Gremien. Es erfordert auch die Fähigkeit, Menschen davon zu überzeugen, dass eine bestimmte Technologie die richtige Wahl ist. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die viel Arbeit erfordert.“
„Wenn man im Vorstand tätig ist, muss man vieles im Blick behalten und zügig auf veränderte Marktbedingungen reagieren können. Gerade in der sich schnell wandelnden, aktuellen Zeit, die von vielen globalen Krisen und Herausforderungen gekennzeichnet ist, ist es wichtig als Unternehmer, flexibel und anpassungsfähig zu sein“, erklärt der 34-Jährige.
Führungskompetenz und Innovationsstrategie
Eine Herausforderung in Simons Job ist u.a. das personelle Wachstum des Unternehmens und das Finden geeigneter Mitarbeitender. Dies erfordert nicht nur die Schaffung neuer Arbeitsplätze, sondern auch die Einstellung und Integration von Mitarbeitenden, die die agile Unternehmenskultur und Vision teilen. Simon setzt auf Innovation und Qualität, um das Unternehmen weiter voranzubringen.
„Tatsächlich ist das Gute am Wirtschaftsingenieurwesen, dass man nicht nur eine einzelne Perspektive auf Technologie und Innovation hat. Man betrachtet die Dinge stets aus verschiedenen Blickwinkeln, einschließlich wirtschaftlicher Zusammenhänge Kundenanforderungen und Marktrends. Dabei darf man die menschliche Komponente nicht vergessen. In unserem Fall bedeutet das, dass wir derzeit 250 Mitarbeitende beschäftigen. Wir müssen ihnen eine klare Perspektive bieten, ein Leitbild vermitteln und sie motivieren, gemeinsam mit uns diese Wachstums-Reise anzutreten. Wir ermutigen sie, die Extra-Meile zu gehen, diese positive Einstellung zu leben und tatsächlich Probleme zu lösen.“
Zurück zu den Wurzeln
Als CTO hat man dabei noch eine ganz andere Aufgabe, die man im Blick behalten muss. In diesem Zusammenhang stehen vor allem die Themen Skalierung im Fokus. Wie kann man das Unternehmen skalieren, ohne dabei die Qualität der Produkte, des Service oder die Innovationsfähigkeit zu beeinträchtigen? Dies seien nach Schanderts Ansicht die zentralen Aufgaben eines CTOs – die Sicherstellung der Produktqualität und die Leitung der Produktinnovation und -strategie. „Gerade in einem modernen Unternehmen wie unserem spielt die Digitalisierung eine entscheidende Rolle. Wir haben bereits unsere Geschäftsprozesse zum Großteil digitalisiert, und wollten als TESVOLT diese Transformation weiter vorantreiben“, sagt er und weist gleichzeitig darauf hin, dass er aus einer Handwerkerfamilie stammt.
„Ich bin kein ausgebildeter Manager. Meine Wurzeln liegen in einem Handwerksunternehmen, und ich denke teilweise immer noch wie ein Handwerker. Ich tausche mich regelmäßig mit Handwerkern aus, denn ich möchte nicht nur theoretische Strategien und Konzepte entwickeln. Mein Ziel ist es auch, eine vielfältige Perspektive einzunehmen, sowohl aus technischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Kunden.“ Deshalb sei es für ihn von großer Bedeutung, dass er aktiv an der Basis arbeitet und seine Erfahrungen einbringt, um maßgeschneiderte Lösungen für die Kunden zu entwickeln. „Daher ist es mir wichtig, dass ich operativ eingreifen und rasch Produkte und Lösungen bereitstellen kann. Im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern beträgt unsere Entwicklungszeit für ein Produkt tendenziell ein bis zwei Jahre anstelle von drei bis fünf Jahren, was bedeutet, dass Effizienz für uns an erster Stelle steht“, erklärt er seine Herangehensweise.
Der typische Arbeitstag eines CTOs ist geprägt von Strategiegesprächen, Kundengesprächen, Mitarbeiterführung und der Entwicklung neuer Produkte und Lösungen. Dabei ist Simon Schandert nicht nur auf strategischer Ebene tätig, sondern arbeitet auch operativ daran, Lösungen zu finden und die Technologie der TESVOLT-Energiespeicher kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Dabei vergisst der CTO nicht, dass hinter seinem Erfolg viele Mitarbeitende stehen. „Die Herausforderung, die vor uns liegt, kann ich nicht alleine bewältigen, und auch die anderen beiden Vorstände schaffen dies nicht gänzlich alleine“, sagt er. Als Vorstand sei es entscheidend, Vertrauen in die Mitarbeitenden zu haben und sie zu ermutigen, einen maßgeblichen Beitrag für die Weiterentwicklung des Unternehmens zu leisten. Das Wachstum entsteht nicht nur durch den Vorstand, sondern durch das gesamte Unternehmen. „Unsere bisherige Geschichte zeigt, dass wir das bereits gut umgesetzt haben, und das spiegelt sich in unserem aktuellen, starken Wachstum wider“, erklärt der Unternehmer.
Mut als Schlüssel zum Erfolg
Aber was können angehende Ingenieure und Ingenieurinnen und vielleicht auch Gründer von dieser Geschichte bzw. diesem Berufsweg lernen? Für Schandert dreht sich alles um ein Wort, und zwar um ein sehr entscheidendes Wort, wenn man das Geheimnis des Erfolgs entschlüsseln möchte. „Mut ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere den Mut zu haben, ein Unternehmen zu gründen. Oftmals fehlt es vielen Menschen daran. Aber genau dieser Mut ist es, der erforderlich ist, um Ideen und Innovationen erfolgreich voranzubringen. Ich würde empfehlen, nicht alles bis ins kleinste Detail zu planen und zu zerdenken und vor allem nicht zu konservativ zu planen. Als ich mit Daniel im Alter von 25 Jahren TESVOLT gegründet habe, haben wir auch nicht alles bis ins kleinste Detail durchdacht, sondern einfach gemacht. Es erfordert Mut, neue Dinge auszuprobieren“, empfiehlt er rückblickend.
Er weiß genau: „Wir können uns in Deutschland nur behaupten, wenn wir innovativ bleiben. Deutschland ist bekannt für seine Denker und Tüftler und genau das hat uns ausgezeichnet. Ja, Chinesen können vielleicht alles günstiger produzieren und schneller skalieren, aber Innovation, das ist das, was uns Deutsche und Europäer auszeichnet. Wir müssen dranbleiben“.
Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg sei seiner Meinung nach, dass man als ein CTO oder CEO nicht versucht, alles alleine zu tun. „Ein Erfolgsfaktor war sicherlich auch, dass Daniel und ich unser Unternehmen gemeinschaftlich und kooperativ gegründet haben. Daniel dachte sehr kundenorientiert und wirtschaftlich, während ich eher den technischen Blick, aber zugleich auch ein tiefes Verständnis für unsere Kunden hatte. Diese Kombination war bislang sehr erfolgreich und hat sich bewährt.“
Die Welt zu einem besseren Ort machen, als wir sie vorgefunden haben
Nun nach all diesen Jahren weiß Simon Schandert, dass die Innovationen nicht unbedingt von großen Konzernen stammen, sondern oft von kleinen Startups, Universitäten und von Menschen, die kurz vor ihrem Abschluss stehen. Und genau diese Innovationen und diese Ideen können neue Wege ebnen und die Welt verbessern. Deshalb ist er auch im Gremium des Gründerpreises tätig. Schließlich muss die gewonnene Erfahrung mit jüngeren Generationen geteilt werden. Generationen, die auch gefordert sind, sich durch innovative Ideen dem Klimawandel entgegenzusetzen.
„Wir alle teilen doch den Wunsch, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, als wir sie vorgefunden haben“, resümiert Simon Schandert.
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