Was macht eigentlich ein Sustainability Manager?
Nach Sustainability Manager*innen suchen Unternehmen immer häufiger. Doch was steckt hinter dieser Jobbezeichnung? Wer kann sich dafür bewerben und welche Kenntnisse muss man mitbringen, um in diesem Beruf erfolgreich zu sein?
Dr. Leonard Müller ist Sustainability Manager – Life Cycle Assessment & Analytics bei Henkel. Kaum jemand könnte diesen Beruf besser erklären als er. Der 33-Jährige ist ein Paradebeispiel dafür, wie man als Ingenieur eine „grüne Karriere“ von Anfang an gestalten kann.
Bereits nach seinem Abitur war für Leonard Müller klar, in welche Richtung seine berufliche Reise gehen sollte. Auch die einzelnen Stationen in seinem Lebenslauf sprechen für sich: Nach dem Abitur begann er ein duales Studium zum Bachelor of Mechanical Engineering und Industriemechaniker. Danach folgte der Master of Science in Energietechnik mit dem Schwerpunkt „Erneuerbare Energietechnik“.
„Ich wollte einen Job haben, der dazu beiträgt, dass wir unsere Umwelt so wenig wie möglich belasten“, erzählt er rückblickend auf den Anfang seiner Karriere, als er seine Schwerpunkte für sich definierte. Aus diesem Grund belegte er den Masterstudiengang Energietechnik mit der Vertiefungsrichtung Erneuerbare Energien. Doch Müller hat schnell bemerkt, dass es hierfür aus technischer Sicht schon viele Lösungen gibt, wie etwa der Aufbau von Windrädern und Photovoltaikanlagen. Deshalb hat er sich damals gefragt: Wie könnte es weiter gehen? Dabei fiel sein Interesse auf Rohstoffe. Wie sieht es in der chemischen Industrie aus? Schnell war ihm klar, dass das Thema Ökobilanzen in der Zukunft eine entscheidende Bedeutung haben wird. Und noch interessanter war für ihn die Frage: Ist es möglich, dass sich die chemische Industrie von fossilen Rohstoffen verabschiedet und sich in Richtung erneuerbarer Rohstoffe entwickelt?
Leidenschaft für die Umwelt im Beruf ausleben
Schlussfolgend promovierte Leonard Müller zum Thema „Harmonisierte Ökobilanzierung von Technologien zur CO2 Abscheidung und Verwendung“. Klar, dass er danach seine Leidenschaft für die Umwelt und sein fundiertes Wissen in diesem Bereich in einem passenden Beruf einsetzen wollte.
Doch zurück zu seiner jetzigen Position als Sustainability Manager bei Henkel. Sein bisheriger Werdegang, seine Vorstellungen und ausgewählten Schwerpunkte passten genau zu diesem Job. „Ich war beeindruckt, wie Henkel das Thema Nachhaltigkeit angeht, mit welcher Ernsthaftigkeit das Unternehmen seine Maßnahmen umsetzt und vor allem wie man es schafft, dieses Thema über eine Vielzahl an weltweiten Standorten so gut zu steuern.” Müller hat sofort gesehen, dass es auch sehr große Bestrebungen gibt, dem Klimawandel entgegenzuwirken.
Expertise bei der Berechnung von CO2-Fußabdrücken
Und gerade hier kommt seine Expertise bei der Berechnung von CO2-Fußabdrücken ins Spiel. Nicht zuletzt leitete Müller zuvor die Entwicklung eines Regelwerks zur vereinheitlichten Berechnung von CO2-Fußabdrücken in zwei unternehmensübergreifenden Teams innerhalb von Catena-X, einem europäischen Netzwerk, das sich zum Ziel gesetzt hat, einen standardisierten, globalen Datenaustausch für die Automobilindustrie zu schaffen. Henkel ist auch Teil dieses Netzwerkes.
Die durchgängige digitale Dokumentation entlang der Lieferkette kann den CO2-Fußabdruck von Produkten ermitteln oder entsprechend dem Lieferkettengesetz rückverfolgen. Unternehmen sollen damit in die Lage versetzt werden, untereinander Daten auszutauschen. Und ein Teil dieser ausgetauschten Daten sind CO2-Daten. Diese Daten bzw. Werte müssen untereinander vergleichbar sein und einheitlich innerhalb der Lieferketten erfasst werden.
Mit seiner Expertise in diesem Bereich möchte Müller seinen aktuellen Arbeitgeber Henkel dabei unterstützen, Daten über CO2-Emissionen transparent darzustellen und für jedes Produkt einzeln abbilden zu können.
„Meine Aufgabe besteht grundsätzlich darin, dass ich den „internen Stakeholdern“ (darunter versteht der 33-Jährige verschiedene Abteilungen innerhalb des Konzerns) die nötigen Informationen zur Verfügung stelle, damit sie die aus Nachhaltigkeitsperspektive besten Entscheidungen treffen können.“ Wichtig sei, dass diese Informationen nachvollziehbar für jeden Einzelnen im Unternehmen aufbereitet werden, ob der- oder diejenige nun im Vertrieb, im Einkauf oder in der Forschung arbeitet. „Erfolg messe ich für mich daran, dass wir alle im Unternehmen unsere Nachhaltigkeitsziele erreichen und die Emissionen senken.“
Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit mit einem Ziel
Als Sustainability Manager – Life Cycle Assessment & Analytics arbeitet Leonard Müller mit verschiedenen Abteilungen zusammen: „Ich agiere wie ein Berater für unsere Unternehmensbereiche. Ich bespreche mit ihnen, welche Bedürfnisse und Anforderungen sie haben in Bezug auf das Life Cycle Assessment von Produkten, wozu auch CO2-Fußabdrücke zählen.“ Danach sucht Müller für sie nach entsprechenden Lösungen und kommuniziert viel mit der IT, damit das Ganze auch noch automatisiert abläuft. Er berät seine Kolleginnen und Kollegen von Henkel abteilungsübergreifend und stellt ihnen Informationen zur Verfügung. Mit dieser Expertise können sie ihre Entscheidungen fundiert treffen. Und diese Entscheidungen wiederum helfen dem ganzen Unternehmen dabei, seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
„Ich habe mit vielen Kolleginnen und Kollegen zu tun, sei es aus dem Verkauf, dem Einkauf oder der Produktentwicklung – sie haben alle ihre eigenen Fragen und Anforderungen.“ Aber nicht zuletzt haben sie alle auch ein gemeinsames Ziel: Den CO2-Fußabdruck des Unternehmens zu reduzieren.
Kommunikation ist enorm wichtig
Der Beruf eines Sustainability Managers ist alles andere als einfach. „Vor allem die grundsätzliche Ingenieursherangehensweise, Probleme herunterzubrechen, zu analysieren und auf dieser Basis nach Lösungen zu suchen, hilft mir enorm“, erzählt der 33-Jährige. Die Expertise im Bereich Life Cycle Assessment sei relativ neu und in vielen Berufsausbildungen bislang kein Thema. Deshalb müsste man bei dieser Aufgabe fähig sein, die Thematiken zu „übersetzen“.
„Es bringt keinem etwas, wenn man selbst ganz viel weiß, aber es anderen Menschen nicht vermitteln kann. Deshalb ist die Kommunikation ein wesentlicher Teil meines Jobs“, berichtet der Sustainability Manager. Wenn also in diversen Stellenausschreibungen von „Kommunikationsstärke“ als Anforderung an die Bewerberinnen und Bewerber die Rede ist, handelt es sich nicht nur um eine Floskel. Ein Nachhaltigkeitsmanager muss gut zuhören und komplexe Inhalte verständlich kommunizieren können.
Darüber hinaus ist viel Fachwissen gefragt. So helfen Leonard Müller insbesondere seine Kenntnisse in Thermodynamik. Schließlich muss er sich in Produktionsprozessen gut auskennen, sie analysieren und genau wissen, welche Rohstoffe beispielsweise verwendet oder welche Energieträger eingesetzt werden, um einschätzen zu können, wie das Endprodukt entsteht. „Ich muss diverse Normen und Standards kennen und deren Hintergründe und Zusammenhänge verstehen. Wann werden welche Normen angewandt? Sind Ergebnisse auf andere Standards übertragbar? Darüber hinaus muss ich über die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen Bescheid wissen, um beurteilen zu können, welche technologische Entwicklung für Henkel von Interesse sein könnte. Denn: Meine Aufgabe besteht auch darin, neue Unternehmensprozesse aufzusetzen und neue Lösungen zu erarbeiten“, erklärt Leonard Müller, der seine Aufgaben mit Spaß und Freude erfüllt. „Sonst wäre es langweilig“, sagt er und lächelt.
„Besonders viel Spaß bereiten mir die Aufgaben, bei denen die Lösung nicht unmittelbar klar ist und nicht auf der Hand liegt“, sagt Müller. Interessant sei dabei, diese Lösungen und neue Wege zusammen mit anderen Menschen zu finden und weiterzuentwickeln.
Nachhaltigkeit ist messbar!
„Ich habe zwei Kinder und ich möchte, dass sie und auch ihre Kinder in einer Welt aufwachsen, die lebenswert ist“, definiert er kurz zusammengefasst, was für ihn Nachhaltigkeit generell bedeutet. „Nachhaltigkeit kann man qualitativ und auch quantitativ erfassen. Für angehende Ingenieurinnen und Ingenieure ist es wichtig zu wissen, dass Nachhaltigkeit auch etwas ist, was man beziffern kann, etwa durch Life Cycle Assessment“, plädiert Müller und wünscht sich, dass diese Aspekte im Ingenieurstudium auch verpflichtend unterrichtet werden.
Schließlich muss man bei Entscheidungen, die später im Berufsleben getroffen werden, nicht nur die finanziellen Kosten berücksichtigen, sondern genau wissen, was die eine oder andere technische Entscheidung für die Umwelt bedeutet. Es ist wichtig, Antworten auf die Fragen zu haben, wie sich etwas amortisiert und auch welche Emissionen damit einhergehen. Und dann müsste man sich selbst immer wieder kritisch hinterfragen – ist meine Entscheidung wirklich eine gute gewesen?
Deshalb wünscht sich Leonard Müller, dass auch angehende Ingenieurinnen und Ingenieure diesen quantifizierbaren Bereich der Nachhaltigkeit für sich entdecken. Es klinge nur auf den ersten Blick so wage, aber in der Tat sei es sehr konkret. „Ich würde jedem empfehlen, sich damit zu beschäftigen, weil es zu einer Schlüsselqualifikation für die Zukunft wird. Es ist ein unfassbar spannendes Feld und eine große Spielwiese, auf der man sich austoben kann – vor allem wenn man merkt, dass man dabei etwas bewirkt.“
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