Zwischen Regulatorik und Praxis: Was macht eigentlich eine TÜV-Auditorin?
In einer von ständigem technologischem Fortschritt geprägten Welt ist die Karriere als anerkannte Auditorin für Medizinprodukte anspruchsvoll und lohnend zugleich. Erfahren Sie mehr über die verantwortungsvolle Rolle einer Auditorin bei der Sicherstellung von Qualität und Sicherheit für medizinische Geräte.
Als Auditor*in einer Benannten Stelle, der*die für die Prüfung und Zertifizierung von Medizingeräten zuständig ist, hat man eine wichtige Rolle bei der Umsetzung von Sicherheit, Qualität und der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften für medizinische Geräte. Und nicht zuletzt trägt man dabei viel Verantwortung. Wie ist alles miteinander zu vereinbaren? Was steckt hinter den einzelnen Tätigkeiten? Es gibt viele Fragen zu diesem Job, wenn man am Start seiner Karriere steht.
Alexandra Lösch kann all diese Fragen beantworten. Die 32-Jährige ist seit knapp zwei Jahren bei TÜV Süd und als Lead-Auditorin für Medizinprodukte autorisiert. Sie hat Biomedizinische Technik (Biomedical Engineering) studiert und bei TÜV Süd die Auditorenausbildung durchlaufen.
In ihrem Arbeitsalltag betreut sie Kunden, die ein Medizinprodukt bei TÜV Süd als Benannte Stelle einer Prüfung und Zulassung unterziehen wollen, von der Angebotserstellung über Audits, bis hin zu den Abschlussberichten und Zertifizierung der Qualitätsmanagementsysteme und Produkte. Ihr Job ist ein Spagat zwischen regulatorischen Dokumentations-Herausforderungen (MDR, ISO-Normen) und gelebter Praxis in den Produktionsstätten der Medizinproduktehersteller.
Mit anderen Worten: Das Berufsleben von Alexandra Lösch ist eine aufregende Reise durch die Welt der Medizintechnik und der Qualitätsprüfung. Schließlich spielt sie eine zentrale Rolle bei der Bewertung und Zertifizierung von Medizinprodukten, die auf dem Markt zugelassen werden sollen. Der Bereich MHS (Medical Health Services), in dem sie tätig ist, gilt als einer der am schnellsten wachsenden Bereiche im TÜV Süd-Konzern. Und gerade für diesen Bereich werden viele Ingenieure, Ärzte, Biomechaniker gesucht. Allein in diesem Bereich sind weltweit 1200 Fachleute an 30 Standorten tätig.
Hinter den Kulissen der Medizinprodukte: Ein Spagat zwischen Regulatorik und Praxis
Angefangen hat es für Alexandra Lösch, als sie einen Anruf von einem Recruiter von TÜV Süd erhalten hatte – er wollte sie als Projektmanagerin gewinnen. Danach folgte eine interne Ausbildung, die ihr Wissen in diesem Bereich noch ergänzte. Denn in der Regel brauchen Auditoren neben dem spezifischen Studium oder Ausbildung auch eine bestimmte Anzahl von Jahren Berufserfahrung, sowie QM-Erfahrung. Deshalb dauert die Auditorenausbildung, je nach Vorkenntnissen, unterschiedlich lang.
Ihr erster Aufgabenbereich ist das Projekt-Handling, bei dem sie sich um die Anfragen und Bedürfnisse von Neukunden kümmert. Hierbei geht es darum, herauszufinden, welche Unterstützung die Kunden benötigen und wie TÜV Süd ihnen dabei helfen kann. Außerdem betreut Alexandra Lösch die Audits und technischen Bewertungen (TD-Assessment), einschließlich der Ressourcenplanung und des Zeitrahmens. Dafür muss sie die Produkte und technischen Dokumentationen der Kunden im Detail anschauen, um sicherzustellen, dass sie den erforderlichen Standards entsprechen. „Wenn man das Projekt erfolgreich abgeschlossen hat und das fertige Zertifikat in den Händen hält, ist es wirklich erfüllend. Es steckt eine Menge Arbeit darin, aber es bereitet mir auch sehr viel Freude“, erzählt die 32-Jährige.
Gleichgewicht zwischen Standards und individueller Umsetzung
Als autorisierte Auditorin besucht Alexandra Lösch Kunden vor Ort und verfasst anschließend die Auditberichte für die Qualitätsmanagement-Systeme. Parallel dazu findet je nach Risikoklasse die Bewertung der technische Dokumentation im Rahmen des TD-Assessments statt und stellt sicher, dass die erforderlichen regulatorischen Anforderungen auch für das Produkt erfüllt sind. Es ist ein verantwortungsvoller Prozess, der Genauigkeit und Fachwissen erfordert. „Es ist wirklich interessant, weil jede Firma auf ihre eigene Art und Weise arbeitet. Es ist sehr lehrreich und macht Spaß, die verschiedenen Unternehmen zu besuchen und zu sehen, wie sie ihre Prozesse gestalten“, erklärt die Auditorin, warum sie auch gerne regelmäßig auf Reisen geht.
Allerdings ist es wichtig zu berücksichtigen, dass eine gewisse Offenheit für Neues vorhanden sein muss. „Jeder hat seine Erwartungen, und man muss sich ein bisschen davon lösen, denn letztendlich geht es darum, dass die Firma die Standards und die geforderten Vorgaben und Normen erfüllt – wie sie das genau umsetzt, liegt in ihrer Verantwortung. Unser Fokus liegt darauf sicherzustellen, dass dies geschieht. Es gibt verschiedene Wege, die Regularien zu befolgen, und wir sollten uns von dem Gedanken befreien, dass nur unser Weg der beste ist.“ Nicht immer erfüllen die Medizinprodukte die Anforderungen direkt. Bisweilen müssen Unternehmen mehrmals nachbessern. Dann kann eine Zertifizierung ein längerer Prozess werden oder die Unternehmen erhalten auch gar kein Zertifikat. Auch diese Entscheidung muss Alexandra den Kunden gegenüber erklären und vertreten.
Nun wird deutlich, dass Alexandras Werdegang in der biomedizinischen Technik ihr eine solide Grundlage für ihre Rolle als Medizinprodukte-Auditorin verschafft hat. Ihre Expertise im Bereich Medizin und Technik ist von unschätzbarem Wert, wenn es darum geht, die Sicherheit und Wirksamkeit von Medizinprodukten zu beurteilen. Durch ihre kontinuierliche Weiterbildung bleibt sie stets auf dem neuesten Stand der sich ständig ändernden Regularien und Technologien in der Branche.
„Bei den Audits ist es wichtig, unvoreingenommen zu sein und gleichzeitig standfest aufzutreten. Es gibt Situationen, in denen es viele Diskussionspunkte gibt, und es ist entscheidend, unsere Standpunkte durchzusetzen. Dennoch dürfen wir niemals das Wohl der Patienten aus den Augen verlieren. Unsere oberste Priorität ist es, sichere Medizinprodukte zu gewährleisten. Wenn wir feststellen, dass dies nicht der Fall ist, müssen wir dies konsequent verteidigen, auch wenn es zu Abweichungen führt“, erklärt Lösch, warum solche Soft-Skills, wie Standfestigkeit, Verantwortungsbewusstsein und das unvoreingenommene Herangehen an Audits, in ihrer Position von großer Bedeutung sind.
Kollegiale Unterstützung und Wissensaustausch
Die Unterstützung der Kollegen und Kolleginnen ist von enormer Bedeutung bei diesen Aufgaben. Jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin bringt eine eigene Expertise und Fachkenntnisse mit, die es ermöglichen, sich gegenseitig bei Fragen aus spezifischen Gebieten zu unterstützen. Die Zusammenarbeit in einem Team von Fachleuten mit unterschiedlichen Expertisen eröffnet Alexandra die Möglichkeit, auf kollegiale Unterstützung zurückzugreifen und Wissen zu teilen, was zu einer effektiven und erfolgreichen Umsetzung von Projekten führt. „Unser Team spielt eine entscheidende Rolle, insbesondere beim TD-Assessment. Es ist wirklich Teamarbeit, da nicht jeder alles bewerten kann. Wenn wir beispielsweise ein Produkt mit besonderen Anforderungen an die Biokompatibilität haben, benötigen wir einen Experten, der diese Bewertung durchführt. Dabei tauschen wir uns innerhalb des Teams aus, sei es in Bezug auf die technische Dokumentation oder allgemein, wenn Fragen auftauchen. Ich kann jederzeit einen Kollegen kontaktieren und sagen: ‚Ich habe diese Anfrage, wie sollen wir damit umgehen?‘ Es herrscht eine offene Atmosphäre des Wissensaustauschs, die uns gemeinsam voranbringt.“
Fundierte Kenntnisse und stetige Weiterbildung als Grundpfeiler des Erfolgs
Es gibt zwei Hauptkategorien von Medizinprodukten: aktive und nicht-aktive Produkte. Die aktiven Medizinprodukte sind jene, bei denen elektrischer Strom oder Energie fließt, wie beispielsweise Dialysemaschinen oder Herzlungenmaschinen. Im Gegensatz dazu benötigen nicht-aktive Medizinprodukte keine Energiequelle, darunter fallen zum Beispiel Implantate wie Herniennetze sowie Katheter und Schlauchsysteme.
Die Medizinprodukte lassen sich in verschiedene Klassen einteilen, abhängig von ihrem Risiko für den Patienten. Es gibt unterschiedliche Klassifizierungen, die das Risiko berücksichtigen, auf die aber hier nicht im Detail darauf eingegangen wird. Und nicht nur das: Um in einem solchen Job zu arbeiten, sind bestimmte Kenntnisse und Kompetenzen erforderlich.
Für die Durchführung von Audits sind fundierte Produktionskenntnisse notwendig, um zu verstehen, wie das Medizinprodukt hergestellt wird. Ebenso wichtig ist ein gründliches Verständnis des Medizinprodukts selbst und wie es funktioniert. Deshalb wird der Begriff „Weiterbildung“ bei Alexandra Arbeitgeber großgeschrieben. Zusätzlich ist es vorgeschrieben, dass Auditoren oder die Benannte Stelle regelmäßig eine bestimmte Anzahl an Fortbildungsstunden nachweisen müssen, was auch lückenlos dokumentiert sein muss. Erfahrungsaustausche dienen dabei dazu, sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden immer auf dem neuesten Stand sind und ihre Kenntnisse aktuell halten.
Ja, die Verantwortung ist groß, doch die Möglichkeit, an der Entwicklung und Zulassung lebensrettender Technologien mitzuwirken, ist eine der lohnendsten Aspekte dieses anspruchsvollen Berufsfeldes. Mit Fachwissen, Teamgeist und Offenheit für Neues sorgt Alexandra Lösch dafür, dass medizinische Geräte den höchsten Standards entsprechen und die Patientensicherheit immer an erster Stelle steht.
Als Lead-Auditorin für Medizinprodukte bei TÜV Süd prägt Alexandra Lösch aktiv die Zukunft der Medizintechnik mit und trägt dazu bei, dass innovative Technologien Leben retten können. Ihre Leidenschaft und Hingabe zeigen deutlich, dass eine Karriere als Medizinprodukte-Auditorin eine reichhaltige Reise ist, die sowohl Herausforderungen als auch große Erfüllung mit sich bringt.
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