Bewerbungsgespräch: Die Angst, zu viel zu versprechen
Bewerbungsgespräch, das heißt: alles geben, sich brillant verkaufen, am besten noch eine Schippe drauflegen. Wirklich? Nicht unbedingt. Denn die Gefahr, zu überreizen ist groß. Wir sagen, wie man sein Selbstmarketing perfekt dosiert.
Klar, kann ich das. Drei Sprachen verhandlungssicher? Logisch! Schwierige Projekte steuern? Ein Job, wie für mich gemacht! Fehler? Kenne ich nicht! Wer derart dick im Vorstellungsgespräch aufträgt, bekommt womöglich den Job, ist ihn aber bald wieder los, weil er zu viel versprochen hat und auf ganzer Linie enttäuscht. In diesem Fall wäre es besser, wenn mit einem Assessment dem forschen Vermarktungstalent auf den Zahn gefühlt werden würde, um den Gau für beide Seiten zu verhindern.
Doch derart ausgefeilte Auswahlverfahren sind längst nicht Standard. Und angesichts des Fach- und Führungskräftemangels lässt sich selbst manch erfahrener Personaler bereitwillig Sand in die Augen streuen, um Vakanzen zu stopfen.
Was daher nicht schaden kann, ist eine Art freiwillige Selbstkontrolle. Heißt: Nicht übertreiben. Sich ins rechte Licht zu setzen ist gut, dabei zum Flutlichtscheinwerfer zu greifen eher schlecht. Gerade Ingenieurinnen und Ingenieure haben es angesichts ihres Marktwertes nicht nötig zu übertreiben. Klar, es wird immer Mitbewerber geben, gegen die man sich durchsetzen muss. Deshalb kommt es auf die richtige Dosis Selbstmarketing und Zurückhaltung an.
Wie man den richtigen Ton trifft
„Ingenieure finden Selbstmarketing oft ehrenrührig und oberflächlich oder fühlen sich an windige Gebrauchtwagenhändler erinnert“, sagt Personaltrainer Karsten Noack. Er weiß, wovon er spricht: Noack ist selbst studierter Ingenieur und Wirtschaftswissenschaftler. Doch wie preist man sich selbst an, ohne schräg rüberzukommen oder falsche Erwartungen zu wecken? Vor allem nicht großsprecherisch, arrogant oder unauthentisch, rät der Experte.
Vorstellungsgespräch meistern: Anleitung Schritt für Schritt
„Es reicht nicht aus, das Richtige zu wissen, man muss es auch durch angemessenes und authentisches Selbstmarketing erkennbar machen“, betont der Hamburger Trainer und Personalentwickler Claus Peter Müller-Thurau. Wie geht das? „Kernkompetenzen und Angaben über Projekte, Keywords, die dem Arbeitgeber wichtig sind, gehören im Gespräch an prominente Stelle“, rät der Karrierecoach. Dort, wo im Bewerbungsanschreiben Matching betrieben wurde, sollte man im Gespräch nahtlos anknüpfen. Also entlang der Kernbegriffe aus dem Anforderungsprofil der Stellenanzeige argumentieren. Sachlich, ruhig, fundiert. „Man sollte die Aufgaben aus der Stellenbeschreibung auf eigene bisherige Erfahrungen übertragen und das natürlich anhand von Beispielen belegen“, rät der Profi. Einfach nur anzumerken, teamfähig zu sein, bringt nichts – es muss auch in kurzen Worten nachgewiesen werden, wo und wie man diese Fähigkeit unter Beweis gestellt hat.
Stellen Sie diese Fragen im Vorstellungsgespräch
Die Basics für gekonntes Selbstmarketing
Experte Müller-Thurau nennt drei Fragen, die man sich vorab stellen und ehrlich beantworten sollte, um gut vorbereitet ins Vorstellungsgespräch zu gehen:
- Was kann ich?
- Wer bin ich?
- Was will ich?
„Das sind Fragen, die alle glaubwürdig und passend zur Aufgabe beantwortet werden müssen. Doch damit tun sich Ingenieure mitunter schwer“, erklärt der Hamburger Coach. Letztlich gehe es darum, eine eigene Marke zu schaffen, deren Kern sich aus fachlichen, methodischen, sozialen und persönlichen Kompetenzen zusammensetzt. Nur so lassen sich im Bewerbungsgespräch überzeugend eigene Stärken herauskehren – ohne übertreiben zu müssen.
Bewerbungsschreiben: Tipps und Muster zum Download
Hier wirkt falsche Bescheidenheit so ungünstig wie Lautsprecherei. Gut ist ein gesunder Mix aus Show und Authentizität, denn ein bisschen Posen darf schon sein. Das geht vor allem an die Adresse jener Ingenieurinnen und Ingenieure, die eher zurückhaltend sind. Nicht zu passiv sein, ruhig eigene Fähigkeiten hervorkehren – auch wenn danach nicht explizit gefragt wurde, diese aber wichtig für das Jobprofil sein können und zum Unternehmen passen. Dazu muss man sich in den Anderen und die Ansprüche des Unternehmens hineinversetzen. Dann wird man auch wissen, wie man den eigenen Nutzen für die Firma ziel- und stilsicher rüberbringt. „Sich bewerben ist wie flirten. Unternehmen wollen auserwählt sein“, bringt Müller-Thurau die Sache auf den Punkt.
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