Bewerbungsmarathon: Was steckt wirklich hinter den Absagen?
Absagen, Absagen, Absagen – das kann frustrierend sein und an der Motivation zehren. Aber wieso kommen diese Absagen eigentlich zustande? Was steckt wirklich dahinter?
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Bewerbungsmarathon: Absage um Absage – was steckt wirklich dahinter?
Foto: PantherMedia / Francesco Dibartolo
Im Vorfeld zu unserem interaktiven Webinar „Das perfekte Match – Wie du einen Bewerbungsmarathon vermeidest“ sprechen wir in einem exklusiven Interview mit der Arbeitsmarkt- und Netzwerkexpertin Ines Dauth über genau dieses Thema. Nach Stationen in der Personalvermittlung und im Business Development ist sie seit 13 Jahren als selbstständige Beraterin und Moderatorin tätig. Ihr Wissen gibt sie sowohl an Bewerber*innen als auch an Unternehmen weiter und unterstützt sie dabei, ihre Ziele erfolgreich zu erreichen. Und genau das wird sie auch im Webinar tun.
Was versteht man unter einem Bewerbungsmarathon, und was gehört alles dazu?
Ein Bewerbungsmarathon beschreibt den Prozess, bei dem sich viele Bewerbende auf zahlreiche offene Stellen bewerben, die sowohl online als auch anderswo zugänglich sind. Oft führt das zu automatisierten Absagen – häufig erhält man lediglich eine Eingangsbestätigung, gefolgt von einer standardisierten Mitteilung wie ‚Leider haben wir uns für einen anderen Bewerber entschieden.‘ Diese Art der Absage ist frustrierend, vor allem, wenn sie in großer Zahl kommt. Klientinnen und Klienten berichten immer wieder von der Frustration, besonders wenn die Absagen sich auf bis zu 100 summieren. In solchen Fällen sollte man sich überlegen, ob die Strategie angepasst werden muss. Ich sage immer, dass bei spätestens 20 Absagen eine Überprüfung der Vorgehensweise sinnvoll ist.
Also geht es vor allem darum, sich NICHT flächendeckend zu bewerben?
Es geht nicht darum, einfach irgendwohin etwas rauszuschicken, nur um etwas ‚in die Welt zu setzen‘. Das ist vergleichbar mit einer Bewerbung auf einer Dating-App – kein Arbeitgebender möchte sich fühlen, als wäre die Bewerbung an 100 andere Unternehmen gleichzeitig verschickt worden. Wenn ich als Arbeitgeber*in eine solche Bewerbung bekomme, fühle ich mich nicht wirklich angesprochen. Der erste Schritt ist also, Klarheit darüber zu haben, wohin ich wirklich möchte, wie meine ideale Stelle aussieht und wo ich sie finden kann. Das bedeutet, viel Arbeit an sich selbst und mit sich selbst zu leisten, um diese Ziele und Schritte zu definieren. Erst dann kann ich gezielt für jeden Arbeitgebenden, den ich ins Auge gefasst habe, meine Kontaktaufnahme planen, die passenden Bewerbungsunterlagen erstellen – einen Lebenslauf, der dazu passt, und ein Anschreiben, das genau darauf abgestimmt ist. Ein Bewerbungsmarathon entsteht häufig, wenn ich keine Klarheit habe und mich beliebig fühle, wenn ich mich planlos bewerbe oder mich nur auf offene Stellenausschreibungen konzentriere. Bei offenen Stellenausschreibungen gibt es viel mehr Bewerber*innen, was die eigenen Chancen verringert.
Automatisiertes System verschickt Absagen
Sie haben bereits zwei häufige Fehler skizziert, nämlich dass sich Bewerbende nicht gezielt bewerben und sich nur auf offene Stellen konzentrieren. Welche weiteren Fehler treten oft auf, die zu einem Bewerbungsmarathon führen können?
Es passiert zum Beispiel, dass man eine Bewerbung über ein Online-Portal eines Unternehmens einreicht, indem man die Unterlagen hochlädt, und dann direkt eine Absage erhält. Das passiert, ohne dass die Bewerbung überhaupt richtig geprüft wurde – zum Beispiel durch ein automatisiertes System, das die Unterlagen sofort mit einem Filter abgleicht. Das kann sehr frustrierend sein und führt oft dazu, dass Bewerbende sich schnell entmutigen lassen.
Wie kommt es dann zu dieser Absage?
Es handelt sich häufig um ein automatisiertes IT-System, das mit bestimmten Kriterien gefüttert wird. Zum Beispiel könnte das Bewerbermanagementsystem so eingestellt sein, dass es nur Bewerbungen von Frauen über 40 herausfiltert, während alle anderen eine Absage erhalten. Oder es filtert ausschließlich Uni-Absolventen heraus und lehnt alle anderen ab. Es gibt sogar Fälle, in denen das System so programmiert ist, dass keine Bewerbungen ausgewählt werden, weil die Stelle eigentlich gar nicht besetzt werden soll – in diesem Fall bekommen alle Bewerber eine Absage. Das zeigt, wie sehr der Prozess von Algorithmen und Systemen abhängt, die manchmal gar nicht die echte Absicht des Unternehmens widerspiegeln.
Auf Reset gehen und neu starten
Wie kann man mit der Enttäuschung und dem Frust umgehen, wenn man viele Absagen erhalten hat?
Wer schon mitten im Bewerbungsmarathon ist und viele Absagen erhalten hat, dem empfehle ich, einen Moment innezuhalten und „auf Reset zu gehen – quasi zurück auf Start“. Es ist wichtig, die Absagen nicht persönlich zu nehmen. Diese Absagen sind nicht gegen die Person gerichtet, sondern oft eher das Ergebnis der automatisierten Systeme oder der internen Vorgaben der Unternehmen. Wenn man sich bewusst macht, dass es nicht an den eigenen Fähigkeiten oder Qualifikationen scheitert, kann man neue Energie schöpfen. Der Schlüssel ist, die eigene Positionierung zu überdenken und klar zu definieren, wohin die Reise gehen soll. Dann kann man mit frischem Elan den nächsten Schritt machen und neue Wege ausprobieren.
Lohnt es sich, nach einer Absage anzurufen und nach den Gründen zu fragen?
Es lohnt sich auf jeden Fall, nach einer Absage noch einmal nachzuhaken. Wenn man für sich selbst klärt, ob die Bewerbung wirklich zu einem passt und man feststellt, dass es genau die Stelle war, die man wollte, kann man über das Netzwerk oder direkt per Telefon den Kontakt zu den Entscheider*innen suchen. Oft ist es nämlich so, dass die Absage durch ein System oder automatisierte Filter kam und die Bewerbung noch gar nicht von den Entscheidenden gesehen wurde.
Es macht durchaus Sinn, in so einem Fall nochmal nachzufragen – entweder direkt per LinkedIn, Xing oder telefonisch. Dabei kann man höflich anmerken, dass man gerne mehr über die Gründe der Absage erfahren möchte oder sich erkundigen, ob die Unterlagen wirklich zur Sichtung an den Entscheidenden gelangt sind. Manchmal kann diese informelle Nachfrage die Tür zu einem Gespräch öffnen, und die Situation sieht plötzlich ganz anders aus.
Was sollte ein Bewerber oder eine Bewerberin beachten, bevor er oder sie die Unterlagen verschickt?
Bevor ich überhaupt damit beginne, meine Unterlagen zu erstellen, muss ich sicherstellen, dass die Stelle noch zu besetzen ist. Oft erlebe ich es in meiner Arbeit, wenn ich Unternehmen für meine Klient*innen anspreche. Egal, ob für Geschäftsführerin oder Sachbearbeiter – ich rufe bei den Firmen an und frage zum Beispiel nach dem Gehaltsband für eine ausgeschriebene Position. In vielen Fällen, sogar im öffentlichen Dienst, bekomme ich die Antwort: ‚Die Stelle ist bereits besetzt‘, obwohl der Bewerbungsschluss erst in zwei Wochen liegt. Diese Recherche ist entscheidend, um unnötige Arbeit zu vermeiden und sicherzustellen, dass ich mich auf wirklich zu besetzende Stellen bewerbe.
Bewerbung als Werbung ansehen
Was können Bewerbende weiterhin besser machen, um ihre Erfolgsquote zu steigern?
Oft wird im Anschreiben nur der Lebenslauf wiederholt – was habe ich wann gemacht. Aber bei einem Anschreiben geht es auch darum, neugierig zu machen. Eine Bewerbung ist auch ein Stück Werbung für sich selbst, sie soll den Arbeitgeber dazu bringen, die Unterlagen weiter durchzusehen. Es geht darum, Interesse zu wecken und Lust auf ein Gespräch zu erzeugen.
Ich empfehle, im Anschreiben Highlights herauszustellen, die wirklich neugierig machen. Dafür gebe ich in meinem Webinar auch Tools an die Hand, mit denen wir gemeinsam solche Highlights identifizieren können. Wenn das Anschreiben lediglich eine Wiederholung des Lebenslaufs ist, verpufft die Wirkung schnell.
Wie sieht es mit einer Initiativbewerbung aus?
Bei einer wirklich strategischen Initiativbewerbung geht es nicht darum, die gleiche Bewerbung an zig Unternehmen zu senden und zu hoffen, dass eines zuschlägt. Es geht darum, bewusst zu überlegen: Wo will ich hin? Was bringe ich mit? Und vor allem: Wer kann mir die Tür öffnen?
Networking ist dabei unglaublich wertvoll. Wenn du jemanden kennst, der dich einführen kann oder zumindest als Türöffner fungiert, steigt die Chance erheblich, dass du gehört wirst. Ein gezielter Ansatz ist immer erfolgreicher als nur wahllos Bewerbungen zu verschicken. Und er führt schneller ans Ziel!
Das Thema Empfehlungen spielt hier eine riesige Rolle. Wenn jemand aus deinem Netzwerk dich weiterempfiehlt, hat das eine ganz andere Gewichtung. Als Arbeitgebende weiß ich dann, dass der Bewerbende bereits ein gewisses Vertrauen und Verständnis für die Unternehmenskultur mitbringt, weil die Empfehlung in der Regel nicht zufällig passiert. Für beide Seiten – Bewerbende und Arbeitgebende – ist das Gold wert.
Es geht darum, die Kontrolle zu übernehmen und sich nicht einfach passiv auf die Stellenangebote im Netz zu verlassen. Die Fähigkeit, selbst aktiv zu werden, sich Ziele zu setzen und die eigenen Schritte bewusst zu steuern, ist unglaublich empowernd. Bewerbende, die das verstehen, sind nicht nur weniger frustriert, sondern haben auch die Chance, viel gezielter und erfolgreicher auf ihren Traumjob zuzugehen. Sie erkennen, dass sie nicht auf den „richtigen“ Job warten müssen, sondern jederzeit selbst die Initiative ergreifen können, um ihre Karriere in die gewünschte Richtung zu lenken. Dieses Gefühl von Handlungsspielraum macht einen enormen Unterschied und führt zu mehr Motivation und letztlich zu besseren und schnelleren Ergebnissen!
In ihrem interaktiven Webinar „Das perfekte Match – Wie du einen Bewerbungsmarathon vermeidest“ erklärt Ines Dauth die wichtigsten Stolpersteine im Bewerbungsprozess und führt Sie zurück auf die Erfolgsspur für Ihre nächsten Bewerbungen . Anschließend steht sie Ihnen gerne für Ihre Fragen zur Verfügung.
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