Branchenwechsel: Neuanfang. Nur wie?
Wie glückt der Jobwechsel? Oder gar der Schritt in eine neue Branche? Wir sagen, wie man als Ingenieurin oder Ingenieur einen Neuanfang plant, wann dieser nötig ist und wie er gelingt.
Der Stellenabbau macht auch vor Ingenieurinnen und Ingenieuren nicht Halt. Vielleicht plagte vorher schon eine gewisse Unlust an dem Job oder dem Aufgabenfeld. Oder es lockt schlicht eine neue Herausforderung. Zeit für einen Neuanfang. „Der Wunsch nach einem Branchenwechsel entsteht häufig, wenn Beschäftigte das Gefühl haben, dass es der Branche nicht gut geht, in der sie aktuell tätig sind“, sagt Olaf Jendrny, Regional Manager Beratung bei der Talent- und Karriereberatung von Rundstedt. Zumal, wenn man im eigenen Umfeld oder an eigenem Leibe eine betriebsbedingte Kündigung erlebt hat. Der erfahrene Karrierecoach kennt aber auch ein anderes Motiv: Ingenieurinnen und Ingenieure mit einem breiten Kompetenzprofil, mit dem sie auch in anderen Branchen punkten können, seien oft neugierig etwas Neues kennenzulernen.
Es gebe immer wieder Erfolgsgeschichten. Zum Beispiel die eines Ingenieurs, der nach seinem Studium einige Zeit einen klassischen Ingenieurjob gemacht hat und in seiner Freizeit oft mit dem Wohnmobil unterwegs war, berichtet Jendrny: „Ihm ist es gelungen, dieses Hobby zum Beruf zu machen.“ Er ist in ein Unternehmen eingestiegen, das Wohnmobile vertreibt. Dort hat man ihm sogar die Option eröffnet, das Unternehmen später komplett zu übernehmen. Oder ein Maschinenbauingenieur, der heute als Regional-Geschäftsführer eines europäischen Verkehrsclubs für das Controlling verantwortlich ist. „Erfolgsfaktoren waren bei beiden ihr ausgeprägtes Zahlenverständnis, die Kompetenz, sehr gut mit Prozessen umgehen zu können sowie der geschickte Einsatz ihrer Soft Skills“, erklärt Jendrny.
So muss die Bewerbung gestaltet sein, damit sie Interesse weckt
Besonders Branchenwechsler stoßen im Bewerbungsprozess aber mitunter auf Skepsis. „Wichtig ist daher, dass aus Anschreiben und Lebenslauf hervorgeht, dass sich der Bewerber Gedanken über den Branchenwechsel gemacht hat“, erklärt Jendrny. Im Anschreiben sollten die Gründe für den gewünschten Branchenwechsel erkennbar sein. Jendrny: „Dort sollte auch klarwerden, welchen Mehrwert der Bewerber dem Unternehmen bieten kann.“ Der Lebenslauf unterstützt idealerweise diese Argumentation, in dem er die Tätigkeiten und Erfahrungen beschreibt, die auch für andere Aufgaben und Branchen relevant sind.
Tipps, wie der Wechsel gelingt
Man kann und muss einen Neuanfang durchaus planen. „Ich rate allen, die mit einem Branchenwechsel liebäugeln, sich selbstkritisch zu fragen: Was reizt mich an dieser Branche? Ist sie wirklich für mich interessant? Oder klingt aufgrund meiner Unzufriedenheit mit dem aktuellen Job alles andere besser, als das, was ich gerade habe?“ Voraussetzung, um diese Frage ehrlich beantworten zu können, sei eine umfassende Recherche über die Wunschbranche. Oft hätten Bewerber unrealistische Vorstellungen über Branchen und Unternehmen: „Daher empfehle ich auch mit Personen zu sprechen, die schon in der Branche tätig sind und ein realistisches Bild vermitteln können.“
Wenn man nach dieser Recherche sicher ist, dass es passt, sind die nächsten Schritte die Erstellung von aussagefähigen Bewerbungsunterlagen und die Recherche von passenden Unternehmen sowie einer stimmigen Argumentation, welchen Nutzen Bewerbende dem Unternehmen bieten kann, empfiehlt der Karriereberater: „Bewerbende sollten auch immer einkalkulieren, dass ein Stellenwechsel in eine neue Branche länger dauern kann als bei einem Verbleib in der gleichen Branche.“
Wann sollte man sich besser nicht fach- oder branchenfremd bewerben?
Der Experte würde zum Beispiel abraten, wenn die Recherche ergibt, dass man in der Branche gar nicht an Quereinsteigern interessiert ist. Oder wenn sich herausstellt, dass die eigenen Vorstellungen in der Branche nicht realisierbar sind. Oder wenn die Chancen aufgrund des Qualifikationsprofils oder der Menge der Mitbewerber auf dem Markt zu niedrig sind. Ein kleiner Selbsttest hilft eine Bruchlandung zu vermeiden. „Als branchenfremder Bewerber sollte ich mich immer fragen: Habe ich die Fachkompetenz, um bestimmte Tätigkeiten auszuüben?“, so Jendrny.
Weitere Fragen für den Selbst-Check: Wenn nicht oder nur in Teilen, wie lange dauert es, sich die fehlende Fachkompetenz anzueignen? Wie viele Bewerber sind mit auf dem Markt, die diese Kompetenzen schon mitbringen? Jendrny: „Nur wenn ich mir sicher bin, auch gegen andere Bewerber bestehen zu können, sollte ich das Projekt Branchenwechsel angehen.“
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