Der rote Faden für die Bewerbung
Im Mittelpunkt der Bewerbung steht nicht die Frage „Was habe ich gemacht?“, sondern „Was interessiert den Personalentscheider?“. Die Bewerbung ist kein Offenbarungseid, bei dem der Bewerber vollständig seine Licht- und Schattenseiten darstellt. Kandidaten sollten im Bewerbungsprozedere dem Einstellungswandel bei Personalentscheidungen nachkommen und mehr Inhalte in die schriftliche Bewerbung und ins Vorstellungsgespräch bringen.
Bewerbungsratgeber predigen es, viele Kandidaten setzen es um, das Prinzip: Optik, Optik über alles! Kein Aufwand scheint zu hoch, bei der Bewerbung durch Äußerlichkeiten zu überzeugen. Show und Leistungsvermögen liegen oft weit voneinander entfernt. Auch, wenn heute viele Personalentscheider mangels Masse an Ingenieuren über die eine oder andere fachliche oder persönliche „Macke“ hinwegsehen müssen wird bei der Einstellung hoch dotierter Fach- und Führungskräfte verstärkt auf die „inneren Werte“ geachtet. Der Grund: Die Angst vor teueren Fehlentscheidungen wächst und könnte die Entscheider selbst Kopf und Kragen kosten.
Kandidaten sollten im Bewerbungsprozedere dem Einstellungswandel bei Personalentscheidungen nachkommen und mehr Inhalte in die schriftliche Bewerbung und ins Vorstellungsgespräch bringen. Diese sollten durch eine ansprechende und eher zurückhaltende Optik unterstrichen werden. Das macht den Bewerber aus, der ein gewisses Understatement vorträgt. Die Masse der Inhalte bringt es aber nicht. Sie müssen gezielt ausgewählt werden, so dass ein deutlicher roter Faden entsteht. Er muss in hohem Maße zu den Jobs passen, um die sich der Kandidat bewirbt.
In die Bewerbung gehören interessante Inhalte
Im Mittelpunkt der Bewerbung steht nicht die Frage „Was habe ich gemacht?“, sondern „Was interessiert den Personalentscheider?“. Die Bewerbung ist kein Offenbarungseid, bei dem der Bewerber vollständig seine Licht- und Schattenseiten darstellt. Sie ist vielmehr ein Verkaufspapier, in dem wohl selektiert nur das dargestellt wird, was beim Personalentscheider gut ankommt. Unternehmen preisen gleichfalls ihre Stellen mit allen Vorteilen an und lassen die Nachteile weg. Der Grundsatz der Fairness gebietet gleiches Vorgehen für beide Seiten. Aufgabe des Personalers ist es schlussendlich zu prüfen, ob das, was in der Bewerbung drin steht, auch im Kandidaten steckt.
Die Frage, was Personalentscheider in der Bewerbung interessiert, kann nur der informierte Bewerber beantworten. Übliche Informationsquellen sind Stellenanzeigen, Vorabtelefonate, redaktionelle Beiträge in der Presse, Homepages usw. Ziel ist es, durch die Informationsrecherche herauszufinden, welche Qualifikationen und Erfahrungen Personaler aktuell nachfragen: konkrete Aufgaben- und Projekterfahrungen, Ausbildung und Weiterbildung, Zusatzwissen, Dauer und Art der Berufserfahrung, EDV- und Sprachkenntnisse, Persönlichkeitsmerkmale.
Ein roter Faden für die Bewerbung
Wenn Anschreiben, Lebenslauf, Arbeitszeugnisse, Vorstellungsgespräche ein inhaltlich einheitliches Bild des Bewerbers aufzeigen, hat der Kandidat ganz gute Chancen, mit der Bewerbung weit zu kommen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Kandidat sehr gut den aktuellen Geschmack der Personalentscheider trifft. Um diesen zu ergründen, empfiehlt es sich, in Eigenregie eine „historische“ Stellenmarktanalyse durchzuführen. Sie soll Anforderungen und Qualifikationen zu Tage fördern, die genau die Stellen zeigen, um die man sich bewerben möchte.
Die historische Stellenanalyse für die Bewerbung sollte zum eigenen Berufsfeld angefertigt werden, z.B. technischer Vertrieb, Konstruktion, Entwicklung, Produktion usw. Diese kann ggf. noch branchenspezifisch angelegt werden. Dazu sollten Bewerber in print- und online-Stellenmärkten nach passenden Stellenanzeigen der letzten 12 Monate suchen. Diese werden hinsichtlich dargestellter Aufgaben und Anforderungen systematisch ausgewertet um festzustellen, welche am häufigsten gefragt wurden. Auswertungen zu den großen Berufsfeldern für Ingenieure finden sich unter den Berufsprofilen von ingenieurkarriere.de
Bewerbung ohne Stellenanzeige
Bei Initiativbewerbungen fehlt die Stellenanzeige. Als Ersatz dienen die Ergebnisse der historischen Stellenanalyse. Der Bewerber kennt daraus die Anforderungen für sein Berufsfeld. Für das Produktmanagement zeigt sich z.B., dass mehrjährige branchenspezifische Berufserfahrungen entscheidend, betriebswirtschaftliche Kenntnisse wichtig und Erfahrungen in Marktforschung, Produktdefinition, Produktentwicklung usw. gefragt sind. Nachfolgend ein Beispiel, wie diese Kenntnisse aus der historischen Stellenanalyse die Bewerbung einfließen könnten.
„… als gestandener Produktmanager der Branche Automotive möchte ich gerne mein profundes Wissen und meine Erfahrungen in Ihr Unternehmen einbringen. Ich bin 40 Jahre alt und Maschinenbauingenieur. Zudem besitze ich ein hohes Verständnis für betriebswirtschaftliche Fragestellungen. Besonders zeichnen mich Erfahrungen auf den folgenden Gebieten aus: Marktforschung, Poduktdefinition, Produktentwicklung usw. Voraussetzung ist natürlich, dass der Kandidat die dargestellten Dinge fachlich auch wirklich abdecken kann! So könnte es in der Bewerbung stehen.
Bewerbung: Fähigkeiten belegen
Die Ergebnisse der historischen Stellenanalyse können in die detaillierte Beweisführung bei der Bewerbung auf Stellenanzeigen einfließen. In einer Anzeige findet sich der Text: „Besonderen Wert legen wir auf die Fähigkeit und Bereitschaft, eng mit dem Vertrieb zusammenzuarbeiten.“ Der Bewerber kann zwar behaupten, die Fähigkeiten und die Bereitschaft zu besitzen. Besser ist die konkrete Beweisführung mit Beispielen, die den Geschmack des Personalers treffen: „Ich arbeite seit Jahren eng mit dem Vertrieb zusammen, wobei die Übersetzung von Kundenanforderungen in die Sprache der Entwicklung, die Erarbeitung der Basisargumentation usw. nur Beispiele sind.“
Bei der historischen Stellenanalyse entwickelt der Bewerber ein gutes Gefühl, welche Informationen unter den Lebenslaufschwerpunkten wie Berufspraxis, Weiterbildung, Sprachen, EDV sinnvollerweise dokumentiert werden sollten. Mitunter können die Punkte nicht ganz aus der Analyse übernommen werden. Sie sollten dann modifiziert werden oder zumindest sinnvolle Anregungen liefern können. Wer mit einer sogenannten „3. Seite“ in der Bewerbung arbeitet, erhält durch die Ergebnisse der historischen Stellenanalyse Anregungen zu gefragten Persönlichkeitsmerkmalen.
Das Arbeitszeugnis in der Bewerbung
Vielfach achten Bewerber bei Arbeitszeugnissen nur auf die allgemein bekannten wertenden „Floskeln“ und vergessen darüber die sachlichen Inhalte. Ein aussagekräftiges Arbeitszeugnis kann den „roten Faden“ der Bewerbung unterstreichen, wenn die dort dokumentierten Aufgaben, Projekte, Persönlichkeitsmerkmale und Fachkenntnisse zu dem Berufsfeld passen, in dem sich der Kandidat zukünftig bewegen möchte. Diese ergeben sich aus der historischen Stellenanalyse. Sind die Fakten bekannt, fällt es leicht, Passagen zu Arbeitsleistung, -bereitschaft, -befähigung, -weise und zur Führungsleistung im Zeugnis selbst zu gestalten oder einen Einfluss in diese Richtung auf den Schreiber auszuüben.
Auf Vorstellungsgespräche bei erfolgreicher Bewerbung kann sich der Kandidat mental, organisatorisch, formell, aber ganz klar auch inhaltlich vorbereiten. Der Bewerber sollte nicht irgendwelche Fragen stellen oder Antworten geben. Er sollte Botschaften festlegen: Was möchte ich an fachlichen Inhalten vermitteln? Welchen „Experten“ möchte ich spielen? Welche Persönlichkeitsmerkmale sollten betont werden? Die meisten dieser Punkte lassen sich der historischen Stellenanalyse entnehmen. Die entscheidenden Punkte sollten niedergeschrieben, gelernt und ins Vorstellungsgespräch eingebracht werden.
Keine Worthülsen in der Bewerbung
Damit in der Bewerbung kein wichtiger Inhalt in der Masse der Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen im Lebenslauf untergeht, sollte plakativ (statt in Prosa) dokumentiert werden. Worthülsen und redundante Worte sind konsequent zu streichen. „Fast“ jedem Wort im Lebenslauf sollten relevante Inhalte zu entnehmen sein, die zu den umworbenen Stellen des Kandidaten passen.
Im Lebenslauf steht die aktuelle Berufsstation. Der Leser sollte die Bezeichnung der Position klar interpretieren können. Was ist ein Chief-Operating-Officer? Kaum ein Personaler wird die Frage beantworten können. Es sollte daher, abweichend von der offiziellen Bezeichnung, eine Personalern geläufige gewählt werden. Sie muss zu den Positionen passen, um die es in der Bewerbung geht. Irreführende offizielle Positionsbezeichnungen können modifiziert werden. Ein „Technischer Einkäufer“, der alle Aufgaben des Produktmanagement wahrnimmt, kann seine aktuelle Position mit Fug und Recht mit „Produktmanager“ titulieren, wenn er sich davon Vorteile verspricht.
Gleiches gilt für Firmenbezeichnung. Wer möchte schon einen Produktmanager aus dem Betonwerk Fritz Klein in Hintertupfingen engagieren? Geschickte Umschreibungen in der Bewerbung führen erst gar nicht zu Vorurteilen, die man mit bestimmten Branchen, Namens- und Ortsbezeichnungen verbindet. So könnte der gleiche Produktmanager etwa im Lebenslauf festhalten: Aktueller Arbeitgeber, ein führendes verfahrenstechnisches Unternehmen, nahe einer süddeutschen Großstadt.
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