Der überzeugende Ingenieurlebenslauf
Es gibt viele Empfehlungen, wie ein Lebenslauf geschrieben wird – aber nur wenige, die speziell auf Ingenieure gemünzt sind … und da gibt es schon entscheidende Besonderheiten, die für Erfolg oder Ablehnung einer Bewerbung verantwortlich sind. Zweifellos – Ingenieure können Lebensläufe schreiben! Je jünger die Kandidaten, desto geschliffener kommen die CVs daher. Kein Wunder, in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren hat sich viel getan.
Musterlebensläufe zum downloaden, zahllose Bewerbungstipps im Internet, eine große Zahl von Bewerbungsbüchern etc. sind bei den Ingenieuren angekommen und haben das Aussehen der Lebensläufe sehr vorteilhaft verändert. Fehler in Sachen Optik oder Strukturierung des Werdeganges kommen eher selten vor und können leicht mittels der vielen Ratgeber korrigiert werden. Lebensläufe von Ingenieuren floppen jedoch in erster Linie am Inhalt und der muss in hohem Maße zu den vakanten Positionen passen.
Gute Lebensläufe treffen technologische Anforderungen
Für den Personaler ist es ganz wichtig, dass er die technologischen Schlüsselbegriffe seiner Stellenausschreibung im Lebenslauf wiederfindet. Schließlich möchte er zielgenaue Bewerbungen an die Fachabteilung weiterreichen und seine Kompetenz untermauern. Nennt die Ausschreibung Begriffe wie Silizium, Photovoltaik, Sputter, LED, LCD, CIS und CIGS, scannt der Personaler den Lebenslauf nach diesen Vokabeln ab. Findet er keine, steht es schlecht um die Bewerbung. Gute Personaler schaffen es, anderslautende Worte der Lebensläufe denen der Anzeige zuzuordnen. Fallen etwa Begriffe im Lebenslauf wie „Kathodenzerstäubung“, „Oberflächenphysik“, „Oberflächentechnik“ könnte der Personaler diese durchaus mit „Sputter“ in Verbindung bringen. Manche HR-Mitarbeiter sind zudem Weltmeister, Synonyme abzurufen. Genervt legt allerdings der normale Personaler die Bewerbung zur Seite, findet er „seine Begriffe“ beim ersten Querlesen nicht. Hier muss der Ingenieur die Brücke bauen und ggf. den Lebenslauf den jeweiligen Stellenausschreibungen anpassen!
Relevante Berufsstationen angemessen dokumentieren
Am Arbeitsmarkt hat sich einiges getan. Vielfach wünschen sich Unternehmen neue Mitarbeiter, die schnellstmöglich „produktiv“ sein können. Egal, ob Absolvent oder Professional, die relevante (d.h. sofort oder rasch abrufbare) Berufserfahrung muss im Lebenslauf angemessen dokumentiert werden. Was heißt relevant? Arbeitete ein Entwicklungsingenieur vor fünfzehn Jahren als HiWi an Prüfständen, hat dies keinen aktuellen Praxiswert. Mit einer umfangreichen Dokumentation dieser Station würde der Lebenslauf nur aufgebläht. Anders beim Absolventen, der während seines Praktikums bei der Durchführung von Tests in der SIL (Software in the Loop)-Umgebung und HIL (Hardware in the Loop)-Prüfständen beteiligt war. Das sollte schon in 3 bis 5 Zeilen zum Praktikum erwähnt werden, interessiert sich der Ingenieur für Einstiegspositionen in der Entwicklung. Historische oder unpassende Berufsstationen brauchen im Lebenslauf nur kurz und knapp mit Zeitraumangabe, Namen des Arbeitgebers und Positionsbezeichnung erwähnt werden.
Berufspraxis muss die entscheidenden Schlüsselbegriffe bringen
Das Herzstück eines jeden Lebenslaufes bleibt die Berufspraxis. In diesem Abschnitt müssen die entscheidenden Begriffe fallen. Die letzten sieben bis zehn Jahre Berufserfahrung sollten umfangreich dokumentiert werden. Zeitraumangabe, Name des Arbeitgebers und Positionsbezeichnung sind selbstverständlich. Und danach? Auf jeden Fall sollten Aufgaben und Projekte folgen, an denen gearbeitet wurde. So dokumentiert der Vertriebsingenieur, dass er Angebote unterbreitet, Telefonate führt, Kunden akquiriert, Verträge aushandelt, Abschlüsse generiert, den Wettbewerb analysiert. Jetzt müssen aber auch noch die wichtigsten Objekte und Schnittstellen der Arbeit kommen. Bei der Besetzung von Sales-Positionen sind dies etwa vertriebene Produkte und die Branchen der Accounts. Die Kunst besteht darin, dem Leser an dieser Stelle Begriffe vor Augen zu führen, die zur Ausschreibung passen. Hier ein Beispiel.
Der Bewerber vertreibt Turboverdichter, in der Stellenanzeige ist von Rotationsverdrängern die Rede. Also dokumentiert der Ingenieur: „Mein Vertriebsspektrum sind Strömungsmaschinen wie Verdichter/Verdränger.“ Für eine Initiativbewerbung könnte der Ingenieur die Berufsstation weiter aufbohren: „Mein Vertriebsspektrum sind Verdichter/Verdränger und weitere Strömungsmaschinen wie Kompressoren, Turbinen, Lüfter ?.“ Ähnlich könnte das Branchenspektrum aufgezeigt werden. Ergebnisse der Arbeit, Verantwortlichkeiten könnten weitere Punkte jeder Berufsstation sein.
Ingenieurtechnische Methoden hervorheben
Methoden haben in vielen technischen Funktionsbereichen hohe Bedeutung erlangt. Ein gesonderter Gliederungspunkt im Lebenslauf trägt dem am ehesten Rechnung. Produktionsingenieure könnten z.B. ihre Expertise in Lean-Prinzipien und Kaizen-Methoden wie Six-Sigma, Kanban, FMEA, 8D-Reports, TPM, OEE etc. einstellen. Ingenieure aus dem Qualitätsbereich könnten ihre Kenntnisse in QM-Systemen, etwa QS-9000, VDA 6.1, EAQF, AVSQ, EFQM dokumentieren. Entwickler könnten dagegen Simulationstechniken wie Matlab/Simulink, dSPACE TargetLink etc. bringen. Eine hohe Passgenauigkeit mit der Stellenausschreibung wird immer vorausgesetzt! Ansonsten muss aber eines klar sein, es geht nicht darum, alle Methoden, die einem jemals über den Weg gelaufen sind, zu dokumentieren. Es zählt nur das, was tatsächlich abrufbar, sprich zumindest als Anwender gut eingesetzt werden kann.
IT-Kenntnisse – nicht nur für Konstrukteure und Entwickler wichtig
IT-Kenntnisse müssen in den Lebenslauf ? doch nur, wenn sie tatsächlich berufspraktisch (oder zumindest nach geringer Einarbeitungszeit) eingesetzt werden können und tatsächlich für die Position relevant sind. Vertriebler kommen sicherlich damit aus, Anwenderkenntnisse in Microsoft Excel, Word, Powerpoint und allenfalls in Projektmanagement-Software im Lebenslauf festzuhalten. Ganz anders Entwickler und Konstrukteure. So hat beispielsweise ein Automatisierungsingenieur eine Menge zu bieten. Einfach nacheinander seine IT-Kenntnisse aufzuführen, wäre für den Leser sehr verwirrend. Also muss zunächst eine zugkräftige Gliederung her und danach schließen sich die Details an: Industrielle Kommunikation (Profibus, Ethernet), MSR-Tools (SIMATIC S5/S7, SIMATIC PCS7, WinCC), Programmiersprachen (C, C++, Assembler). Für Ingenieure aus der Wartung/Instandhaltung oder Produktion ist es sinnvoll, z.B. Kenntnisse der jeweiligen SAP-Module, Instandhaltungssysteme etc. im Werdegang zu präsentieren.
Professionelle Weiterbildung ja – Schnupperkurse nein
Es gibt Ingenieure, die dokumentieren keine Weiterbildung im Lebenslauf. Sie messen dem mehrwöchigen Projektmanagement-Seminar oder dem intensiven Inhouse-Seminar „Einführung in die optische Messtechnik“ keine Bedeutung zu und erwähnen diese daher im Lebenslauf nicht. Andere Ingenieure schaffen es, über zehn Jahre lückenlos jedes Tagesseminar zu dokumentieren. Etwas Beiwerk ist ja ganz schön, faktisch relevant sind jedoch nur Weiterbildung mit aktuellem Bezug und solche, die zu einem Abschluss führten. Hierunter fallen z.B. der European Welding Engineer, die Fachkraft für Arbeitssicherheit, die Ausbildung zum Strahlenschutzbeauftragten oder das Level D Zertifikat der GPM. Aber auch Tauglichkeitsnachweise haben für Ingenieure ihre Bedeutung. Wer beispielsweise in der Windenergiebranche arbeiten möchte, für den kann der Nachweis der Höhentauglichkeit einen entscheidenden Pluspunkt bringen, will ein Ingenieur Konditionierungsanlagen betreuen, ist der Nachweis der Atemschutztauglichkeit nicht verkehrt.
Studium, berufspraktische Ausbildungen, Praktika etc.
Ingenieure, die langjährig im Beruf stehen, erwähnen Hochschulstationen im Lebenslauf kurz und knapp. Es reichen Name der Einrichtung, Studienfach/Studienschwerpunkt und evtl. erzielter Abschlusstitel aus. Absolventen oder Jungingenieur sollten ausführlicher werden: Titel von Abschlussarbeiten, gute und sehr gute Noten, drei Arbeitsschwerpunkte zu jedem Praktikum und einschlägigen Jobs könnten ergänzt werden. Eine praktische Berufsausbildung macht sich immer gut – je technischer, umso besser. Die peppt den Lebenslauf auf und dient selbst erfahrenen Ingenieuren dazu, die gefragte „Hands on Mentalität“ nachzuweisen. Gut und sehr gut beherrschte Fremdsprachen, Hobbies, Ehrenämter, Patente, Veröffentlichungen gehören gleichfalls in den Lebenslauf ? allerdings alles in der richtigen Dosierung. Wie heißt es doch so schön: Fakten, Fakten, Fakten ? und an den Leser denken!
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