Die Bewerbung in eine andere Branche – Tipps für Ingenieure
Wenn Ingenieure die Branche wechseln wollen, müssen sie sich viele Gedanken über ihre Selbstdarstellung machen. Wie werden die Fähigkeiten im Lebenslauf präsentiert? Auch im anschließenden Vorstellungsgespräch muss deutlich werden, dass sie den Anforderungen der fremden Branche genügen.
Bestandsaufnahme als Ausgang, wenn es um den Wechsel der Branche für Ingenieure geht: Mit zunehmendem Alter mag die Konzentration gelegentlich nachlassen – zumindest in mehrstündigen Gesprächen. So ging es mir bei meinem letzten Coaching mit einem Ingenieur aus der Telekommunikationsbranche. Klassisch beginnt eine solche Sitzung mit einer Bestandsaufnahme. Der Klient schildert ausführlich seinen Lebenslauf und seine beruflichen Randbedingungen, der Coach stellt hier und da vertiefende Fragen.
Die ersten beiden Stunden der Bestandsaufnahme verliefen ganz normal. Der Ingenieur präsentierte Studium und die ersten 15 Jahre seiner Vita inklusive Branche gekonnt und (auch für mich als Nicht-Ingenieur) leicht nachvollziehbar. Nach einer kurzen Pause wurde das Coaching mit den beiden letzten, entscheidenden Berufsstationen fortgesetzt … und ich verstand so gut wie nichts mehr. Mit viel Routine „rettete ich mich über die Zeit“.
Der Ingenieur muss die Arbeit in seiner Branche darstellen können
Inhalte müssen beim Gespräch hängen bleiben: Irgendwie fühlte ich mich an Gespräche mit einem meiner besten Freunde erinnert, der gleichfalls in der TK-Branche arbeitete. Ehrlich gesagt, ich habe bis heute nicht verstanden, was er dort getan und geleistet hat. Was hängen geblieben ist, es ging in seiner Branche immer um die Verantwortung für unzählige Länder.
Er tat die Arbeit eines Direktors, wurde aber nicht so bezahlt. Bei meinem Freund reichte mir das oberflächliche Verständnis zu seinem Tun aus, ich wollte da nicht als zu neugierig gelten. Will ich einem Kunden weiterhelfen, muss ich jedoch sehr genau verstehen, was er als Ingenieur in seiner Branche tut, um mir ein Urteil erlauben und Ratschläge geben zu können. Am nächsten Coachingtag verschaffte ich mir daher die fehlende Klarheit.
Fachvokabeln aus der Branche sollten Ingenieure vermeiden
Nun mag mein technisches Verständnis nicht das allerbeste sein, aber wenn die Ingenieure aus der Branche der Telekommunikation ihre Expertise zum Besten geben, gibt es wahrscheinlich einige Zuhörer, die nicht alles verstehen. Die TK-Ingenieure habe ich hier nur beispielhaft gewählt – auch hochgradig spezialisierte Ingenieure anderer Wirtschaftszweige können den Zuhörer mit Fachvokabular schwindelig reden. Untereinander mögen sich die Spezialisten der jeweiligen Branche noch hervorragend verstehen.
Was passiert jedoch, wenn ein Branchenwechsel ansteht und ein Personaler in wenigen Minuten die Expertise überblicken muss, ob er dem Ingenieur die neue Branche zutraut? Die Wahrscheinlichkeit, dass bei Durchsicht der Bewerbung, im Telefoninterview oder sogar im Vorstellungsgespräch der Inhalt nicht oder nicht richtig begriffen wird, ist hoch – zumindest wenn ein großer Interpretationsspielraum vorhanden ist. Wie soll der Personaler im nächsten Schritt angemessen bewerten, was der Kandidat in seinem Berufsleben geleistet hat und ob er in das Unternehmen und zur offenen Position passt?
Die Branche muss in den Unterlagen des Ingenieurs deutlich werden
Auch mein Klient machte entsprechende Erfahrungen. Er hatte in den letzten Monaten eine Reihe von Bewerbungsversuchen gestartet, die zu einer durchaus beachtlichen Zahl von Vorstellungsgesprächen führte. Trotz eines an sich guten Lebenslaufes und eines äußerst professionellen und sympathischen Auftretens reichte es nicht zu einem neuen Job. Bei Durchsicht der Stellenausschreibungen fiel mir nichts Ungewöhnliches auf. Nach meinem Verständnis passten die Positionen gut zu dem Ingenieur. Auch die Branche war angemessen.
Auch bei den Anschreiben gab es so gut wie kein Verbesserungspotential. Der Blick in den Lebenslauf, den der Ingenieur bei seinen Bewerbungen verwendete, verwunderte mich aber doch etwas. Beim mündlichen Vortrag im Coaching betonte der Ingenieur immer wieder, dass er ein Hardware-Spezialist und ein Mann der Produktion sei. Im Lebenslauf fand ich zu den letzten beiden Positionen rund zehnmal das Kürzel „SW“ und nahezu mit gleicher Anzahl den Begriff „Entwicklung“. Schilderungen des Ingenieurs über seine Branche und die Lebenslaufdarstellung sprachen nicht die gleiche Sprache.
Ingenieure müssen einen Wechsel der Branche gut begründen
Die Arbeitsmarktreaktionen verwundern daher nicht. Der Ingenieur bewarb sich um Hardware- und Softwarepositionen. Bei den hardware- und produktionsnahen Positionen wurde er gleich nach schriftlicher Bewerbung ausgemustert, bei den Software- und Entwicklungspositionen kam er etwas weiter, hier stellte sich aber in den Vorstellungsgesprächen schnell heraus, dass er nicht ganz den Anforderungsprofilen der Branche entsprach. Der Ingenieur bekam folgerichtig Absagen der Unternehmen oder der Kandidat zog seine Bewerbungen selbst zurück.
Wer als Ingenieur die Branche wechseln möchte, sollte genau darauf achten, wie er seine entscheidenden Berufsstationen darstellt. Der Personaler muss sofort Begriffe finden, die er eindeutig seiner Branche und der zu besetzenden Position als Ingenieur zuordnen kann. Auf Insider-Vokabeln oder schwer nachvollziehbare, interpretationswürdige Inhalte sollte gänzlich verzichtet werden. Klar, wenn der obige Produktionsspezialist der TK-Industrie viel Zeit bekommt zu erklären, weshalb seine Softwareaktivitäten eigentlich Hardwareaktivitäten und seine Entwicklungstätigkeiten eigentlich mehr mit Produktion als mit Entwicklung zu tun haben, wird ein Personaler die richtige Zuordnung treffen können. Aber diese Zeit hat und nimmt sich in der Praxis niemand.
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