Richtig bewerben – ohne den derzeitigen Arbeitsplatz zu gefährden
Bei einer Bewerbung aus der Festanstellung stehen Ihre Chancen gut, sich beruflich zu verbessern. Wer sich aus ungekündigtem Arbeitsverhältnis bewirbt, hat meist keine Not, kann seinen Marktwert testen und beim angestrebten Gehalt für den neuen Job besser pokern.
Wenn alles gut geht bei der Karriere, haben Sie noch nie eine Kündigung von Ihrem Arbeitgeber oder Ihrer Arbeitgeberin erhalten, standen also noch nie mit „leeren Händen“ in Sachen Job da und waren bisher immer sattelfest in einer Festanstellung.
Nun aber steht Ihnen vielleicht der Sinn nach einer neuen Herausforderung, nach neuen Aufgaben, einem neuen Arbeitsumfeld – Sie beabsichtigen, sich bei einem anderen Unternehmen zu bewerben.
Klar, dass davon niemand in Ihrem beruflichen Umfeld erfahren soll, schon gar nicht Ihre Vorgesetzten oder die Personalabteilung. Was muss man tun, um auf Nummer sicher zu gehen? Und: Können Sie sich hundertprozentig davor schützen, dass der bisherige Arbeitgeber etwas davon mitbekommt, dass Sie sich „woanders“ umschauen?
Ein Jobwechsel aus einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis heraus ist nicht ungewöhnlich. Die meisten Ingenieurinnen und Ingenieure bevorzugen einen nahtlosen Übergang von einem zum anderen Arbeitsplatz.
Risiken eines fliegenden Jobwechsels und gesetzliche Grundlagen
Leider birgt die Entscheidung, den bisherigen Job zu verlassen, aber gewisse Risiken. Gerade bei Führungskräften stellt sich die Frage, ob die Personalabteilung des neuen Arbeitgebers vor einem Vertragsangebot beim aktuellen Arbeitgeber nachfragt. Was würde der wohl dazu sagen? Würdigt er Ihre Leistungen dennoch angemessen oder schmälert er sie, damit der potenziell neue Arbeitgeber das Interesse verliert?
Die schlechte Nachricht zuerst: Für vertrauliche Bewerbungen gibt es leider keine dezidierte gesetzliche Grundlage. In der Praxis sieht es allerdings so aus, dass Personaler daran gewöhnt sind, die ihnen anvertrauten Unterlagen diskret zu behandeln.
Dennoch besteht natürlich ein geringes Risiko, dass der eigene Arbeitgeber Wind davon bekommt. Wenn ja, gilt man schnell als illoyal. Wenn aus dem angepeilten Job dann nichts wird, könnte dies für die Karriere im bisherigen Unternehmen negative Konsequenzen haben. Damit es gar nicht erst so weit kommt, gilt es, ein paar Tipps für eine vertrauliche Bewerbung zu berücksichtigen.
Tipp 1: Versehen Sie die vertrauliche Bewerbung mit einem Sperrvermerk
Sperrvermerke kennt man etwa bei Pressemitteilungen oder vertraulichen E-Mails, aber auch in Bewerbungen kann man auf diesen Zusatz verweisen. Zu empfehlen ist, einen solchen Sperrvermerk bereits in der Betreffzeile zu formulieren – so erkennt ein erfahrenen Personaler schon vor dem ersten Hinsehen, dass es sich um eine diskrete Bewerbung handelt.
Sie könnten zum Beispiel Formulierungen verwenden wie: „Bitte vertraulich behandeln – meine Bewerbung als …“, „Meine vertrauliche Bewerbung um die Stelle als …“ oder „Mit der Bitte um vertraulicher Handhabung: meine Bewerbung als …“. Alternativ können Sie den Sperrvermerk aber auch in den Schlusssatz einfügen, am besten in fetter Schrift, damit er nicht übersehen wird, etwa: „Bitte behandeln Sie meine Bewerbung vertraulich.“ oder „Aufgrund meiner ungekündigten Arbeitsstelle wäre mir an einem vertraulichen Bewerbungsverfahren sehr gelegen.“
Tipp 2: Nutzen Sie ausschließlich private Kontaktdaten
Dass man als Kontaktinformationen in einer Bewerbung ausschließlich auf das private Telefon und die private E-Mail-Adresse zurückgreift, liegt auf der Hand. Wichtig ist auch, die Kontakt-Zeiten zu definieren. So sollten Sie am Ende der Bewerbung darauf hinweisen, dass Sie zum Beispiel nur „nach 18 Uhr telefonisch erreichbar“ sind oder alternativ „morgens bis 9.30 Uhr“. Ein solcher Satz könnte konkret so formuliert werden: „Für Rückfragen stehe ich Ihnen sehr gerne zur Verfügung. Sie erreichen mich am besten per E-Mail sowie auch telefonisch morgens vor 9:30 Uhr oder abends nach 18:00 Uhr.“
Notizen, die Sie sich bei etwaigen Telefonaten machen, sollten Sie auf keinen Fall mit zum aktuellen Arbeitsplatz nehmen – zu groß ist die Gefahr, dass sie in „falsche Hände“ gelangen oder zum „falschen“ Zeitpunkt auftauchen. Das könnte Sie im Falle eines Falles das Vertrauen Ihres Vorgesetzen Ihrer Vorgesetzten und auch Ihrer Kolleginnen und Kollegen kosten.
Tipp 3: Den Namen des aktuellen Arbeitgebers unkenntlich machen
Wer nicht unter Wechseldruck steht, sollte in der schriftlichen Bewerbung das Unternehmen des aktuellen Arbeitgebers (Branche, Größenordnung und Ähnliches) bestenfalls umschreiben. Unter Umständen – etwa bei einem großen Konzern, der in einem kleinen Ort sitzt – ist es sogar möglich, von Ihrer Privatadresse auf den Arbeitgeber zu schließen. Im Extremfall kann es daher sinnvoll sein, die Adresse von Freunden oder Familienmitgliedern für die Bewerbungsunterlagen zu nutzen. Auch bei anschließenden Telefonaten oder Interviews mit der Personalabteilung sollten Sie genau überlegen, wann Sie den Namen des aktuellen Arbeitgebers offenbaren.
Vor allem, wenn die Branche, in der Sie beschäftigt sind, relativ klein und übersichtlich ist, könnte eine anonymisierte Bewerbung ratsam sein. In diesem Fall entfernen Sie am besten alle Hinweise auf den Namen Ihres aktuellen Arbeitgebers aus den Bewerbungsunterlagen und schwärzen etwa den Namen des Unternehmens in einem Zwischenzeugnis, so Sie dies anfügen.
Anfänglich sollte die Personalabteilung des neuen potenziellen Arbeitgebers vor allem an Ihren Fähigkeiten, Erfahrungen und Qualifikationen interessiert sein. Erst, wenn Sie ein größeres Vertrauen zu den Personalern gefasst haben und an der Stelle wirklich interessiert sind, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um mehr zu berichten – und Ihren aktuellen Job zu offenbaren.
Alle Bewerberinnen und Bewerber, die auf Jobportalen wie LinkedIn und Xing vertreten sind, sollten sich allerdings hinsichtlich der „Auffindbarkeit“ keine Illusionen machen – der Blick von Personalern geht als erstes dorthin. Also werden Sie in diesem Fall darauf verzichten müssen, sich „anonym“ zu bewerben.
Verhalten während des Bewerbungsprozesses
Ist die Bewerbung während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses versendet, gilt es vor allem, im aktuellen Job einen kühlen Kopf zu bewahren. Damit die derzeitigen Kollegen und Kolleginnen und der Chef oder die Chefin nicht das Gefühl bekommen, dass Sie sich nach neuen Jobmöglichkeiten umgesehen haben, sollten Sie möglichst darüber nicht mit anderen sprechen und in keiner Situation den Anschein machen, dass Sie sich weniger engagieren als bisher.
Urlaubstag fürs Bewerbungsgespräch?
Für die meisten ist es schwierig, an einem normalen Arbeitstag ein Bewerbungsgespräch zu führen. So dies allerdings vor oder nach der Arbeitszeit, etwa im Rahmen eines virtuellen Gesprächs, möglich ist, muss man sich keine Gedanken machen. Komplizierter wird es, wenn Sie dafür in einer anderen Stadt anreisen müssen oder aber kein Termin außerhalb der eigenen Arbeitszeit gefunden werden kann. Dann bleibt nur die Möglichkeit, einen Urlaubstag zu beantragen, um in Ruhe zum vereinbarten Zeitpunkt dort vorzusprechen. Es versteht sich von selbst, dass es nicht besonders ratsam ist, sich krank zu melden oder aufgrund des Termins zu spät zur Arbeit zu kommen und sich mit Lügen herauszureden.
So verhalten Sie sich richtig im Bewerbungsgespräch
Den nächsten Schritt des Bewerbungsprozesses stellt normalerweise das Bewerbungsgespräch dar. Es wird schwierig sein, den aktuellen Arbeitgeber ganz unter den Tisch fallen zu lassen, schließlich möchten sich die neuen Kollegen und Kolleginnen ein relativ konkretes Bild von Ihren derzeitigen Aufgaben machen. Selbstverständlich muss es in einem solch vertraulichen Rahmen dennoch möglich sein, den Namen – noch – geheim zu halten, zumindest solange nicht klar ist, ob Sie als geeignete Kandidatin oder Kandidat infrage kommen. Und das sollte im Normalfall allein von Ihren Qualifikationen und dem Eindruck, den Sie und Ihre Bewerbung als solches hinterlassen, abhängen.
Wenn es sich um eine Branche mit nur wenigen Konkurrenzunternehmen handelt, und Sie den Namen Ihres Arbeitgebers definitiv nicht nennen wollen, möchten Ihre Gesprächspartner ausloten, ob Sie die oder der Richtige sind für die Stelle, die ausgeschrieben ist. Und somit müssen Sie auch konkret benennen können, was Ihre derzeitigen Aufgaben ausmacht. Gewissermaßen ein Balanceakt, den Sie aber geschickt lenken können, sofern Sie sich zuvor Gedanken darüber gemacht haben.
Oberstes Gebot: Nicht schlecht über den derzeitigen Job sprechen
Wichtig ist vor allem, sich genau zu überlegen, wie Sie im Gespräch darlegen wollen, warum Sie Ihren bisherigen Arbeitsplatz aufgeben wollen und sich nach einem anderen umschauen. Dabei gilt es, darauf zu verzichten, etwa (persönliche) Schwierigkeiten mit dem Chef oder dem Team anzusprechen. Stattdessen sollten Sie sich darauf fokussieren, Argumente zu benennen, die in Ihren Augen eine berufliche Veränderung oder Weiterentwicklung nötig machen.
Daher ist es ratsam, sich im Gespräch möglichst auf die neue Stelle zu konzentrieren. Dazu gehört auch, die Vorteile eines Jobwechsels hervorheben. Machen Sie sich im Vorfeld des Gesprächs über Ihren zukünftigen Arbeitgeber schlau – und dessen Arbeitsfelder und die Aufgaben, die Sie übernehmen könnten.
Gehen Sie ruhig dezidiert auf einzelne Punkte der definierten Aufgaben ein und erläutern, weshalb Sie diese gerne übernehmen möchten, und warum gerade Sie dafür besonders gut geeignet sind. Wichtig ist an dieser Stelle, glaubhaft die eigene Motivation für den Stellenwechsel vermitteln zu können, damit Ihre Bewerbung erfolgreich ist.
In der Bewerbungsphase aufgeflogen: Was tun?
Sollten Sie trotz aller Vorsichtsmaßnahmen auffliegen, sollten Sie möglichst glaubhaft versichern, dass Sie lediglich Ihren Marktwert und Ihr Gehalt prüfen wollen – das ist grundsätzlich legitim und gerade bei Leistungsträgern beliebt.
Sollte der Chef oder die Chefin dies nicht akzeptieren, sollten Sie klarstellen, dass Ihre Bewerbung keine Entscheidung gegen ihn oder sie war. Sagen Sie, wohin Sie sich weiterentwickeln möchten. Auch familiäre Gründe oder ein kürzerer Arbeitsweg sind Argumente, die normalerweise für Vorgesetzte nachvollziehbar sind. Unter Umständen können sich dadurch beim aktuellen Arbeitgeber sogar Türen öffnen, die bis dato verschlossen schienen. Hauptsache, Sie hinterlassen im Gespräch keine verbrannte Erde! Das könnte der eigenen Reputation massiv schaden.
Zum Schluss: Kündigen Sie Ihren aktuellen Job erst, wenn Sie den Arbeitsvertrag der neuen Firma unterzeichnet haben. Besser nicht allein mündliche Zusagen verlassen! Sollte aus dem neuen Job nämlich im letzten Moment doch nichts werden, ständen Sie womöglich mit leeren Händen da.
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