Experte verrät die häufigsten Fehler in Bewerbungsunterlagen
Die Bewerbungsunterlagen sind entscheidend für alle Bewerbenden. Es ist selbstverständlich, dass keine Fehler passieren sollten. Aber auch das reicht nicht aus, um aufzufallen. Sebastian Clensmann, langjähriger Partner der Agentur für Arbeit, teilt in diesem Interview wertvolle Tipps, wie Bewerbende ihre Unterlagen optimieren können, um ihren Wunschjob zu bekommen.
Was sind die häufigsten Fehler, die Bewerber in ihren Bewerbungsunterlagen machen?
Der erste große Fehler ist die Verwendung kostenloser Bewerbungsvorlagen aus dem Internet, die über Plattformen wie Indeed oder StepStone verfügbar sind. Diese Vorlagen sind zwar praktisch, da sie eine einfache Möglichkeit bieten, einen Lebenslauf zu erstellen, aber sie führen auch dazu, dass Bewerbungen optisch und inhaltlich sehr ähnlich aussehen. Auf diese Weise kann es Bewerbern nicht gelingen, aus der Masse hervorzustechen und ihre individuellen Stärken und Qualifikationen effektiv zu präsentieren.
Ein weiterer Fehler betrifft das Bewerbungsfoto. Statt eines professionell inszenierten Business-Porträts verwenden viele Bewerber ein klassisches Bewerbungsbild im Hochkantformat. Ein gut gestaltetes Business-Porträt im Querformat kann hingegen einen positiven ersten Eindruck hinterlassen und mehr Persönlichkeit vermitteln.
Ein dritter Fehler ist das Vorwegnehmen der Gehaltsvorstellungen in den Bewerbungsunterlagen. Obwohl manchmal in Stellenanzeigen danach gefragt wird, ist es strategisch klüger, diese Informationen erst im persönlichen Interview zu besprechen. Dadurch behält man seine Verhandlungsposition bei und kann besser einschätzen, welche Verantwortlichkeiten die Position wirklich umfasst.
Ferner ist die Formulierung des Anschreibens aus der Ich-Perspektive ein weit verbreiteter Missgriff. Bewerber neigen dazu, zu betonen, was sie können und was sie wollen, anstatt sich darauf zu konzentrieren, welchen konkreten Mehrwert sie dem Unternehmen bieten können. Ein überzeugendes Anschreiben sollte daher immer aus einer Mehrwert-Argumentation heraus geschrieben werden, um zu zeigen, wie man das Unternehmen unterstützen und Probleme lösen kann.
Zu guter Letzt machen etliche Kandidaten den Fehler, ihren Lebenslauf nicht den Anforderungen des Unternehmens anzupassen. Zahlreiche Firmen nutzen Bewerber-Management-Systeme mit Algorithmen, die Bewerbungen vor der Sichtung durch Personalverantwortliche filtern. Ein Lebenslauf, der nicht an die spezifischen Anforderungen der Stelle angepasst ist, hat daher oft geringe Chancen, überhaupt betrachtet zu werden. Es ist entscheidend, dass Bewerbungsunterlagen inhaltlich so aufbereitet sind, dass sie gut zur angestrebten Position passen und die richtigen Schlüsselwörter enthalten, um eine hohe Übereinstimmung zu erzielen.
Bewerbungsverfahren überarbeiten, um wettbewerbsfähig zu bleiben
Welche Veränderungen haben sich in den letzten Jahren in Bezug auf Bewerbungen und Vorstellungsgespräche ergeben?
Zwei entscheidende Trends sind besonders bemerkenswert, die sowohl Unternehmen als auch Bewerber betreffen: Zum einen hat sich in einigen Branchen ein Arbeitsmarkt entwickelt, der den Arbeitnehmern die Wahl ermöglicht und Unternehmen dazu zwingt, intensiver um die besten Talente zu konkurrieren. Dies fordert von den Firmen eine Überarbeitung ihrer traditionellen Bewerbungsverfahren, um wettbewerbsfähig zu bleiben und weiterhin attraktiv für potenzielle Bewerber zu sein.
Zum anderen sehen sich Bewerber insbesondere in Bereichen wie dem kaufmännischen Sektor einer Vielzahl von Mitbewerbern gegenüber. In dieser Situation ist es äußerst wichtig, wie Bewerber ihre Bewerbungsunterlagen gestalten und sich persönlich im Vorstellungsgespräch präsentieren. Diese Dynamik zwingt sowohl Unternehmen als auch Bewerber dazu, sich anzupassen und neue Strategien zu entwickeln, damit sie die Chancen auf dem Arbeitsmarkt bestmöglich nutzen können.
Warum ist es wichtig, auf aktuelle Trends und Erwartungen in Bewerbungsunterlagen einzugehen?
Aktuellen Trends und Erwartungen in Bewerbungsunterlagen gerecht zu werden, entscheidet darüber, wie man bei potenziellen Arbeitgebern wahrgenommen wird. Wer hier nicht am Ball bleibt, läuft Gefahr, weniger Einladungen zu Vorstellungsgesprächen zu erhalten. Daher ist es wichtig zu verstehen, wie man sich selbst bestmöglich präsentiert – sei es in der Bewerbung selbst, im Vorstellungsgespräch oder auch während der Gehaltsverhandlung. Unser Motto lautet daher: „Verkaufen statt bewerben.“
Aufmerksamkeit der Arbeitgeber auf sich ziehen
Wie kann man sicherstellen, dass die Bewerbungsunterlagen die Aufmerksamkeit der Arbeitgeber auf sich ziehen?
Statt sich strikt an konventionelle Vorlagen zu halten, die oft den Fokus auf Passfotos oben links und detaillierte Erklärungen zu Lücken im Lebenslauf legen, geht es darum, eine neue Herangehensweise zu kultivieren. Natürlich müssen die Informationen korrekt und ehrlich sein, doch der Schlüssel liegt darin, sich nicht nur zu bewerben, sondern sich aktiv zu vermarkten. Die Unterlagen sollten deshalb wie eine überzeugende Verkaufsbroschüre gestaltet sein, die die einzigartigen Fähigkeiten und Erfahrungen hervorhebt, welche man für die Position mitbringt.
Welche Rolle spielen Technologien wie KI und Automatisierung bei der Bewerbung im Jahr 2024?
Technologien wie Künstliche Intelligenz und Automatisierung nehmen im Bewerbungsprozess kontinuierlich an Bedeutung zu. Unternehmen setzen KI bereits seit einiger Zeit in Bewerber-Management-Systemen ein, um Bewerbungen effizient zu filtern. Daher ist ein Verständnis für die Funktionsweise dieser Systeme für Bewerber wichtig, wenn es darum geht, wie sie ihre Bewerbungsunterlagen optimal gestalten sollten.
Aufseiten der Bewerber kann KI ebenfalls hilfreich sein, beispielsweise bei der Erstellung von Lebensläufen oder Anschreiben. Jedoch ist es entscheidend, die Ergebnisse kritisch zu bewerten, um sicherzustellen, dass sie relevant und effektiv sind. Es genügt nicht, einfach einen KI-generierten Lebenslauf zu verwenden, ohne dessen Qualität zu überprüfen. Man muss die Systeme verstehen und ihre Ergebnisse bewerten können. Auch wir nutzen in unserer täglichen Arbeit KI zur gezielten Optimierung von Bewerbungsunterlagen.
Online-Präsenz auf Plattformen wie LinkedIn und Xing
Wie können Bewerber ihre Online-Präsenz auf Plattformen wie LinkedIn und Xing im deutschsprachigen Raum optimieren, um ihre Chancen auf ein Vorstellungsgespräch zu erhöhen?
Ein Profil auf beiden Plattformen sollte zum Standard in der Arbeitswelt gehören, um bestmöglich für potenzielle Arbeitgeber sichtbar zu sein. Besonders wichtig ist dies für Recruiter und Headhunter, die täglich interessante Kandidaten für ihre Suchmandate suchen. Ohne das Verständnis für die Algorithmen von LinkedIn und Xing sowie die richtige Optimierung des Profils bleibt man oft unsichtbar. Wenn man jedoch weiß, wie man vorgehen muss, kann man regelmäßig ein bis zwei Stellenangebote pro Woche von Headhuntern erwarten. Daher ist es unerlässlich, die Funktionsweise dieser Plattformen zu verstehen und das eigene Profil entsprechend anzupassen.
Gibt es bestimmte Trends oder Entwicklungen im Bewerbungsprozess, die Bewerber im Jahr 2024 im Auge behalten sollten?
Bewerbende sollten besonders auf Trends und Entwicklungen im Bewerbungsprozess achten, die sich weiterentwickeln. Künstliche Intelligenz bleibt eine treibende Kraft, da sie bei der Vorauswahl von Bewerbern, der Analyse von Videointerviews und in Screening-Tools für Lebensläufe eingesetzt wird. Sich kontinuierlich weiterzubilden ist ebenfalls wichtig, da Arbeitgeber zunehmend Bewerber bevorzugen, die bereit sind, neue Fähigkeiten zu erwerben – sei es durch Online-Kurse oder Fernstudien. Zukünftige Fähigkeiten wie Systemvertrieb, Programmierung und der Umgang mit IT-gestützten Tools sollten auch im Auge behalten werden.
Werte, Mission und die Arbeitskultur des Unternehmens als Grundlage für eigene Präsentation nutzen
Wie wichtig ist es, auf die Unternehmenskultur und -werte in der Bewerbung einzugehen, und wie kann man das am besten tun?
Unternehmen schätzen Bewerbende, die sich mit ihren Werten identifizieren können. Eine effektive Möglichkeit, dies zu zeigen, ist eine gründliche Recherche über das Unternehmen. So können die Werte, die Mission und die Arbeitskultur des Unternehmens als Grundlage für die eigene Präsentation dienen. Die Bewerbung sollte dann zeigen, wie die eigenen Werte und Fähigkeiten mit denen des Unternehmens übereinstimmen. Konkretisierte Beispiele aus der beruflichen Laufbahn, die zeigen, wie man bereits zur Förderung ähnlicher Werte beigetragen hat, sind dabei besonders überzeugend. Auch eine visuelle Anpassung der Bewerbungsunterlagen an die Identität des Unternehmens, etwa durch Farbgebung oder Logonutzung, kann zusätzlich helfen, eine starke Verbindung zur Unternehmenskultur zu zeigen und sich positiv von anderen Bewerbern abzuheben.
Können Sie uns von einem besonders herausragenden Fall berichten, in dem ein Bewerber einen schwerwiegenden Fehler begangen hat, der seine Bewerbung oder seinen Bewerbungsprozess erheblich beeinträchtigt hat?
Ich hatte eine Kundin, eine erfahrene Biochemikerin, die sich über mehrere Jahre hinweg vergeblich beworben hatte. Obwohl sie ein Spezialist auf ihrem Fachgebiet war, erhielt sie nie Einladungen zu Vorstellungsgesprächen. Der Grund dafür war, dass ihre Bewerbungsunterlagen nicht richtig formatiert waren und daher von den Bewerbungssystemen nicht erfasst wurden. Nachdem wir das Problem identifiziert und ihre Unterlagen entsprechend angepasst hatten, erhielt sie umgehend zahlreiche Einladungen zu Interviews und Vorstellungsgesprächen. Dies zeigt deutlich, wie wichtig es ist, auf eine korrekte Formatierung und Darstellung der Bewerbungsunterlagen zu achten.
Über Sebastian Clensmann:
Sebastian Clensmann ist Gründer und Geschäftsführer der BewerbungsCode GmbH. Seit fünf Jahren leitet der ehemalige Personaler das voll digitalisierte Unternehmen, um arbeitssuchenden Akademikern und Führungskräften ein umfassendes Bewerbungscoaching zu bieten. Die BewerbungsCode GmbH ist ein verlässlicher Partner für Arbeitsagenturen in Deutschland, die mit systematischen Ansätzen die Arbeitslosigkeit in sechs bis acht Wochen nachhaltig bekämpfen.
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