Recruiting Tag Blog 12.05.2015, 00:00 Uhr

Glück und Zufriedenheit sind die Basis für Gesundheit und Erfolg im Leben

Wir freuen uns heute auf Dr. Bernd Slaghuis als Bloginterviewpartner. Er hält seit letztem Jahr spannende Vorträge auf unseren VDI nachrichten Recruiting Tagen. Als Experte für neue Karrieren und gesunde Führung betreibt er eine Coaching-Praxis in Köln und hat sich dort auf Anliegen zur beruflichen Neuorientierung spezialisiert.

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Foto: panthermedia.net/maxkabakov

Guten Tag Herr Dr. Slaghuis, auf Ihrer Internetseite fällt als erstes ein Satz ins Auge: Glück und Zufriedenheit sind die Basis für Gesundheit und Erfolg im Leben. Dessen sind wir uns bestimmt alle bewusst, aber gerade die Erreichung von Zufriedenheit hat vor allem zwei Fundamente.

Es gibt die private und die berufliche Zufriedenheit. Reden wir hier bei ingenieurkarriere.de einmal von der beruflichen Zufriedenheit. Wie sollte ein Absolvent am besten vorgehen, um einen Job zu finden, der ihm berufliche Zufriedenheit bieten kann. Wie findet er das am besten im Vorfeld raus?

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Bernd Slaghuis: Vorweg: berufliche und private Zufriedenheit hängen eng zusammen. Der Beruf ist wesentlicher Bestandteil des Lebens, das Konzept der Work-Life-Balance hat daher auch längst ausgedient. Es geht vielmehr darum, den Beruf sinnvoll in das eigene Leben zu integrieren. Und was nützt der Traumjob, wenn der Haussegen schief hängt? In meinen Coachings ist es mir daher wichtig, bei beruflichen Anliegen auch immer die private Seite einzubeziehen, wo es sinnvoll und wichtig ist.

Zurück zu Ihrer Frage: Berufliche Zufriedenheit wird dann erreicht, wenn der Job und das Umfeld zu meinen heutigen Werten und Zielen passen. Wer die Herausforderung liebt, aber nur mit Routineaufgaben beschäftigt wird, der ist genauso unzufrieden wie jemand, der Anerkennung braucht, aber einen Chef hat, für den Wertschätzung ein Fremdwort ist. Die persönlichen Werte, also das, was uns besonders wichtig ist, damit wir im Job – und im Leben – glücklich sind, sollten einigermaßen erfüllt sein. Dies ist ein aus meiner Erfahrung ganz zentraler Stellhebel für Zufriedenheit im Beruf.

Im Vorfeld herauszufinden, ob der neue Job wirklich der Richtige ist, ist nicht immer einfach, denn die Zufriedenheit hängt oft von den zwischenmenschlichen Beziehungen ab. Ich erarbeite mit Bewerbern Ihr Bild vom Traumjob. Hier definieren wir, was alles dazugehört. Das fängt an mit der Branche, der Region oder der Größe des Unternehmens, geht über die idealen Tätigkeiten bis hin zu Fragen, wie der Chef, die Chefin und die Kollegen am besten ticken sollen. Für viele bietet diese Übung als Ergebnis eine konkrete Check-Liste für die weitere Stellensuche.

Wenn man nicht sicher ist, ob der Job wirklich der Richtige ist, wie lange hält man am besten durch?

Ich bin kein Fan von Durchhalten! Das drückt für mich Resignation und Passivität aus. Sofort beim kleinsten Problem oder der ersten Meinungsverschiedenheit mit dem Vorgesetzten die Kündigung zu schreiben, ist sicher auch nicht der richtige Weg. Mein Tipp: Machen Sie sich bewusst, was Sie gerade in einer bestimmten Situation stört. Was steckt dahinter? Welcher Ihrer Werte kommt hier gerade zu kurz? Was frustriert Sie und war das schon immer so? Was hat sich verändert? Werden Sie dann selbst aktiv! An welchen Stellhebeln können Sie drehen, um etwas an Ihrer Situation zu verbessern? Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel Handlungsfreiraum auch Angestellte besitzen, um an einer belastenden Situation etwas zu verändern. Wenn Sie sich sicher sind, dass Sie im aktuellen Job nicht glücklich werden, dann gehen Sie. Durchhalten zur Lebenslauf-Kosmetik halte ich persönlich in der heutigen Zeit eindeutig für verschwendete Lebenszeit.

Ist es ratsam ehrlich zu sein und ein Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen oder bewirbt man sich am besten sofort neu und steht mental auf dem Absprung?

Ich empfehle erst einmal das Gespräch mit dem Vorgesetzten. Dafür sind Chefs da. Sie sollten nicht nur Arbeit verteilen, sondern auch ein offenes Ohr bei Problemen ihrer Mitarbeiter haben. Im Normalfall hat Ihr Chef das Interesse, Sie als Mitarbeiter zu behalten und es ist ihm wichtig, dass Sie gute Arbeit leisten können – und für diese Rahmenbedingungen ist er verantwortlich. Also, wenn für Sie die Arbeitsbedingungen nicht mehr stimmen oder Sie Erwartungen an Ihre Führungskraft haben, die momentan nicht erfüllt werden, dann schaffen Sie Klarheit. Führung ist keine Einbahnstraße und Ihr Chef besitzt keine Glaskugel. Er ist auch auf Ihr Feedback angewiesen und darauf, dass Sie selbstverantwortlich die Initiative ergreifen, wenn Sie etwas stört.

Wenn ich schon sehr lange berufstätig und frustriert bin, wie kann hier eine berufliche Neuausrichtung gelingen?

„Ich muss da raus!“ Mit diesem Ziel kommen die meisten Klienten zu mir. Der erste Schritt für die Neuausrichtung besteht im Umdenken, nämlich zu „Wo möchte ich hin?“ Wichtig als Vorarbeit ist auch, die eigenen Stärken und Fähigkeiten wieder neu schätzen zu lernen. Bei vielen Gefrusteten sind ihr Selbst-Bewusstsein und die Wertschätzung ihrer eigenen Talente mit der Zeit verloren gegangen. Hier braucht es Aufbauarbeit. Die Identifikation eines neuen, attraktiven Zieles steht danach im Fokus. Ein Ziel, welches zu den momentanen und zukünftigen eigenen Werten und persönlichen Zielen passt. Ein zweiter und sehr wichtiger Punkt ist das ideale Arbeitsumfeld. Wo finden Sie den besten Nährboden für Ihre fachliche und persönliche Entwicklung der nächsten Jahre? Und hier darf ruhig geträumt werden, viel zu oft begrenzen wir uns durch Rationalität, Angst und zu wenig Neugierde und Mut auf Neues. Hier entscheidet sich dann auch, ob eine Veränderung beim aktuellen Arbeitgeber bereits in die gewünschte Richtung führen kann, oder ob die Neuausrichtung Kündigung und Wechseln bedeutet. Das Ziel allein reicht jedoch nicht aus. Ohne einen konkreten Umsetzungsplan, auf den Sie auch wirklich Lust haben, wird es schwierig. Und hier kommt es darauf an, sich nicht auf andere zu verlassen, sondern nur Sie allein haben es in der Hand, Ihrem Ziel Stück für Stück näher zu kommen.

Veränderungen im Leben sind jederzeit möglich, doch finanzielle Fesseln lassen Menschen oft keinen großen Handlungsspielraum. Ein Neustart gestaltet sich eher schwierig. Was gibt es hier für Möglichkeiten?

Ich mache die Erfahrung, dass viele Menschen genau dies glauben. „Ich habe ja keine andere Wahl, denn wovon soll ich morgen die Miete bezahlen?“ Also weiter leiden und das arme Opfer abgeben! Das ist ein Totschlagargument gegen jegliche Veränderung. Sicher gibt es Rahmenbedingungen, unter denen eine berufliche Veränderung nur möglich ist. Und das liebe Geld spielt für die meisten eine große Rolle. Viele Neuorientierer entscheiden sich für eine Zwischenlösung, die vielleicht darin besteht, den bisherigen Job – mit anderer Einstellung – weiter zu machen und Freiräume zu schaffen, um das Neue vorzubereiten. Andere stellen im Coaching-Prozess fest, dass sie auch mit weniger Geld auskommen können und ihnen ist es wichtiger, dass stattdessen andere Dinge im Leben und im Beruf wieder stärker erfüllt sind. Zu mir kommen viele Führungskräfte mit dem Wunsch, im Beruf kürzerzutreten. Dieser Schritt wird als Downshifting bezeichnet und ist eine besondere Form der beruflichen Neuorientierung. Es geht dabei nicht immer darum, weniger zu arbeiten, sondern selbstbestimmter zu arbeiten und vielleicht dabei auch auf einen Teil des bisherigen Einkommens zu verzichten.

Nach meiner Definition bedeutet Karriere die berufliche Entwicklung entsprechend der persönlichen Werte und Ziele im Leben und im Beruf. Der Schritt zurück ist gleichwertig mit dem Klettern auf der Karriereleiter nach oben. Und hier schließt sich der Kreis zu Glück und Zufriedenheit. Es gibt Phasen im Leben, da verändern sich die persönlichen Werte und Ziele. Erfolg, Macht und Status rücken bei vielen Menschen um die Vierzig in den Hintergrund, Sinn oder Herausforderung werden hingegen wichtiger. Wer zu diesem Zeitpunkt die Bedeutung dieser Veränderungen für seine berufliche Entwicklung erkennt und bewusst den eigenen Weg anpasst, statt einfach blind Karriere zu machen, der wird immer einen Weg finden, der ihn in die richtige Richtung führt. Davon bin ich fest überzeugt.

Vielen Dank für das interessante Interview Herr Dr. Slaghuis. Hoffen wir, dass sich bei unseren Lesern das berufliche und private Glück die Waage hält. Wir freuen uns schon auf Ihren nächsten Vortrag auf unserem Recruiting Tag am 19. Mai in Düsseldorf mit dem Titel: Karriere auf Kurs – In 5 Schritten zu mehr beruflicher Orientierung.

Ich danke Ihnen für das Interview und ich freue mich auf die Besucher des Düsseldorfer Recruiting Tages. Möchten Sie mehr über meine Perspektiven auf neue Karrieren und gesunde Führung lesen, dann besuchen Sie doch meinen Blog Perspektivwechsel.

 

Ein Beitrag von:

  • Claudia Wiegner-Ruf

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