Bewerbungsprozess 26.04.2023, 10:45 Uhr

Job-Ghosting: Wenn Bewerber und Arbeitgeber einander hängen lassen

Wer kennt es nicht? Man bewirbt sich auf eine Stelle, führt ein Vorstellungsgespräch und dann hört man einfach nichts mehr vom potenziellen Arbeitgeber. Doch nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Bewerber können sich des Job-Ghostings schuldig machen.

Job-Ghosting

Bewerbungsprozess: Offene Kommunikation und Verbindlichkeit helfen, Job-Ghosting zu vermeiden.

Foto: PantherMedia / AndreyPopov

In der heutigen Arbeitswelt herrscht ein harter Wettbewerb um gute Arbeitsplätze. Angesichts des Fachkräftemangels suchen Unternehmen händeringend nach qualifizierten Fachkräften, während Arbeitssuchende hart daran arbeiten, die ideale Stelle zu finden.

Was ist Job-Ghosting?

Vor allem jetzt, wo Bewerber eine größere Auswahl haben, kann es zu dem sogenannten Job-Ghosting kommen. Dabei handelt es sich um eine Situation, bei der Arbeitgeber plötzlich den Kontakt abbrechen und es zu einer Funkstille kommt. Es gibt keine Antworten per E-Mail und auch per Telefon sind die gewünschten Kandidaten nicht mehr zu erreichen. Es scheint, als wären sie tatsächlich von der Erdoberfläche verschwunden und hätten nie existiert. All das kostet unheimlich viel Zeit und Geld, wenn der Bewerbungsprozess von Neuem gestartet werden muss.

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Wenn wir die Situation von einer anderen Seite betrachten, sehen wir, dass früher eher von Unternehmen gehört wurde, die sich lange nach einem Vorstellungsgespräch nicht gemeldet haben – einige sogar gar nicht mehr. Den Bewerbern blieb nur zu raten, ob sie den Job bekommen hatten oder nicht, ob sie die Rekrutierer überzeugen konnten oder nicht. Auch sie haben viel Zeit verloren, wenn sie nicht weitere Bewerbungen abgeschickt haben und alles auf eine Karte gesetzt haben.

Ein solches Verhalten von beiden Seiten führt zu großer Frustration und Enttäuschung. Job-Ghosting kann in jedem Fall eine enttäuschende Erfahrung für alle Beteiligten sein, wenn Bewerber oder Arbeitgeber den Kontakt einfach abbrechen, ohne Erklärung oder Begründung. Leider ist dieses Phänomen in der modernen Arbeitswelt immer häufiger geworden.

Job-Ghosting aus Sicht des Bewerbers

Wie bereits erwähnt, können Bewerber und Bewerberinnen durch Job-Ghosting in eine sehr unangenehme Lage geraten. Nachdem sie Bewerbungen eingereicht und Vorstellungsgespräche geführt haben – was immerhin viel Zeit und Nerven kostete – und möglicherweise sogar eine Jobzusage erhalten haben, kann plötzliche Funkstille eintreten. Oftmals haben sie keine Ahnung, warum der Arbeitgeber den Kontakt abgebrochen hat oder ob sie weiterhin auf die Stelle hoffen können.

Dies kann zu einer Vielzahl von Problemen führen, wie zum Beispiel finanzielle Schwierigkeiten, emotionaler Belastung und vermindertem Selbstwertgefühl. Man stellt sich ständig Fragen und grübelt über die Gründe. Auch die Suche nach einem „WARUM“ beeinträchtigt das Selbstbewusstsein. Gleichzeitig können Bewerber auch darüber verärgert sein, dass sie Zeit und Mühe in den Bewerbungsprozess investiert haben, nur um am Ende enttäuscht zu werden.

Darüber hinaus kann Job-Ghosting auch die Reputation eines Unternehmens beeinträchtigen. Wenn Bewerber über ihre negativen Erfahrungen sprechen, können potenzielle Kandidaten davon abgeschreckt werden, sich bei dem Unternehmen zu bewerben. Dies kann langfristige Auswirkungen auf die Fähigkeit des Unternehmens haben, qualifizierte Kandidaten zu gewinnen.

Job-Ghosting aus Sicht des Arbeitgebers

Auch Arbeitgeber können Opfer von Job-Ghosting werden. Sie investieren Zeit und Ressourcen in die Suche nach qualifizierten Kandidaten, nur um am Ende von Bewerbern hängen gelassen zu werden. Dadurch verliert das Unternehmen Zeit und Geld, und eine kritische Stelle wird nicht rechtzeitig besetzt.

Und da kommen wir zu einem Teufelskreis: Wird eine Stelle nicht besetzt, müssen die Aufgaben unter anderen Mitarbeitenden verteilt werden, was logischerweise zu einer enormen Arbeitsbelastung führt. Sind die Mitarbeitenden überfordert und verlieren ihre Freude an der Arbeit, führt es zu weiteren Kündigungen. Und das bedeutet: Weitere Stellen müssen besetzt werden. Das kann sehr teuer werden.

Wie kann Job-Ghosting verhindert werden?

Um Job-Ghosting zu verhindern, müssen sowohl Bewerber als auch Arbeitgeber eine klare Kommunikation pflegen. Arbeitgeber sollten sich bemühen, Bewerber regelmäßig auf dem Laufenden zu halten und ihnen Feedback zu geben. Wenn es zu Änderungen im Einstellungsprozess kommt, sollten Arbeitgeber dies rechtzeitig den Bewerbern mitteilen.

Bewerberinnen und Bewerber sollten auch ihre Verpflichtungen ernst nehmen und auf Anfragen des Arbeitgebers zeitnah und präzise antworten. Wenn sie sich entscheiden, das Angebot abzulehnen, sollten sie diese Entscheidung dem Arbeitgeber offen und umgehend mitteilen. Es kann sein, dass sie in der Zwischenzeit ein anderes Angebot bekommen haben, aber es ist trotzdem fair, dies dem Unternehmen mitzuteilen.

Welche Gründe gibt es für das Job-Ghosting?

  • Besseres Angebot: Bewerber können sich entscheiden, ein besseres Angebot von einem anderen Unternehmen anzunehmen, was dazu führt, dass sie den Kontakt mit dem ersten Unternehmen abbrechen. Auch bei einem Unternehmen können sich besser geeignete Kandidaten sich bewerben, so dass man mehr Zeit für den gesamten Bewerbungsprozess braucht.
  • Mangelnde Kommunikation: Arbeitgeber können den Bewerbern nicht ausreichend Feedback geben oder sich nicht an vereinbarte Termine halten, was dazu führen kann, dass Bewerber den Eindruck haben, dass das Interesse des Arbeitgebers abnimmt. Auch Bewerber und Bewerberinnen sollten sich um eine bessere Kommunikation kümmern und zeitnah auf Mails und Anfragen reagieren.
  • Unsicherheit: Bewerber können unsicher sein, ob sie die Stelle wirklich wollen. In diesem Fall können sie den Kontakt mit dem Arbeitgeber abbrechen, um sich mehr Zeit zum Nachdenken zu geben.
  • Falsche Erwartungen: Einige Bewerber können falsche Erwartungen an die Stelle haben, die sich erst während des Einstellungsprozesses klären. Wenn sie feststellen, dass die Stelle nicht ihren Erwartungen entspricht, können sie sich entscheiden, den Kontakt mit dem Arbeitgeber abzubrechen. Doch besser wäre es auch das klar zu kommunizieren.
  • Persönliche Gründe: Es gibt auch persönliche Gründe, warum Bewerber oder Arbeitgeber den Kontakt abbrechen können. Zum Beispiel können unvorhergesehene Ereignisse wie Krankheit oder familiäre Angelegenheiten dazu führen, dass eine Person nicht mehr in der Lage ist, am Einstellungsprozess teilzunehmen oder die Stelle anzunehmen. Auch seitens des Unternehmens könnte es der Fall sein, wenn ein oder anderer Entscheidungsträger aus dem Fachbereich oder Personalbereich plötzlich krank wird und kurzzeitig ausfällt.

Was kann ein Unternehmen gegen Job-Ghosting tun?

Als Arbeitgeber hat man durchaus Möglichkeiten, um möglichen Job-Ghosting durch Bewerber vorzubeugen. Zum einen kann man den gesamten Bewerbungsprozess überarbeiten: Ein moderner Bewerbungsprozess kann dazu beitragen, das Interesse der Bewerber*innen zu erhalten und sie davon abhalten, den Kontakt abzubrechen.

Top-Kandidaten sollte man direkt ein unwiderstehliches Angebot unterbreiten. Dies kann beispielsweise eine attraktive Vergütung, interessante Aufgabenbereiche oder gute Entwicklungsmöglichkeiten umfassen. Zudem kann es hilfreich sein, regelmäßig Nachrichten an Bewerber zu verschicken, um das Interesse aufrechtzuerhalten und die Wahrscheinlichkeit einer Antwort zu erhöhen. Diese Nachrichten sollten jedoch nicht aufdringlich sein und den Bewerber oder die Bewerberin nicht unter Druck setzen.

Was kann ein Arbeitnehmer gegen Job-Ghosting tun?

Für Arbeitnehmer*innen gibt es verschiedene Möglichkeiten, um einem möglichen Job-Ghosting durch Arbeitgeber vorzubeugen. So sollten sie darauf achten, dass sie sich auf eine Stelle bewerben, die zu ihren Fähigkeiten und Interessen passt und von einem seriösen Arbeitgeber angeboten wird. Daher müsste man sich ausführlich über das Unternehmen und dessen Kultur informieren, um sicherzustellen, dass es passt.

Sobald man sich beworben hat, sollte man regelmäßig mit dem Arbeitgeber in Kontakt bleiben, um das Interesse aufrechtzuerhalten. So kann man nach dem Stand der Bewerbung fragen und gegebenenfalls zusätzliche Informationen oder Dokumente bereitstellen, um das eigene Interesse an der Stelle zu unterstreichen.

Durch diese Maßnahmen können Arbeitgeber und Bewerber dazu beitragen, Job-Ghosting zu vermeiden und einen erfolgreichen Bewerbungsprozess zu fördern. Insgesamt sollten Arbeitgeber und Bewerber stets daran arbeiten, eine offene und transparente Kommunikation zu fördern und Verbindlichkeiten einzuhalten, um ein faires und erfolgreiches Arbeitsverhältnis aufzubauen.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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