Neue Ausgangssituation für Bewerbende: Mehr Konkurrenz und weniger Chancen
Die wirtschaftliche Lage hat die Ausgangssituation für Bewerbende deutlich verschärft: Mehr Menschen suchen nach Jobs, während die Konkurrenz durch KI-generierte Bewerbungen steigt.

Die neue Ausgangssituation für die Jobsuche in Krisenzeiten.
Foto: PantherMedia / Andriy Popov
Die Ausgangssituation für einen Jobwechsel scheint offenbar schlechter zu sein als noch vor einiger Zeit. Laut einer aktuellen Umfrage der Jobbörse jobtensor.com muss jeder dritte Bewerbende seine Hoffnungen auf einen neuen Job aufgrund der wirtschaftlichen Krise aufgeben. Für die Umfrage wurden 1.032 Beschäftigte befragt, die sich in den letzten drei Jahren bei einem Unternehmen beworben haben.
Schlechte wirtschaftliche Lage stoppt Bewerbungsprozesse
Laut der Umfrage geben 33% der Befragten an, dass mindestens ein Bewerbungsprozess in den letzten beiden Jahren wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage vom Arbeitgeber gestoppt wurde. Bei 39% der Befragten wurde der Einstellungsprozess aus demselben Grund zumindest pausiert. Nur 17% der Kandidat*innen haben den Bewerbungsprozess freiwillig wegen der wirtschaftlichen Situation abgebrochen. Die Hauptgründe aus Sicht der Bewerbenden waren, dass die Vergütung nicht den eigenen Erwartungen entsprach (44%), das Unternehmen einen schlechten Eindruck machte (36%) oder ein besseres Angebot von einem anderen Arbeitgeber vorlag (32%).
Erstaunlich ist, dass sich viele Arbeitgeber selbst bei besonders gefragten Berufsprofilen zurückhaltender zeigen. So berichten 38% der Befragten aus MINT-Berufen, dass ihr Bewerbungsprozess aufgrund der wirtschaftlichen Lage vom Arbeitgeber gestoppt wurde – ein deutlich überdurchschnittlicher Wert.
Es werden mehr Bewerbungen verschickt
Während Arbeitgeber abwartend bleiben, zeigen Bewerbende deutlich mehr Einsatz. 37% der Befragten geben an, mehr Bewerbungen zu verschicken als noch vor zwei Jahren. Besonders Männer sind hier aktiver (42%) als Frauen (32%). Interessant: Mit der höheren Zahl an Bewerbungen steigt auch die Sorgfalt. 41% der Bewerbenden geben an, sich mehr Mühe mit ihren Bewerbungsunterlagen zu geben – und das aus gutem Grund: Mehr als die Hälfte (52%) fühlt, dass Arbeitgeber heute viel wählerischer bei der Auswahl sind als noch vor zwei Jahren. Besonders sorgfältig sind erneut die Männer, von denen 49% mehr auf die Qualität ihrer Unterlagen achten (Frauen: 35%).
Nun müssen Bewerbende liefern
„Die derzeitige wirtschaftliche Lage hat einen enormen Einfluss auf die Jobsuche und auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Bewerbenden. Für Talente, die in Boom-Zeiten noch auf der Pole Position standen und die Regeln des Bewerbungsprozess weitgehend bestimmt haben, wird es nun anspruchsvoller. Sie merken, dass sich die Ausgangssituation für sie ändert und sie es sind, die nun liefern müssen – erst recht, wenn sie auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber sind, der für Stabilität und Jobsicherheit steht. Für Unternehmen ergibt sich auf der anderen Seite die Chance, den Recruitingprozess wieder selektiver gestalten zu können. Wer jetzt antizyklisch einstellt, hat eine größere Auswahl – auch und gerade bei früheren Mangelprofilen“, kommentiert Thomas Hense, Geschäftsführer von jobtensor.com die Ergebnisse der Studie.
Wirtschaftliche Lage als Grund für eine berufliche Neuorientierung
Passend dazu geben 45% der Bewerbenden an, dass sich ihre Erwartungen an Arbeitgeber durch die Krise verändert haben. Fast ein Viertel (23%) nennt die wirtschaftliche Lage als Grund für eine berufliche Neuorientierung – bei MINT-Talenten sind es sogar 29%. Das ist fast genauso viel wie die, die wegen ihrer Führungskraft einen neuen Job suchen (24%). Der wichtigste Grund für eine Bewerbung bleibt jedoch weiterhin ein besseres Gehalt (43%).
Die Umfrage wurde vom Marktforschungsinstitut bilendi für jobtensor.com durchgeführt. Befragt wurden 1.032 Beschäftigte mit einem Durchschnittsalter von 44,4 Jahren. 49 % der Befragten waren Männer, 51 % Frauen. 78 % der Teilnehmenden sind derzeit festangestellt, während 22 % in Teilzeit arbeiten. Die Befragung fand im März 2025 statt.
Was beeinflusst noch die Ausgangsituation im Bewerbungsprozess?
Durch die vielen Entlastungen verschärft sich die Lage für Bewerbende, da nun mehr Menschen auf dem Arbeitsmarkt sind und nach neuen Stellen suchen. Ein weiterer Faktor, der die Situation zusätzlich verschärft, ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Zwar wird in der Studie von mehr Sorgfalt bei den Bewerbungsunterlagen gesprochen, doch gleichzeitig führt die KI dazu, dass Bewerbungen viel schneller erstellt werden können. Das bedeutet, dass sich Bewerbende viel häufiger auf mehr Stellen bewerben als noch vor fünf Jahren. Diese erhöhte Zahl an Bewerbungen führt zu einer Bewerberflut – darüber haben wir bereits berichtet. Das wiederum bedeutet, dass Recruiter nun mit deutlich mehr Bewerbungen konfrontiert sind, was die Stapel höher macht. Die Zeit, die sie für die Sichtung einer Bewerbung aufwenden, sinkt, was die Ausgangssituation für Bewerbende zusätzlich erschwert.
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