Neuer Job: Wenn Sie diese Fehler in den ersten Tagen machen, ist die Karriere in Gefahr
Was muss ich beachten im neuen Job? Karriere-Coach Barbara Bilyk weiß es. Sie erklärt im Interview, welche Fehler in den ersten Tagen fatal sein können und mit welchen Methoden Sie einen erfolgreichen Start beim neuen Arbeitgeber hinlegen.
Es ist ein bisschen wie mit Silvester. Die Vorsätze sind da, die Ideen groß – doch nach ein paar Wochen ist wieder irgendwas schiefgegangen und das neue Jahr wird doch nicht so perfekt, wie Sie gehofft hatten. Auch der Anfang in einem neuen Job ist schwer. Erwartungen, die Sie hatten, werden nicht erfüllt, Missverständnisse mit Vorgesetzten oder Kolleginnen und Kollegen verfestigen sich zu Konflikten.
Doch es gibt Methoden, mit denen Sie den Berufsstart erfolgreich absolvieren können. Barbara Bilyk ist Spezialistin auf dem Gebiet. Sie konzentriert sich als Karriere-Coach ganz auf eine einzige Herausforderung ihrer Klientinnen und Klienten: die Startphase in Großunternehmen. Im Interview spricht die Expertin über die größten Fehler im neuen Job, übers Duzen und Siezen und klärt die Frage: Muss ich Kuchen am ersten Tag mitbringen?
Was sind die größten Fehler, den man in den ersten 100 Tagen im neuen Unternehmen machen kann?
In der Anfangszeit machen tatsächlich viele Jobneulinge Fehler. Meistens sogar ohne, dass es ihnen bewusst ist. Einer der häufigsten Fehler ist es, sich komplett auf die durch den Arbeitgeber organisierte Einarbeitung zu verlassen. Hier geht es meist nur um fachlichen Wissensaustausch und organisatorische Abläufe. Diese Informationen sind zwar wichtig, aber reichen allein nicht aus. Es gilt auch selbst aktiv zu werden. Finden Sie heraus wie das Unternehmen wirklich tickt. Zum Beispiel wie Entscheidungen getroffen werden, auf was in der Zusammenarbeit Wert gelegt wird und wer sich mit wem gut versteht. Dieses informelle Wissen ist notwendig, um sich in kurzer Zeit erfolgreich einbringen zu können.
Ein weiterer Fehler von Jobneulingen ist es, sich nicht früh genug mit dem oder der Vorgesetzten in Hinsicht auf Ziele, Vorgehen und Erwartungen abzustimmen. Dann kann es leicht passieren, dass Sie in Ihrer Arbeit gegensätzliche Prioritäten setzen und Erwartungen nicht erfüllen können.
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Haben Sie da Beispiele aus Ihrer Beratertätigkeit?
Ja, zum Beispiel verwendete einer meiner Klienten nach seinem Jobwechsel den Großteil seiner Arbeitszeit auf ein einziges Projekt. Im Probezeitendgespräch nach drei Monaten stellte sich dann heraus, dass seine Vorgesetzte dieses Projekt schon lange an eine andere Fachabteilung „loswerden“ wollte. Sie war davon ausgegangen, dass mein Klient sich nicht nur daran, sondern auch an – aus ihrer Sicht – strategisch wichtigeren Projekten gearbeitet hätte. Eine solche Situation kann sich sehr schädlich auf das Vertrauensverhältnis und damit auch die eigenen Karrierechancen auswirken.
Kann man das Ruder dann nochmal herumreißen?
Tatsächlich ist es gar nicht so leicht, einen Fehlstart wieder in die richtige Bahn zu lenken. Und es dauert vor allem auch seine Zeit. Das liegt daran, dass negative Erinnerungen uns einfach länger im Gedächtnis bleiben als positive. Um das Ruder trotzdem noch einmal herumzureißen, empfehle ich, ganz offen mit den gemachten Fehlern, wie im eben genannten Beispiel die Fehleinschätzung, umzugehen. Gehen Sie auf die Vorgesetzte oder den Vorgesetzten zu und besprechen Sie miteinander, wie Sie sich in Zukunft besser abstimmen wollen. Zusätzlich empfehle ich, gezielt Kontakte außerhalb ihrer eigenen Abteilung zu knüpfen und sich so ein Netzwerk an Unterstützern aufzubauen.
Welche allgemeinen Tipps haben Sie für den Start beim neuen Arbeitgeber?
Anfangs werden Sie häufig in die Situation kommen, dass Sie sich selbst kurz vorstellen sollen, zum Beispiel in Besprechungsrunden. Hierfür sollten Sie unbedingt einen überzeugenden Pitch vorbereiten und, wenn Sie zu Nervosität neigen, auch vorher üben. Im Gegensatz zum Bewerbungsgespräch geht es nun nicht darum, durch ihren gesamten Lebenslauf zu führen. Vielmehr gilt es in wenigen Sätzen und so konkret wie möglich zu beschreiben, wie Sie Ihre Erfahrungen für Ihre neue Stelle gewinnbringend einsetzen wollen.
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Barbara Bilyk ist Inhaberin von Barbara B Coaching mit jahrelanger Beratererfahrung. Sie hat nach ihrem Studium in Köln, Cambridge und Melbourne u.a. als Managerin in der Industrie und als Innovationsberaterin gearbeitet.
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Noch ein Tipp ist das sogenannte „Journaling“, also das Schreiben eines Lern- oder Erfolgstagebuchs. In der ersten Zeit werden Sie naturgemäß viele neue Eindrücke zu verarbeiten haben und noch dazu mit Unklarheiten und Wissenslücken zu kämpfen haben. Das regelmäßige Aufschreiben kann helfen, die Gedanken zu ordnen und sich erste Erfolge selbst bewusst zu machen. Die notierten Erfolge werden Ihnen außerdem bei der Vorbereitung Ihrer Gespräche mit der Chefin oder dem Chef helfen, zum Beispiel dem Probezeitendgespräch oder einer späteren Gehaltsverhandlung.
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Wie ist das mit Einstandsritualen? Muss ich am ersten Tag „einen ausgeben“? Oder erst nach Ende der Probezeit? Und was ist dabei dann angebracht?
Sicher erwartet niemand von Ihnen, dass Sie direkt an Ihrem ersten Tag mit einem selbstgebackenen Kuchen zur Arbeit kommen. Was aber sonst Usus ist, unterscheidet sich stark von Unternehmen zu Unternehmen. Manchmal sogar zwischen einzelnen Abteilungen. Wenn Sie sich unsicher sind, was angebracht ist: fragen Sie Ihre Vorgesetzten oder Kollegen, wie andere Neulinge in der Vergangenheit ihren Einstand gefeiert haben.
Wie gehe ich mit dem Thema Duzen und Siezen um? Kann ich das Du anbieten?
Als Jobneuling würde ich immer mit dem „Sie“ einsteigen, damit sind Sie auf der sicheren Seite. Beobachten Sie dann in den ersten Tagen die Kommunikation ihrer Kollegen ganz genau, sowohl in Meetings als auch im Schriftverkehr. Wer siezt hier wen und wer duzt sich? Das wird Ihnen Anhaltspunkte darüber geben, wann das „Du“ passt und wann nicht.
Fangen Sie in einem Start-up an zu arbeiten, brauchen Sie sich darüber keine Gedanken zu machen. In der Start-up-Szene hat sich das Duzen über alle Altersstufen hinweg durchgesetzt.
Viele starten jetzt remote in den neuen Job und sehen die neuen Kolleginnen und Kollegen nur über den Bildschirm: Wie sollte man sich in so einer Situation verhalten?
Die Schwierigkeit dabei ist, dass zufällige Begegnungen zum Beispiel vor der Kaffeemaschine nicht stattfinden. Und sich auch keine „natürlichen“ Gelegenheiten zum Kennenlernen bieten, wie etwa ein gemeinsames Mittagessen in der Kantine. Jobstarter sollten daher selbst aktiv werden, um die neuen Kollegen nicht nur auf der rein fachlichen, sondern auch auf persönlicher Ebene kennenzulernen. Meine Klienten haben es als sehr hilfreich empfunden, ihren engsten Kollegen zu 20 bis 30-minütigen, bilateralen Kennenlernterminen einzuladen. Wichtig hierbei: bewusst Zeit für Small Talk nehmen und nicht nur über Aufgaben- und Verantwortungsbereiche sprechen.
In großen Unternehmen wird man häufig mit einer größeren Anzahl neuer Kollegen zu tun haben. Da schafft man es dann leider nicht mehr, mit jedem einzeln einen Kennenlerntermin zu vereinbaren. Trotzdem sollten Sie sich vorstellen, z.B. indem Sie eine Rundmail schreiben oder, wenn vorhanden, bestehende interne Newsletter nutzen. Neben ein paar Zeilen zu Ihrer Vita und Ihrer neuen Stelle darf dabei ein Foto von Ihnen nicht fehlen. Wenn Sie sich trauen, könnten Sie auch ein kurzes Video von sich aufnehmen. Das macht Ihre Vorstellung noch eine ganze Spur individueller und bleibt bei den neuen Kollegen sicher in Erinnerung.
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