So überzeugen Sie den Robo-Recruiter
Künstliche Intelligenz ist auch bei Bewerbungsverfahren auf dem Vormarsch. Für Bewerber heißt das: die passenden Worte finden, Rechtschreibfehler meiden und eine einfache Formatierung wählen. Denn mit Extravaganz kann man kaum punkten.
Laut einer Monster-Studie nutzen bereits 5,8 % der 1.000 größten Unternehmen eine automatisierte Vorauswahl von Bewerbungen. Tendenz steigend. Für Bewerber haben solche Systeme einen klaren Nachteil: „Wer die Maschine mit seinen Unterlagen nicht überzeugt, schafft es nicht bis ins Vorstellungsgespräch“, erklärt Christian Umbs, Managing Director beim Personaldienstleister Robert Half. Der Betriebswirt sieht in dem System aber gleichzeitig einen Vorteil: „Kandidaten, die wissen, worauf es beim Robo-Recruiter ankommt, können mit einigen Kniffen – zum Beispiel durch bestimmte Schlüsselbegriffe – vom elektronischen Türsteher direkt für die nächste Runde berücksichtigt werden.“ Damit meint Umbs nicht die typischen Bewerbungsfloskeln wie „belastbar“, „motiviert“ oder „teamfähig“. Sondern spezielle Schlüsselbegriffe, die im Stellenangebot stehen und die typisch für die Branche und für die ausgeschriebene Position sind.
Kreative Bewerbungen sind beim Robot-Recruiting im Nachteil
Sie haben sich besonders viel Mühe bei der Formatierung Ihrer Unterlagen gegeben? Im besten Fall ist das reine Zeitverschwendung. Christian Umbs gibt zu bedenken, dass Lebenslaufscanner keine Fans von kreativen Layouts sind. „Kandidaten sollten eine einfache Formatierung für ihre Online-Bewerbung wählen, denn extravagante Elemente wie Logos oder ausgefallene Schriften sind Robotern schlichtweg egal“. Rechtschreibfehler sind auch bei klassischen Personaler nicht gern gesehen. Ein Robo-Recruiter kann das Wort im schlimmsten Fall gar nicht lesen. Achtsamkeit bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen ist also auch beim Robot-Recruiting gefragt.
Ob es weitere Nachteile gibt und wie Robo-Recruiter den Bewerbungsprozess ändern, hören Sie in dieser Podcast-Folge von „Technik aufs Ohr“:
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Umbs ist überzeugt, dass die Ansprüche von sogenannten Applicant Tracking Systems (ATS) und Personalern gar nicht so weit auseinanderliegen. „Oft haben Kandidaten das Gefühl, sie müssten sich einschränken, um an den elektronischen Bewerbungs-Türstehern vorbeizukommen. Und sie befürchten, dass sie ihre individuelle Persönlichkeit aufgrund von standardisierten Online-Formularen nicht zum Ausdruck bringen könnten. Doch das ist bei genauerem Hinsehen gar nicht der Fall. Vielmehr steigen die Chancen, vorurteilsfrei nach seiner Leistung und nicht nach einer subjektiven Einschätzung bewertet zu werden.“
Roboter und Personaler achten aufs Gleiche
Lucia Falkenberg, Personalleiterin bei der DE-CIX Management GmbH und dem eco Verband der Internetwirtschaft rät, sich in den Personaler zu versetzen, sorgfältig die Stellenausschreibung zu analysieren und auf eine gewisse Verschlagwortung zu achten. „Am Ende zählt nur, ob der Bewerber passt und die Aufgaben bewältigen kann.“ Darüber hinaus empfiehlt die Diplom-Betriebswirtin, auf einen professionellen Auftritt in Business-Netzwerken wie Xing und LinkedIn zu achten. Und dort mit den bisherigen Projekten und Weiterbildungen ein bisschen Marketing für die eigene Arbeitskraft zu machen.
Robo-Recruiter wollen Antworten statt Bewerbungsmappen
Wolfgang Bönisch hat sich im Rahmen einer Buchrecherche intensiv mit dem Thema künstliche Intelligenz auseinandergesetzt. Er ist überzeugt, dass in Zukunft schriftliche, und insbesondere die gedruckten Bewerbungen verschwinden werden. An ihre Stelle werden Online-Tools treten, die zum Job passende Fragen stellen. Die Antwort lasse sich mit Hilfe von künstlicher Intelligenz zielführend bewerten. „Bereits heute gibt es Apps, in denen Bewerber per Video spontan auf Fragen antworten müssen“. Und es gibt Roboter wie Matilda, die automatisierte Bewerberinterviews anhand von 76 Fragen führen kann. Sie wurde 2016 von australischen Forschern vorgestellt. Bönisch empfiehlt Kandidaten deshalb, sich intensiv mit dem potenziellen Arbeitgeber zu beschäftigen. Und Werte, Ziele sowie die aktuellen Kennzahlen parat zu halten.
KI – das unheimliche Wesen?
Eine Umfrage von Univativ unter 800 Studierenden ergab, dass 56 % der Befragten den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Bewerbungsverfahren kritisch sehen. Nur jeder Zehnte wäre offen für ein Interview mit einem Personalroboter. Die Mehrheit der Befragten (73 %) fürchten zudem, dass die Persönlichkeit des Bewerbers als Differenzierungsmerkmal außen vor bleibt.
Andreas Lohff, Geschäftsführer der Aon Tochter cut-e bedauert, dass künstliche Intelligenz oft negativ konnotiert ist. Insbesondere in Deutschland würde die Berichterstattung vor allem potenzielle Risiken und Befürchtungen in den Vordergrund stellen. „KI ist zunächst einmal eine Methode der Datenanalyse und dient dazu, bessere Vorhersagen über den zukünftigen beruflichen Erfolg von Bewerbern zu treffen“, so der Diplom-Psychologe. Damit ein KI-System zu einer Aussage kommt, müsse es trainiert bzw. angelernt werden. Dafür braucht es eine sehr hohe Anzahl an Daten. „Die Algorithmen, die man dann für das Treffen von Vorhersagen braucht, werden von Experten entwickelt, in der Personalauswahl etwa von entsprechend ausgebildeten Psychologen.“ Es ginge beim Robot-Recruiting also nicht darum, dass sich ein Computer einen Menschen anschaut und dann auf irgendeine mystische Weise ein Urteil fällt. Vielmehr geht es um eine automatisierte Vorhersage menschlicher Urteile mit Hilfe ausgefeilter statistischer Methoden. „Der Vorteil dabei ist, dass Urteilsfehler stärker vermieden werden können. Denn anders als Recruiter werden Roboter nicht müde und haben keine Vorurteile“, so Lohff.
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