Umgangsformen: So geht es richtig!
Respektvoller Umgang ist der Kitt einer Gesellschaft. Wer möchte nicht mit dem nötigen Respekt behandelt werden? Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus – wie ein altes deutsches Sprichwort schon sagt.
Aber wie so oft im Leben, sind Verhaltensweisen mancher Mitmenschen vielleicht gar nicht so gemeint, unbedacht oder nicht gelernt. Eine zulässige Begrüßung, die falsche Haltung, Füße beim Telefonieren auf dem Tisch und schon ist der Ruf im Unternehmen ruiniert. Damit Ihnen kein Fauxpas passiert, ein paar Fragen zum Umgang an unsere Expertin, Renate Sperber.
Guten Tag Frau Sperber, fangen wir doch gleich einmal ganz von vorne an und zwar mit der morgendlichen Begrüßung in Unternehmen. Der Vorgesetzte begrüßt seine Mitarbeiter nicht, sondern zieht sich sofort in sein Büro zurück. Was kann man als Mitarbeiter davon halten?
Renate Sperber: Guten Tag Frau Wiegner-Ruf, die Begrüßung spiegelt nicht nur die Stimmung und Verbundenheit untereinander wider, sondern kann die Atmosphäre eines Hauses maßgeblich beeinflussen. Eine Begrüßung ist aber nur dann positiv, wenn ein freundlicher Blickkontakt stattfindet und der Gruß deutlich gesprochen, also nicht genuschelt wird. Auch wenn man Kunden oder Kollegen in einer Ausstellung oder am Flur begegnet sollte freundlich und bewusst gegrüßt werden. Das ist tatsächlich nicht so selbstverständlich wie man meinen sollte. Aber genau das zeigt die besondere Wertschätzung. Ein nicht beachten oder ignorieren wird als extrem abwertend oder gar beleidigend empfunden. Ein häufiger Grund für Kunden, mit einem anderen Unternehmen Geschäfte zu machen.
Im Falle des Vorgesetzten ist das Unterlassen des Grußes besonders schade. Er nimmt eine Vorbildfunktion ein und dieses Verhalten wirkt natürlich auch nicht motivierend auf sein Team. Dennoch sollte man die Umstände beachten. Wenn es einmal vorkommt, hat er vielleicht gerade wirklich sehr viel Stress und ist mit seinen Gedanken in einem Problem verstrickt. Dann sollten die Mitarbeiter großzügig darüber hinwegsehen. Zur Gewohnheit darf es nicht werden, das würde das Betriebsklima und die Bereitschaft zur Leistung sehr beeinflussen. Die Mitarbeiter fühlen sich nicht Wert geschätzt. Aber bevor das passiert, empfehle ich den Mitarbeitern einfach freundlich zuerst zu grüßen. Es ist wahrscheinlich nur eine Unbedachtheit. Das nächste Mal denkt er sicher daran. Wird ein Gruß nicht erwidert, funktioniert wie in vielen Situationen das Wort „irritiert“ ganz gut. “ Ich bin etwas irritiert, ist etwas nicht in Ordnung?“ klingt viel besser als ein Vorwurf. Übrigens gilt unabhängig vom Rang, dass derjenige zuerst grüßt, der einen Raum betritt. Vielleicht weiß der Vorgesetzte das einfach nicht.
In welcher Reihenfolge begrüßt man bei geschäftlichen Treffen Geschäftskunden unterschiedlichster hierarchischer Ebenen und Geschlechter?
In einem Unternehmen geht es in erster Linie nach dem Rang, unabhängig von Geschlecht oder Alter. Das bedeutet, es wird zuerst der 30-jährige Chef begrüßt, dann die 40-jährige Sekretärin. Der Kunde bildet die Spitze dieser Pyramide. Auf gleicher Hierarchieebene wird oft, wie im Privatleben, Dame vor Herr oder Alt vor Jung, angewandt. Moderner ist: wer den Anderen zuerst sieht, grüßt. So entsteht eine entspannte Atmosphäre. Übrigens entscheidet der Ranghöhere ob er die Hand bei der Grußerwiderung ausstrecken möchte. Er bestimmt, wie nah die Begrüßung ausfällt. Kommt ein Kunde ins Haus entsteht hierbei eine Ausnahme. Der Mitarbeiter fungiert dann als Gastgeber und der reicht immer zuerst die Hand.
In einer Besprechung ist ein Mitarbeiter sehr dominant und lässt niemanden so richtig zu Wort kommen? Was kann man tun?
Eine Besprechung ist dafür da, verschiedene Standpunkte zu hören. Deshalb ist es sehr unhöflich die ganze Zeit zu reden und es darf und soll unterbrochen werden. Natürlich ohne dem Redner über den Mund zu fahren. Heben Sie die Hand, so dass der Redner es sehen muss. Dann wird er reagieren müssen. Falls nicht, unterbrechen sie ruhig, notfalls mitten im Satz, mit lauter und höflicher Stimme. Wiederholen Sie einen Aspekt des Redners, damit er sich verstanden fühlt und bringen Sie dann Ihre Meinung ein. „Sie haben sehr deutlich gemacht, dass…. Wir sollten aber auch einen weiteren Aspekt nicht aus den Augen lassen“ oder „Sie sprachen gerade von der enormen Energieersparnis, das ist richtig, wir sollten dennoch…. “ Im Vorfeld können Regeln wie sofortige Unterbrechungen bei Handzeichen oder Zeitlimits eingeführt werden. Das schafft Klarheit und vermeidet Ärger.
Zu guten Umgangsformen gehört ja auch Small-talk. Für viele Menschen ist das ein schwieriges Thema. Man möchte ja nicht immer nur über das Wetter sprechen. Haben Sie ein paar Eisbrecherfragen für unsere Leser?
Das Wetter wird nach wie vor am häufigsten als Einstieg genommen. Allerdings kann das etwas abgegriffen und unsicher wirken. Gut wirkt dagegen, wenn Sie das Wetter in Verbindung mit einem zweiten Thema verknüpfen. z.B.: „Endlich wieder Sonne. Ich freue mich darauf endlich wieder mit dem Rad in die Arbeit zu fahren. Fahren Sie auch gerne Rad?“
Es gibt es vier einfache Themengebiete. Hierbei finden Sie immer einen Gespräch: Das Naheliegende, ein Sachthema, der Mensch und Aktuelles.
Das Naheliegende: Alles rund ums Treffen. Die Anfahrt, der Ort, die Getränke, das Gebäude, das Seminarthema…
“ Hat Ihnen der Reiseverkehr viel Zeit gekostet?“, „Waren Sie schon einmal in Düsseldorf?“, „Wie bereiten Sie denn Ihren Kaffee zuhause zu?“ Beim Kunden: „Ihr Gebäude ist wirklich interessant.“
Dagegen ist die beliebte Frage „Haben Sie gut hergefunden?“ in Zeiten der Navigationsgeräte einfach überholt.
Sachthemen/ Wissenslücke:Was weiß sie/er, was mich interessiert
„Sie haben ja Ihre Firmenwagen auf Elektrofahrzeuge umgestellt. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?“, „Sie sind ja Fachmann für Solaranlagen. Ich wollte immer schon mal wissen,…..?“
Menschen/ Emotionen:Was mag, liest, isst sie/ er gern? Was denkt sie/ er über .?.
„Sie fahren ja ein Cabriolet, das muss ja herrlich sein.“, „Was essen Sie denn am liebsten, wenn Sie beruflich in Italien sind?“, „Wie verbringen Sie Ihre Freizeit in Frankreich?“
„Wie kommen Sie mit dem Wetter in Asien zurecht?“, „Wie finden Sie die fremde Kultur?“, „Sind Sie auch Fußballfan?“
Aktuelles:
„Sehen Sie sich die Olympiade an?“, „Haben Sie die neue Kunsthalle schon gesehen?“, „Waren Sie schon im Urlaub?“
Mein Tipp: Wenn Sie zu dritt zusammenstehen, beziehen Sie auch die dritte Person in den Blickkontakt ein, auch wenn sie nichts zum Gespräch beiträgt. Smalltalk sollte so gestaltet sein, dass alle mitreden können. Halten Sie keine Vorträge, sondern achten Sie darauf, dass der Gesprächsanteil ausgewogen oder sogar zu Gunsten Ihres Gesprächspartners ausfällt. So schaffen Sie sich Freunde.
In vielen Unternehmen wird zur Mittagszeit noch MAHLZEIT gesagt. Ist das noch zeitgemäß?
Das ist tatsächlich in vielen Unternehmen der Fall und trotz der neuen Etikette-Empfehlungen sollten Sie sich da nicht ausnehmen. Sonst gelten Sie leicht als Außenseiter oder wirken arrogant. Dieser Gruß sollte sich auf die Mittagszeit beschränken und nie vor Kunden ausgesprochen werden. Sie können es natürlich reduzieren und von selbst lieber mit „Guten Tag“ oder unter guten Bekannten mit „Hallo“ grüßen. Aber „Mahlzeit“ wird mit „Mahlzeit“ erwidert, sonst bricht die Welt zusammen.
Inwieweit haben sich Umgangsformen verändert?
Umgangsformen werden immer an die Zeiten und neuen Medien angepasst. Es gibt jetzt Regeln für die Handynutzung oder für Telefonkonferenzen. Damen sollten bei einer Begrüßung mit Handschlag auch aufstehen oder zumindest ein Aufstehen andeuten. Man darf bei Tisch Vieles inzwischen mit dem Messer schneiden, was vorher verpönt war. Ein Beispiel dafür sind Kartoffeln, weil diese jetzt nicht mehr so weich gekocht werden. Man spricht nicht mehr von der „Gattin“ sondern „Frau“; gegrüßt wird, wer den Anderen zuerst sieht. Aber letztendlich hat sich nicht viel verändert. Guter Stil ist eben ziemlich zeitlos.
Vielen Dank für das Interview. Renate Sperber ist Farb- Stil- und Imageberaterin und Referentin auf unseren VDI nachrichten Recruiting Tagen.
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