Vorstellungsgespräche aktiv führen
Vorstellungsgespräche sind ein munteres, zweiseitiges Frage- und Antwortspiel! Diese Maxime sollte jedem Bewerber vor Augen stehen. Passivität als Überzeugungsstrategie zieht bei Arbeitgebern wenig. Passive Bewerber werden häufig zu „Serienbewerbern“, die offensichtlich niemand engagieren möchte. Insbesondere bei Kandidaten, die sich unaufgefordert um einen Job bewerben, können Einsteller geringe Initiative und Passivität im Interview nicht nachvollziehen.
Das richtige Maß an Aktivität für Vorstellungsgespräche zu finden, fällt Hochschulabsolventen, Stellenwechslern und Arbeitslosen häufig schwer. Die aktive Rolle im Vorstellungsgespräch wird oft aus verschiedenen Gründen den Einstellern überlassen. Bewerber wollen nichts verkehrt machen, sehen sich ähnlich wie bei einer Prüfung als Proband, lassen aus Bequemlichkeit Vorstellungsgespräche „auf sich zukommen“ usw. Sie verstehen die Rolle des Bewerbers grundsätzlich falsch. Anderen Kandidaten fehlt es an der notwendigen „Schubkraft“ oder dem entsprechenden Selbstbewußtsein, das Vorstellungsgespräch aktiv zu gestalten.
Zu passiv verhält sich der Konstruktionsleiter aus der verfahrentstechnischen Industrie. Weil der Arbeitsplatz bei seinem aktuellen Arbeitgeber bedroht ist, strebt er eine Anstellung bei einem Automobilzulieferer an. Zahlreiche Vorstellungsgespräche führten nach Initiativbewerbungen zu keinem zählbaren Erfolg. Nun sucht der Konstruktionsleiter sucht bei einem simulierten Vorstellungsgespräch mit einem Kommunikationsexperten nach Gründen für seine Mißerfolge.
Vorstellungsgespräche: Die Initiative ergreifen
Das Gespräch läuft bereits schwach an. Interviewer und Bewerber treffen an der Bürotür aufeinander. Schweigend begeben sie sich zum Konferenztisch und nehmen dort ihren Sitzplatz ein. Nicht immer empfängt der Interviewer den Bewerber mit einer herzlichen Umarmung. Werden Vorstellungsgespräche im ersten Kontakt nicht vom Einsteller eröffnet, übernimmt eben der Bewerber diese Arbeit.
Der aktive Bewerber sucht so die unangenehmen, anfänglichen „Schweigesekunden“ zu brechen. Geeignet sind „individuelle“ Gesprächsaufhänger. So befindet sich z.B. ein interessantes Kunstobjekt im Büro des Interviewers. Dies könnte Anlass eines ersten Wortbeitrages des Bewerbers für Vorstellungsgespräche sein. Etwa eine positiv formulierte Frage zu diesem Gegenstand oder ein Kompliment. Gut ist der Gesprächsaufhänger dann getroffen, wenn es um Dinge geht, die den Interviewer interessieren. Ein fantasieloser „Aufhänger“ wäre etwa der Hinweis des Bewerbers, auf die schwierige Parkplatzsuche.
Vorstellungsgespräche: Pausen elegant füllen
Gleich zu Gesprächsbeginn wählt der Bewerber eine ungeeignete Sitzhaltung. Er schlägt die Beine übereinander und geht in eine „leichte Rückenlage“. In dieser „Fernsehhaltung“ harrt er der Dinge, die auf ihn zukommen. Die Sitzposition signalisiert die Arbeitsbereitschaft des Bewerbers. Eine leicht nach vorne gebeugte Haltung, wobei die Hände und Arme auf dem Tisch liegen, erklärt schon eher die aktive Gesprächsbereitschaft. Legt der Bewerber für seine Vorstellungsgespräche noch einen Block für Gesprächsnotizen bereit, setzt er ein zusätzliches positives „Leistungssignal“.
Im weiteren Gesprächsverlauf überlässt der Bewerber dem Interviewer mit großem Selbstverständnis die Rolle des Fragenden. Bei diesem simulierten Vorstellungsgespräch registriert der Bewerber in keiner Weise, dass der Interviewer hin und wieder förmlich nach Fragen sucht, um die Zeit zu füllen. Manchmal entstehen sogar kleine Gesprächspausen nach den Antworten des Bewerbers. Aktive Bewerber heben sich durch eine permanente Fragebereitschaft positiv ab. Sie nutzen jede Chance, die ihnen Vorstellungsgespräche bieten, um eigene Fragen einzubringen.
Vorstellungsgespräche: Keine platten Fragen stellen
Sie signalisieren so Aktivität, Interesse und Konstruktivität, werden schnell zum leichten Gesprächspartner für Vorstellungsgespräche. Sie arbeiten mit der richtigen Dosierung an Fragen und vermeiden damit den Eindruck eines „Kreuzverhörs“. Dauernde Fragen des Einstellers durchbrechen sie gekonnt mit Antworten, die mit einer eigenen Frage abschließen. Dies ist zugegebenermaßen die hohe Kunst der Fragetechnik. Schnell schiebt dieser Bewerber bei drohenden Gesprächspausen eine interessante Frage nach.
Es verbitten sich bei größeren Unternehmen „platte“ Fragen nach der Anzahl der Mitarbeiter, des Umsatzes usw. Eindeutig offenbart der Bewerber so die mangelnde Vorbereitung seiner Vorstellungsgespräche. Empfehlenswert sind Fragen zum Unternehmen, der Position, dem Interviewer, die auf eine intensive Gesprächsvorbereitung des Bewerbers hinweisen, z.B.: „Wie ich aus der Zeitschrift XYZ gelesen habe, setzen Sie bei Ihren Projekten sehr stark auf die internationale Zusammenarbeit im Gesamtkonzern. Wie sieht konkret die Zusammenarbeit der deutschen, britischen und amerikanischen Gesellschaften bei der Entwicklung des neuen acht Zylinder Motors aus?“ Gut kommen rückbezügliche Fragen an. Hier geht der Bewerber auf Ausführungen des Einstellers ein und demonstriert „aktives Zuhören“, z.B.: „Sie sprachen gerade von dem hervorragenden Marktpotential für Ihre Fahrzeuge in China. Welchen Marktanteil peilen Sie in den nächsten 5 Jahren an?“ Gerade bei Initiativbewerbern kommt es darauf an, potenzielle Einsatzgebiete zu er- und hinterfragen oder erst im gemeinsamen Gespräch zu entdecken. Der Bewerber sollte seine Fragen gezielt in diese Richtung lenken, um anschließend seine passenden Qualifikationen und Erfahrungen in Vorstellungsgespräche einzubringen.
Vorstellungsgespräche: Monologe ruhig unterbrechen
Zudem sind Vorstellungsgespräche teilweise durch weitschweifige Ausführungen des Einstellers zur Entstehung des Unternehmens, der Unternehmensphilosophie usw. geprägt. Diese Ausführungen sind zwar für den Bewerber bequem und überbrücken die Zeit. Sie bedeuten aber auch immer einen erheblichen Verlust an „Verkaufszeit“ für den Bewerber. Wenn der überwiegende Teil des Gesprächs durch den Einsteller bestritten wird, hinterläßt der Bewerber möglicherweise keinen Eindruck, eben weil er sich nicht ausreichend darstellen kann. Fällt die Tür ins Schloß, hat ihn der Einsteller vergessen. Wer zu Monologen neigt, ist es gewohnt, unterbrochen zu werden und nimmt es nicht übel! Diesen Erfahrungsgrundsatz sollten sich Bewerber zu eigen machen und „redseelige Frösche“ unter den Einstellern ruhig öfters unterbrechen.
Nach einer Stunde enden Vorstellungsgespräche mit der Frage des Bewerbers, wo der Einsteller denn Einsatzmöglichkeiten für ihn sieht. In diesem Vorstellungsgespräch überläßt der Bewerber dem Einsteller nicht nur die Geprächs- sondern auch noch die Denkarbeit. Ein Initiativbewerber sollte schon im Verlauf des Gesprächs eine eigene Vision entwickeln und dem Einsteller mögliche Gebiete aufzeigen, auf denen er im Unternehmen mitarbeiten kann.
Erfolgreiche Initiativbewerber signalisieren in jeder Phase ihrer Vorstellungsgespräche Aktivität in der richtigen Dosierung. Sie machen aus dem Vorstellungsgespräch ein kurzweiliges, konstruktives Arbeitsgespräch. Sie bringen sich mit eigenen Fragen ein und zeigen dem Gesprächspartner passende Einsatzmöglichkeiten, Erfahrungen und Qualifikationen auf. Diplomatisch unterbrechen sie den monologisierenden Einsteller, um die „Verkaufszeit“ nicht nutzlos verstreichen zu lassen.
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