Warum Bewerber vor einer Einstellung auf Kununu-Bewertungen achten sollten
Bei Bewerbungen spielen Kununu-Bewertungen eine immer größere Rolle und können sowohl den Arbeitgebern als auch den Arbeitnehmern viel Zeit sparen. Denn: Damit kann man sich noch vor dem ersten Arbeitstag einen Einblick in die Unternehmenskultur verschaffen.
Wie reagieren Arbeitgeber auf Kritik? Zeigen sie sich dünnhäutig oder souverän? Diese Frage erlangt im Kontext des Fachkräftemangels besondere Bedeutung, da über 80 Prozent der auf Plattformen wie kununu & Co aktiven Bewerber die Reaktionen der Arbeitgeber auf Bewertungen lesen und ihre Entscheidungen für Bewerbungen entsprechend beeinflussen.
Möchte man als Unternehmen die besten Talente gewinnen, muss man sich mit solchen Bewertungsportalen wie Glassdoor oder Kununu auseinandersetzen und eventuell auch der Kritik am eigenen Unternehmen stellen. Genauso gilt das auch für die andere Seite: Bewerber und Bewerberinnen beurteilen die potenziellen Arbeitgeber anhand der in Netz kursierenden Bewertungen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen: Lohnt es sich, sich bei diesem Unternehmen zu bewerben oder sogar sich persönlich vorzustellen? Oder soll man am besten die „Finger“ davonlassen?
Was ist Kununu?
Auf der Plattform Kununu können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Arbeitgeber anonym bewerten.
„Ausgangspunkt der Idee war unser Wunsch, sich umfassend über potenzielle Arbeitgeber zu informieren – sowohl bei konkreten Bewerbungsrunden als auch generell beim regelmäßigen Screening des Arbeitsmarkts“, steht auf der Kununu Info-Seite zu der Gründungsidee. Das Wort „Kununu“ soll ein „unbeschriebenes Blatt“ bedeuten und stammt ursprünglich aus einer afrikanischen Sprache. Die Bewertungsplattform ging am 05. Januar 2007 online, enthält mittlerweile 5.558.378 Bewertungen zu über 1.065.042 Firmen und sie gilt inzwischen als Marktführer.
Durch die Bewertungen soll ein vergleichsweises objektives Bild eines Arbeitgebers für potenzielle BewerberInnen entstehen. Wichtig dabei sind u.a. folgende Kriterien: Karriere und Gehalt; Unternehmenskultur, Arbeitsatmosphäre, Umwelt und Sozialbewusstsein, Kollegenzusammenhalt, Vorgesetztenverhalten, interessante Aufgaben, Work-Life-Balance, Umgang mit älteren Kollegen, Kommunikation, Gleichberechtigung, Arbeitsbedingungen…
Von der Bewertung zur Meinungsbildung
Schließlich hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer eigene Vorstellungen von dem, was ihr oder ihm bei einem Arbeitgeber wichtig ist und worauf es bei der Suche nach diesem und der endgültigen Auswahl ankommt.
Noch vor einigen Jahren war das nicht der Fall: Man freute sich einfach, wenn man eine Rückmeldung nach einer Bewerbung bekommen hatte und wenn danach noch die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch im Postfach landete, war es ein Glückslos. Jetzt aber sieht die Situation anders aus: Arbeitnehmer haben momentan bessere Karten und können es sich erlauben, wählerisch zu sein. Früher haben sich Mitarbeitende bei den Firmen beworben, jetzt kämpfen die Unternehmen um die Fachkräfte. Doch wer die Wahl hat, hat die Qual, und genau da kommt kununu ins Spiel.
Wenn man liest, dass ein Unternehmen durch viele Personalwechsel ständig anders aufgestellt ist und keine Kontinuität in den Betriebsabläufen vorhanden ist, dass keinen Einarbeitungsplan für die Einsteiger existiert und stattdessen immer wieder neue Mitarbeitende eingestellt werden, was eine hohe Fluktuationsrate spiegelt, weiß man sofort, worauf man sich einzustellen hat. Manchen würden diese Bewertungen auch helfen, eine Entscheidung zwischen zwei- oder mehreren Jobangeboten zu treffen.
Liest man hingegen, dass ein gutes Betriebsklima herrscht und eine gute Zusammenarbeit zwischen den Beschäftigten und den Vorgesetzten möglich ist, weil u. a. dank flacher Hierarchien die Kommunikation schnell läuft oder dass viel in Weiterbildung für die Mitarbeitende investiert wird, sieht man den künftigen Arbeitgeber mit ganz anderen Augen und die Motivation, Teil eines solchen Teams zu werden, steigt.
„90 Prozent der Kandidaten und Kandidatinnen legen mittlerweile einen großen Wert auf eine gute Kununu Bewertung des potentiellen neuen Arbeitgebers“, bestätigt auch Steven Hermanski von seinen Erfahrungen als Senior Recruiting Manager bei tebe. Personalberatung GmbH.
Seriosität durch die Bewertungsmethodik
Viele schenken diesen Bewertungen weniger Aufmerksamkeit – unter dem Motto: Bei Internetshops und diversen Internetportalen gibt es sowohl schlechte als auch gute Bewertungen, die möglicherweise gekauft oder aus „Freundschaft“ abgegeben werden. Manche gehen davon aus, dass negative Bewertungen nur von unzufriedenen Mitarbeitern geschrieben werden. Denn wenn alles stimmig in einem Unternehmen ist, schreibt man häufig gar keine Bewertung. Das ist durchaus denkbar, aber was ist, wenn bei einem Unternehmen nicht nur eine Bewertung negativ ausfällt, sondern die meisten Bewertungen in die gleiche negative Richtung gehen und die Quintessenz „Finger weg von diesem Unternehmen“ haben?
Wie Kununu von sich selbst schreibt, soll die Seriosität durch die Bewertungsmethodik und durch die Bewertungskontrolle gewährleistet werden. Ein ganzheitliches Bild des Arbeitgebers soll auch ohne Abgabe von Kommentaren entstehen, weil die Bewertungen auf dem EFQM (European Foundation for Quality Management) Modell zur qualitativen Bewertung von Unternehmen beruhen. Außerdem wird jede Bewertung auf die Einhaltung der kununu-Regeln geprüft und wenn sie gegen Regeln verstößt, offline gestellt.
Manipulationsversuche bringen nicht viel
Sicher ist: Manipulationsversuche bringen nicht sonderlich viel, zumindest nicht langfristig. Denn wenn jemand aufgrund falscher Bewertungen sich für ein Unternehmen entscheidet und gleich am ersten Tag feststellt, dass die Realität ganz anders aussieht, wird er oder sie seine Kritikpunkte unmittelbar an kununu weitergeben.
Und das ist der wesentliche Unterscheid zu den anderen sozialen Netzwerken, auf denen sich Unternehmen als Arbeitgeber präsentieren können. Denn diese Profile werden häufig von Arbeitgebern selbst oder gar von beauftragten Marketing-Agenturen gepflegt und haben nur ein Ziel: positives Bild von sich geben zu lassen.
Die Bewertungen auf kununu hingegen werden von aktiven oder ausscheidenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen abgegeben und sind aus dieser Sicht viel glaubwürdiger, weil sie genau den Ist-Zustand darstellen und dokumentieren.
Dabei erkennt man häufig den Unterschied zwischen der Selbstdarstellung der Arbeitgeber und den Bewertungen der Mitarbeitenden. Setzt man sich als Bewerber oder Bewerberin noch vor dem entscheidenden Vorstellungsgespräch oder gar vor der Vertragsunterschrift damit auseinander, kann man gezielt Fragen stellen und die Glaubwürdigkeit des Arbeitgebers prüfen. Fakt ist: Kritische und wahrhafte Meinungen zu Arbeitgebern können nicht vermieden werden.
Wie Arbeitgeber auf kununu-Bewertungen reagieren sollten
Eine unabhängige wissenschaftliche Studie der Wirtschaftsuniversität Wien hat sich kürzlich mit Arbeitgeberbewertungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt auseinandergesetzt. Die Studie hat insbesondere untersucht, wie Unternehmen am besten auf kritisches Feedback reagieren sollten.
Die Art und Weise, wie Arbeitgeber mit Kritik oder Lob umgehen, stellt ein entscheidendes Kriterium dar, ob sie in Zeiten des Fachkräftemangels erfolgreich begehrte Talente für sich gewinnen können oder nicht. Diese Erkenntnis geht aus der aktuellen Studie hervor, die vom Trendence Institut im Auftrag eines interuniversitären Forschungsteams durchgeführt wurde. Insgesamt wurden dafür 1.528 Bewerber*innen befragt, wovon 1.050 angaben, Bewertungsportale zu nutzen. Das Hauptthema der Forschung war der Einfluss von Mitarbeiterkritik auf den gesamten Bewerbungsprozess.
Die Ergebnisse zeigen, dass Bewertungen auf Plattformen wie kununu neben Empfehlungen aus dem persönlichen Umfeld als die vertrauenswürdigste Informationsquelle gelten, wenn potenzielle Kandidaten, die einen Wechsel in Betracht ziehen, Informationen über potenzielle Arbeitgeber suchen. Doch das Vertrauen beschränkt sich nicht nur auf die Bewertung selbst, sondern erstreckt sich auch auf die Reaktionen der Arbeitgeber. Tatsächlich lesen 83,2 Prozent der Bewerber*innen auch die Antworten der Unternehmen auf Plattformen wie kununu & Co – davon geben 46,4 Prozent an, dies oft oder immer zu tun.
„Ich schließe aus unserer Studie: Arbeitgeber können mit einer souveränen und vor allem sachlichen Reaktion auf Bewertungen viel erreichen. Was sie dabei vor allem im Hinterkopf haben sollten: Sie antworten auf Kritik oder ausgewogene Bewertungen nicht nur für den individuell Bewertenden, sondern vor allem in Richtung der Mitlesenden“, erklärt Professor Wolfgang Mayrhofer von der Wirtschaftsuniversität Wien in der ensprechenden Pressemitteulung zur Studie.
Kununu-Bewertungen löschen lassen?
Wenn eine Bewertung den Richtlinien von kununu nicht entspricht, wird sie so oder so seitens kununu gelöscht. Aber auch wenn konstruktiv Kritik geübt wird, nehmen viele Unternehmen auch Anwälte zu Hilfe, um diese löschen zu lassen.
Steht aber unter vernichtenden Bewertungen gar nichts oder noch schlimmer gibt es Hinweise darauf, dass ein Unternehmen solche Bewertungen mit Hilfe eines Anwaltes löschen lassen möchte, müssen alle Alarmglocken schrillen. Leider gehen nicht alle Unternehmen auf die Kritikpunkte ein und um ihr positives Image auf dem Arbeitsmarkt zu behalten, lassen sie negative Bewertungen anwaltlich löschen. Aber das ist auch ein Hinweis für die künftigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die diesen in ihre persönliche Bewertung des Unternehmens einfließen lassen.
Soll kununu die Identität der Nutzer offenlegen?
Nutzer bewerten Arbeitgeber anonym auf der Online-Plattform kununu. Doch dieses Prinzip könnte durch ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg bedroht sein. Ein Arbeitgeber stellte die Authentizität von Bewertungen infrage und forderte kununu auf, diese zu löschen. Kununu weigerte sich.
Das Gericht entschied, dass kununu entweder den Klarnamen des Nutzers offenlegen oder die Bewertung löschen muss, wenn ein Unternehmen die Authentizität einer negativen Bewertung anzweifelt und glaubt, dass der Nutzer keinen echten Kontakt zum Unternehmen hatte.
Laut Medienberichten hat das Landgericht Hamburg nach einer mündlichen Verhandlung am 26.04.2024 dem Widerspruch von kununu stattgegeben und die einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts Hamburg aufgehoben. Welche Konsequenzen diese Entscheidung haben wird, ist zunächst unklar.
Negative Bewertungen werden immer häufiger von der Plattform entfernt. In den letzten Jahren haben viele Arbeitgeber gegen solche Bewertungen vorgegangen und deren Löschung durchgesetzt. Einige Anwaltskanzleien haben sogar spezielle Dienstleistungen für Arbeitgeber entwickelt, um Bewertungen entfernen zu lassen. Aber ist dann das kritische Feedback gegenüber Arbeitgebern noch möglich?
Lesen Sie dazu: Nach Kununu-Urteil: „Klarnamen müssen herausgegeben werden“
Potential von Arbeitgeber-Bewertungen nutzen
Eine kritische Auseinandersetzung mit positiven, als auch negativen Bewertungen könnte für beide Seiten sehr nützlich sein und auch Zeit zur Urteilsfindung reduzieren.
„Viele Bewerber*innen werden von mehreren Unternehmen umworben. Diese starke Position nutzen sie dazu, sich sehr intensiv mit ihrer Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber auseinanderzusetzen. Sie wollen sich dabei nicht von extremen Bewertungen irreführen lassen. Weder Rachefeldzüge enttäuschter Ex-Mitarbeitender sind für sie interessant noch Lobeshymnen von vermeintlichen Muster-Beschäftigten. Die Entscheidung für einen Arbeitgeber ist vielmehr eine abwägende. Bewertungen auf kununu oder anderen Plattformen sind dabei im Spannungsfeld des Fachkräftemangels ganz entscheidende Gradmesser“, sagte Markus Latzke, einer der Studienleiter und Karriereforscher an der IMC Fachhochschule Krems.
Wenn unter einer negativen Bewertung eine Stellungnahme des Unternehmens steht und man darin auf die Kritik eingeht, sieht es schon ganz anders aus. Denn das zeigt: Das Unternehmen nimmt die Kritikpunkte ernst und hat ein offenes Ohr für Verbesserungsvorschläge. Schließlich ist es ein Feedback, das im Unternehmen selbst nicht so offen geäußert wird und genau diese Verbesserungsvorschläge sind für das jeweilige Unternehmen eine Chance, etwas zu ändern.
Nun ist Kununu längst zu einem festen Bestandteil des Personalmarketings geworden und kann auch Personalverantwortliche bei Employer Branding gut unterstützen. So positioniert sich das Unternehmen gegenüber eigenen Mitarbeitern offen für Feedback und Änderungswünsche, was auch bei potenziellen Bewerbern und Bewerberinnen gut ankommt. Denn davon profitieren beide Seiten.
„Kununu ist für uns ein wichtiges Tool in der Kommunikation mit Kunden und Bewerber*innen. Ich nutze Kununu als Tool um meinen Kunden evtl. Herausforderungen in der Recruitierung von neuem Personal aufzuzeigen“, sagt Steven Hermanski.
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